Beruflich in der Schweiz - Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte

von: Tina Lechner, Alexander Thomas

Vandenhoeck & Ruprecht Unipress, 2011

ISBN: 9783647491509 , 144 Seiten

Format: PDF

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX Apple iPad, Android Tablet PC's

Preis: 25,00 EUR

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Beruflich in der Schweiz - Trainingsprogramm für Manager, Fach- und Führungskräfte


 

Kulturelle Verankerung von »Konsensorientierung« (S. 33-34)

Dieser Kulturstandard beschreibt, dass in der Schweiz ein großer Wert auf die Konsensorientierung gelegt wird. Diese Konsensorientierung ist in der Schweizer Demokratieauffassung von zentraler Bedeutung und es gibt sie in dieser Weise kein zweites Mal auf der Erde. Das beeinflusst natürlich die Grundhaltung von jedem Bürger. Die kollektive Selbstbestimmung schließt nach diesem Prinzip die Pflicht der regierendenMehrheit ein, die Interessen zu Gunsten der Minderheiten zu relativieren.

Die Mehrheit soll die Grundrichtung der Politik bestimmen, muss aber bei der Verwirklichung immer die Interessen der Minderheiten berücksichtigen. Sie darf auf keinen Fall stets die Hälfte der Bürger als Verlierer zurücklassen. Die Schweiz funktioniert föderalistisch und basiert auf dem Mehrheitsprinzip. Gründe für die Konsensorientierung im Schweizer Demokratieverständnis gibt es viele. Ein wichtiger Grund ist der Umstand, dass die Schweiz mit ihren Minderheitssprachen ein Land mit so genannten strukturellen Minderheiten ist.

Diese Minderheiten haben normalerweise von vornherein keine Chance,Mehrheiten für ihre Anliegen zu bekommen. Dies bedeutet, dass sie und ihre Bedürfnisse von einem erheblichen Teil der öffentlichen Gewalt ausgeschlossen wären. Die theoretische Möglichkeit, zu einer Mehrheit zu werden, befriedigt strukturelle Minderheiten nicht. Sie benötigen einen besonderen Schutz, wenn sie in das Gemeinwesen integriert werden sollen. Die Lösung hierfür ist die konsensorientierte Demokratie.

Diese Vorgehensweise zeigt sich in der Arbeitsweise des Schweizerischen Bundesrats, bei dem sieben »Minister« mit unterschiedlichen Meinungen und aus unterschiedlichen Parteien schlussendlich gemeinsam als Kollektiv einen Gesetzesentwurf oder Ähnliches vertreten müssen. Die direkte Demokratie arbeitet genau nach diesem Prinzip. Diese Kultur findet sich auch in Vereinen oder politischen Parteien, wo man nur längerfristig und nachhaltig weiterkommt, wenn die Entscheidungen wirklich von allen getragen werden und alle relevanten und zum Teil auch nicht relevanten Vertreter mit involviert sind (Linder, Lanfranchi u.Weibel, 1996).

Ein zweiter Grund sind die äußeren Einflüsse, die nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen wie Klima, Nachbarn, Ressourcen auf die politische Mentalität und Kultur. Diese Rahmenbedingungen bedeuten in der Schweiz Prägung durch ein zum großen Teil gebirgiges Land ohne Bodenschätze und Meeresanbindung und ein oft kaltes Klima. Diese Ausgangslage macht es notwendig, die Kräfte nicht mehr als nötig im inneren Konkurrenzkampf zu verbrauchen. Dies fördert vielmehr eine Kultur, die dem Interessenausgleich einen hohen Stellenwert einräumt und innere Konflikte zu vermeiden versucht.