Die Medea des Euripides

von: Georg Otten

Frank & Timme, 2005

ISBN: 9783865960108 , 390 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 29,99 EUR

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Die Medea des Euripides


 

3. EXKURSE (S. 306-307)

3.1 ZUM VERSTÄNDNIS DES BEGRIFFS THYMÓS

Einer der wichtigsten Begriffe der griechischen Psychologie bzw. Anthropologie ist thymós. Der Begriff weist in seiner Verwendung eine große Variationsbreite auf. Übersetzt wird er mit Herz, Seele, Gemüt, Stimmung, in bestimmten Zusammenhängen auch mit Leidenschaft oder Zorn, kann aber auch Lebenskraft, Mut, Antrieb bedeuten, ohne daß alle diese Begriffe das griechische Wort in seiner Tiefe treffen. Er kann definiert werden als das wilde, heiße Wollen des Herzens, als Affekt, der wie ein ungezügeltes Tier den Menschen überfällt und mitreißt, ein Aufwallen von Leidenschaft und Tatkraft, das den Menschen bis zu den Wurzeln seines Daseins hin ergreift.

Der Begriff bezeichnet den irrationalen Seelenfaktor, der durch den Verstand kontrolliert, gezügelt, gebändigt werden muß, und wird in der klassischen Literatur zumeist in einer ‚harten’ Bedeutung als Synonym für Leidenschaft, Zorn, Groll, aggressive Strebung gebraucht. In Platons Protagoras (352b) wird er als hindernder Faktor genannt, der davon abhalten kann, das zu tun, was man als das Beste erkannt hat. Medea folgt ihrem thymós, wenn sie in ihrer Liebe zu Jason alle Brücken hinter sich abbricht (8). In 639 bitten die Frauen des Chores, daß ihr thymós nicht in unsinniger Liebe geschlagen wird mit der Gier nach fremden Betten. In der Deutung der Amme wird Medea durch ihren thymós zur Rache getrieben (108), als sie erfährt, daß Jason eine neue Bindung eingegangen ist. 865 ist es der Chor, der in bezug auf Medeas geplanten Mord von ihrem thymós spricht. Ob Medea durch ihren thymós zur Rachetat getrieben wird und unsere Tragödie als Leidenschaftsdrama zu sehen ist, wird in der Forschung kontrovers diskutiert.

Manuwald betont (S. 49 Anm. 59): „Medea selbst führt ihr Verhalten an keiner Stelle (der unechte Teil des Monologs287 bleibt hier natürlich außer Betracht) auf ihren thymós zurück, mit Ausnahme bezeichnenderweise ihrer Trugrede an Jason (879, 883), in der sie Jason vorgaukelt, sie sei grundlos über ihn erregt gewesen, lobe aber jetzt seine vernünftigen Maßnahmen".
Nach Manuwald ist es „ihr klar definiertes und keineswegs emotional gesteuertes Ehrgefühl", das den Beweggrund zu dem Plan des Kindermords bildet. Hier wird deutlich, daß thymós im Sinne einer binären Psychologie ein Gegenbegriff zu Verstand, Erkenntnis ist. In der Regel wird der Begriff durch den Kontext oder ein Epitheton deutlich bestimmt. Umstritten ist, ob man in unserem Stück auch Beispiele für eine ‚weiche’ Bedeutung im Sinne von Mutterliebe findet. Dafür streitet vor allem Dihle. Er sieht in den Versen 865 und 1056 Belege für ein solches Verständnis (in beiden Fällen wohl zu Unrecht, vgl. die Erläuterungen zu den beiden Versen) und möchte auch den vieldiskutierten Vers 1079 so verstanden wissen.

3.2 ZUR WIRKUNGSGESCHICHTE UND ZUR ÜBERSETZUNG VON 1-8

Die ersten Verse des Dramas bilden ein Hysteron-Proteron, denn der Bau des Schiffes Argo aus Fichten des Pelion (V.4 f.) liegt natürlich vor dessen Durchfahrt durch die Symplegaden. Aber schon in der Antike, am Ende der sog. Ersten Hypothesis (s. Kap. 1.8), wird der Grammatiker Timachidas gerügt, weil er im Eingang der Medea ein Hysteron-Proteron wie bei Homer Odysse 5.264 gesehen hat. Man spricht also besser von einem scheinbaren Hysteron-Proteron, denn der Anfang allen Unheils lag tatsächlich in der Überwindung der durch die Symplegaden markierten Schwelle zwischen Griechischem und Außergriechischem. Ganz analog dazu sieht die feministische Deutung hier die Überschreitung der Grenze zwischen Matriarchat (Kolchis) und Patriarchat (Griechenland). In pathetischer Steigerung verfolgt die Amme den Ursprung des Unheils noch weiter zurück bis zum Fällen der Fichten, die zum Bau der Argo verwendet wurden. Der erste Satz bildet einen irrealen Wunschsatz, der schon in der Antike berühmt war und als rhetorisch-pathetisches Muster häufig nachgeahmt wurde.