Die Biomedizinkonvention des Europarates - Humanforschung - Transplantationsmedizin - Genetik, Rechtsanalyse und Rechtsvergleich

von: Wiltrud C. Radau

Springer-Verlag, 2010

ISBN: 9783540344766 , 423 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 103,39 EUR

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Die Biomedizinkonvention des Europarates - Humanforschung - Transplantationsmedizin - Genetik, Rechtsanalyse und Rechtsvergleich


 

"§ 6 Prädiktive Gentests (S. 173-174)

Die Biomedizinkonvention weist insgesamt drei gentechnologische Regelungsbereiche auf. Der erste betrifft die prädiktive Genanalyse. Diese wird besonderen rechtlichen Anforderungen unterworfen, die für herkömmliche Diagnosemethoden nicht gelten . Damit wird dem speziellen prognostischen und prospektiven Charakter von genetischen Testverfahren sowie dem ausgesprochen persönlichkeitsbezogenen Informationsgehalt von genetischen Daten Rechnung getragen . Bevor jedoch auf die einzelnen rechtlichen Aspekte eingegangen wird, sollen, um das Verständnis zu erleichtern, einige zentrale naturwissenschaftliche Gesichtpunkte erörtert werden.

I. Biologisch-medizinische Grundlagen

Jede menschliche Zelle enthält im Zellkern ein genetisch determiniertes Programm zur Steuerung der Lebensfunktionen. Träger des Informationsprogramms ist die DNS (Desoxyribonukleinsäure) . Die Gesamtheit der auf der DNS gespeicherten Erbanlagen wird als Genom, ein bestimmter Informationsabschnitt innerhalb des Genoms als Gen bezeichnet.860 Das Genom des Menschen besteht nach derzeitigen Schätzungen aus etwa 80.000 bis 100.000 Genen.s" Sie liegen linear angeordnet auf den einzelnen Chromosomen im Kern j eder Zelle. Als Chromosomen bezeichnet man die lichtmikroskopisch sichtbaren, fadenförmigen Untereinheiten des Genoms, die als Transportform für die Weitergabe der genetischen Informationen an die Tochterzellen fungieren .

Sie sind von untersch iedlicher Größe und Gestalt, ihre Zahl jedoch ist konstant ; beim Menschen ist sie auf 46 in Körperzellen und 23 in Keimzellen (Geschlechtszellen, d.h. Ei- und Samenzellen) festgelegt. Gene codieren Informationen über Aufbau, Entwicklung und Funktion eines Organismus und bestimmen seine erblichen körperlichen und geistigen Merkmale. Die gespeicherte Information wird durch die Synthese von Proteinen (Eiweißmolekülen), den sog . Genprodukten, umgesetzt. Etwa ein bis zwei Millionen verschiedene Proteine werden durch das menschliche Genom codiert.s?

Die Proteine bilden z.B. als Strukturproteine die Zellen eines Organismus, katalysieren als Enzyme chemische Reaktionen oder befördern als Transportproteine Stoffwechselprodukte sowie Fremd- und Nährstoffe.v" Erst das Zusammenwirken der Proteine ermöglicht die komplex regulierten zellulären Prozesse von Organen und Organsystemen. Abweichungen im genetischen Programm können mit der Genanalyse (Gentest) ermittelt werden.

Tritt die Störung in Keimzellen auf, wird sie im Wege der geschlechtlichen Fortpflanzung auf die Nachkommen übertragen (sog . KeimbahnMutation); ist die Mutation dagegen auf die nicht an der Fortpflanzung beteiligten Körperzellen beschränkt, ist eine Vererbung ausgeschlossen und nur das jeweilige Individuum betroffen (sog. somatische Mutationj.w In der medizinischen Praxis kommen Genanalysen immer häufiger zur Anwendung."