Grenzüberschreitende Verlustverrechnung in Deutschland und Europa - Eine ökonomische, europa- und verfassungsrechtliche Analyse

von: Ansas Wittkowski

Gabler Verlag, 2008

ISBN: 9783834998507 , 349 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 49,44 EUR

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Grenzüberschreitende Verlustverrechnung in Deutschland und Europa - Eine ökonomische, europa- und verfassungsrechtliche Analyse


 

E. Verlustverrechnungssysteme ausgewählter Mitgliedstaaten (S. 111-112)

Vor dem Hintergrund der in Kapitel A aufgezeigten Notwendigkeit einer Reform des deutschen (grenzüberschreitenden) Verlustverrechnungssystems konzentriert sich Kapitel A auf die Untersuchung der Verlustverrechnungssysteme fünf weiterer europäischer Mitgliedstaaten. Der Ländervergleich ist freilich nicht darauf angelegt, Einzelheiten oder Verfahrensdetails darzustellen. Vielmehr ist es das erklärte Ziel dieses Kapitels, die unterschiedlichen steuersystematischen Ansätze mit ihren grundsätzlichen Merkmalen nebeneinander zu stellen und damit Antworten auf die Frage zu erhalten, inwieweit nationale bzw. unilaterale Verlustverrechnungsnormen anderer Mitgliedstaaten als Vorschläge zur Weiterentwicklung des deutschen Verlustverrechnungssystems herangezogen werden können. Die Rechtsordnungen europäischer Mitgliedstaaten eröffnen den jeweiligen inländischen Kapitalgesellschaften eine ganze Reihe unterschiedlicher Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung, wobei sich die Analyse auf die Mitgliedstaaten Frankreich, Österreich, Dänemark, Niederlande sowie Italien als Vergleichsstaaten beschränkt. Die Auswahl der fünf einbezogenen Mitgliedstaaten ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Frankreich ist für die Analyse insoweit interessant, als das nationale Körperschaftsteuerrecht im Rahmen der Einkunftsermittlung grundsätzlich auf das Territorialitätsprinzip abstellt und damit womöglich der Anforderung einer grenzüberschreitenden Verlustverrechnung vom Grundsatz her schon ausweicht. Überdies sieht Frankreich neben einer innerstaatlichen auch eine grenzüberschreitende Konsolidierung der Ergebnisse verbundener Unternehmen vor. Von besonderer Bedeutung ist das Verlustverrechnungssystem Österreichs. Die österreichischen ertragsteuerlichen Vorschriften haben sich in der Vergangenheit immer eng an den deutschen Entwicklungen ausgerichtet.

Mit der großen Steuerreform 2005 löste sich Österreich von diesem Einfluss nachdrücklich und entwickelte sowohl für ausländische Betriebsstätten als auch für Tochtergesellschaften ein eigenständiges Verlustverrechnungssystem, das sich unter Umständen auch für das deutsche Steuerrecht als vorbildlich erweisen könnte. Das Konzernbesteuerungssystem in Dänemark kann dagegen auf eine lange Tradition zurückblicken. In seiner Anwendung sieht es die Einbeziehung sämtlicher positiver und negativer Einkünfte ausländischer Kapitalgesellschaften vor, womit sich die Besteuerung eines Kapitalgesellschaftskonzerns von dem Bild der wirtschaftlichen Einheit eines Konzerns leiten lässt. Doppelbesteuerungen werden durch Anwendung der Anrechnungsmethode vermieden. Gegenwärtig verschärft indes der dänische Gesetzgeber die Verlustverrechnungsvorschriften, da sie seiner Ansicht nach zu missbrauchsanfällig sind. Vor allem die dänischen Erfahrungen und die aktuellen restriktiven Gesetzesänderungen sprechen für eine Einbeziehung des dänischen Verlustverrechnungssystems in die Analyse.

Das Verlustverrechnungssystem der Niederlande wird herangezogen, weil das dortige Konzernbesteuerungskonzept als einziges innerhalb der EU der Besteuerung eines Einheitsunternehmens angeglichen wurde und damit über umfassende Konsolidierungsmaßnahmen verfügt. Damit könnte sich das niederländische System für die Reform in Deutschland als mustergütig herausstellen. Das Verlustverrechnungssystem Italiens ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen erfolgt die grenzüberschreitende Verlustverrechnung eines Einheitsunternehmens weitgehend nach dem Welteinkommensprinzip, wobei etwaige Doppelbesteuerungen durch die Anwendung der Anrechnungsmethode vermieden werden. Überdies unterscheidet sich der italienische Ansatz im Vergleich zu den übrigen aufgeführten Mitgliedstaaten dadurch, dass die italienischen DBA bei ausländischen Betriebsstätteneinkünften nicht die Freistellungs-, sondern die Anrechnungsmethode umsetzen.

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Option zu einer Transparenzbesteuerung zu richten, wonach inländische Kapitalgesellschaften das Trennungsprinzip überwinden können. Die nationalen bzw. unilateralen Verlustverrechnungsnormen sind anhand des formulierten Anforderungskatalogs entsprechend den Kriterien der Entscheidungsneutralität, d. h. vor allem hinsichtlich der Rechtsform-, Standort- und intertemporalen Neutralität, sowie ihrer Verfassungs- und Europarechtskonformität zu analysieren. Hinsichtlich der Prämisse einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit haben sich die nationalen bzw. unilateralen Verlustverrechnungsvorschriften der zu untersuchenden Mitgliedstaaten an der deutschen Sichtweise bzw. Rechtsprechung auszurichten.