Supervision und professionelles Handeln Pflegender

von: Renate Schwarz

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN: 9783531914138 , 259 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 42,25 EUR

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Supervision und professionelles Handeln Pflegender


 

3 Professionelles Handeln in der Pflege (S. 75-76)

In diesem Kapitel wird eine Bestimmung professionellen Handelns speziell für Pflegende entwickelt. Die vorangehend genannten allgemeinen Implikationen für professionelles Handeln dienen hierfür als Bezugspunkt. Sie bedürfen einer Übertragung auf den Bereich der Pflege. Es wird versucht, diesem Sachverhalt in den jeweiligen Abhandlungen der einzelnen Themenbereiche Rechnung zu tragen. Die überblickartige Nachzeichnung der Geschichte der Krankenpflege als Beruf bildet den ersten Schritt. Der Weg vom selbstlosen Dienen zu einer modernen personenbezogenen Dienstleistung und einem damit einhergehenden interaktionistischen Pflegeverständnis soll hiermit nachvollziehbar werden.

Professionalisierung und Akademisierung der Pflege inklusive der Etablierung einer Pflegewissenschaft in Deutschland als gesellschaftlich-politischer Prozess werden in einem zweiten Schritt dargelegt. Der mit dem Versuch der Professionalisierung und Akademisierung intendierte Prozess der Pflege ist vergleichbar mit dem der Sozialen Arbeit und zielte auf die Anhebung des Ausbildungs- und Prestigeniveaus. Der Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchungen liegt auf der Handlungsorientierung, d. h. dem professionellen Handeln selbst.

Dementsprechend werden in einem dritten Schritt pflegerische Handlungskompetenzen als Kern professionellen Handelns vorgestellt. Professionelles pflegerisches Handeln findet in der Regel in Organisationen statt. Im vierten Schritt wird professionelles pflegerisches Handeln im Kontext der Organisation untersucht. Das Konzept Basale Stimulation in der Pflege (Bienstein/Fröhlich, 2006:) entspricht in seinen einzelnen Bestandteilen in wesentlichen Aspekten den bisher entwickelten Schritten für die Bestimmung professionellen Handelns von Pflegenden. Im fünften Schritt wird dieses Verständnis professionellen Handelns Pflegender mit den theoretischen Aspekten des anwendungsorientierten Konzeptes der Basalen Stimulation abgeglichen. Dies kann als Versuch verstanden werden, eine Verschränkung zwischen theoretischen Modellen und praxisorientierten Konzepten herzustellen.

3.1 Historische Aspekte der Krankenpflege als Frauenberuf

Zunächst wird die Entstehung der Konstruktion der Krankenpflege als Beruf skizziert. Ausschließlicher Orientierungspunkt ist die vorhandene Literatur der Pflegewissenschaft, eine historische Abhandlung ist nicht vorgesehen. Bei der Nachzeichnung der Entstehung der Krankenpflege als Beruf wird deutlich, dass sie sich als typischer Frauenberuf entwickelt hat, was bis in die heutige Zeit hinein wirkt. Um die emanzipatorischen Bemühungen und Ziele, die mit der Entwicklung des Berufs verbunden waren, nachvollziehen zu können, wird der jeweilige gesellschaftliche und politische Rahmen aufgezeigt.

Die lange Geschichte vom dienenden Handeln in der Pflege bis hin zur modernen Dienstleistung, kennzeichnet den zentralen gesellschaftlichen Wert und die damit verbundenen veränderten Anforderungen an die Pflege. Das heutige Modell der patientenorientierten Pflege als professionelle Pflege ist Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses. Das Selbstverständnis und Selbstbild von Menschen, die als Pflegende arbeiten, ist bis in die heutige Zeit noch von der geschichtlichen Entwicklung geprägt. Ergebnis dieses langen Prozesses ist auch ein interaktionistisches Pflegeverständnis, in dem der Mensch und nicht die Krankheit im Mittelpunkt steht. Vertrauen, Interaktion und Kommunikation werden zu zentralen Bezugspunkten.

3.1.1 Die Krankenpflege als Beruf

Die Mitte des 19. Jahrhunderts wird in Deutschland als die Geburtsstunde der freiberuflichen Pflege betrachtet. Der Arzt L. R. C. Virchow sprach 1869 auf der Berliner Frauenvereinskonferenz über das Thema „die berufsmäßige Ausbildung der Krankenpflege auch außerhalb der bestehenden kirchlichen Organisationen" (Panke-Kochinke, 2003: 27). Für Virchow waren sowohl die Ordenspflege als auch die Wärterinnen und Wärter der unteren sozialen Schichten ungeeignet, den Ansprüchen der Ärzte zu genügen. Allein die bürgerlichen Frauen mit den Tugenden der inneren Befriedigung durch den Beruf als auch ihre fundierte Ausbildung sah er für eine organisierte Pflege als geeignet und unverzichtbar an. Bereits vor dem 19. Jahrhundert gab es neben den kirchlichen Orden Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter in der Pflege, die gegen Lohn Kranke warteten.