Das Lebensrad - Eine praktische Einführung in den tantrischen Buddhismus

von: Ingrid Ramm-Bonwitt

Lotos, 2009

ISBN: 9783641014452 , 241 Seiten

Format: ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 17,99 EUR

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Das Lebensrad - Eine praktische Einführung in den tantrischen Buddhismus


 

Der Buddha des grenzenlosen Mitleids (S. 95-97)

Im farbenprächtigen Mosaik unseres Lebensrades finden wir ganz oben, außerhalb des Rades selbst und noch oberhalb des Dämons Yama, den Buddha Gautama (rechts) und den Bodhisattva Avalokiteshvara (links). Von hier, gleichsam von der Warte des reinen Seins und des allerhöchsten Erleuchtungswissens aus, führen sie mit Weisheit und Barmherzigkeit die Wesen auf den Pfad der Vollkommenheit. Buddha Gautama, der historische Buddha, deutet mit ausgestrecktem Arm auf die andere Seite des Bildes, auf den transzendenten Bodhisattva Avalokiteshvara, dessen Erscheinungsform er in dieser Welt nach tibetisch-buddhistischer Lehre ist.

Während die Buddhas den Erlösungssuchenden den Weg zum Heil offenbaren, setzen sich die Bodhisattvas auch ganz praktisch für die Befreiung anderer Wesen ein. Wie wir gesehen haben, ist ein Bodhisattva nicht nur um seine eigene Buddhaschaft bemüht, sondern er stellt die Erleuchtung der anderen Wesen sogar über seine eigene. Er verbleibt freiwillig im Kreislauf der Wiedergeburten, um anderen beizustehen.

Der Bodhisattva Avalokiteshvara gilt bei den Tibetern als die allerhöchste Verkörperung grenzenlosen Mitgefühls. Sein liebevolles Mitleiden mit allen Wesen durchdringt alle Bereiche des Lebensrades. Seine rechte, nach außen geöffnete Hand ist zum Zeichen der Hilfsbereitschaft zur Barmherzigkeitsgeste geformt. In der linken Hand hält er eine Lotosblume, ein Zeichen der Reinheit. Es soll darauf hinweisen, dass er den Erlösungssuchenden seine Hilfe ohne jeglichen Eigennutz gewährt. Erfüllt von Mitgefühl legte Avalokiteshvara den Schwur ab, nicht eher ins Nirvana einzugehen, bis alle Lebewesen erlöst sind.

Er widmete sein Leben damit dem einzigen Zweck, ihnen den Beistand zu geben, den sie brauchen, um ihre Verstrickung ins Samsara zu überwinden. Sein Mitgefühl erreicht damit nicht nur die Menschenwelt, sondern auch die Welten der Götter, der Tiere, der Geister und der Höllenwesen. Das Mantra OM MANI PADME HUM ist Avalokiteshvaras wertvollstes Geschenk an die Welt. Sein Klang bringt die Wesensnatur des großen Bodhisattvas selbst zum Ausdruck. Immer wenn dieses Mantra ertönt, wenn es gesprochen oder gesungen wird, appellieren seine Silben an das grenzenlose Mitgefühl Avalokiteshvaras. Betrachten wir die Bedeutung der Worte genauer:

Das OM symbolisiert die Dreiheit Buddha, Lehre und Gemeinde. MANI lässt sich mit »Juwel« übersetzen und PADMA heißt »Lotos« – ein Edelstein ist im Lotos, in der Welt, erschienen. HUM steht für die Vertreibung der Dämonen. Anders als unser moderner Alltag mit seiner Flut an austauschbaren Gesten, Bildern und Zeichen ist die Welt des Buddhismus bis ins kleinste Detail von einem tieferen Sinn erfüllt. So ist auch das Mantra OM MANI PADME HUM nicht allein eine Huldigung an Buddha. Auf das Lebensrad bezogen vertiefen seine Silben die Bedeutung der sechs Welten des Wiedergeburtenzyklus