Das Steuerrecht des Gesundheitswesens - Systematik und Praxis

von: Markus Heintzen, Andreas Musil

Springer-Verlag, 2007

ISBN: 9783540339465 , 177 Seiten

Format: PDF, OL

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Preis: 44,99 EUR

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Das Steuerrecht des Gesundheitswesens - Systematik und Praxis


 

4. Kapitel: Leistungserbringung in besonderen Konstellationen (S. 95-96)

A. Einleitung

Ärztliche Tätigkeit vollzieht sich nicht nur im Rahmen freiberuflicher ambulanter Tätigkeit einerseits und der Tätigkeit in einem Krankenhaus. Es gibt noch eine Reihe weiterer Konstellationen, in denen Ärzte Leistungen an Patienten erbringen. Diesen ist der folgende Abschnitt gewidmet. Es werden recht heterogene Erscheinungsformen behandelt. Zunächst geht es um Formen ärztlicher Leistungserbringung, die im Zuge des jüngeren Gesundheitsreformprozesses neu neben die herkömmlichen Versorgungsformen getreten sind. Konkret geht es um die Medizinischen Versorgungszentren einerseits und um die Integrierte Versorgung andererseits. Daneben findet sich ärztliche Versorgung auch noch in einigen besonderen Sektoren, die von den bisherigen Ausführungen noch nicht vollständig abgedeckt wurden. Die Rede ist zunächst vom öffentlichen Gesundheitsdienst. Außerdem werden der Rettungsdienst sowie der Krankentransport behandelt, soweit diese Tätigkeiten besondere steuerliche Probleme aufwerfen.

B. Medizinische Versorgungszentren

I. Rechtliche Grundlagen, Strukturen und Organisationsformen


Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.20031 wurde ab dem 1.1.2004 die Möglichkeit geschaffen, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) einzurichten. Es handelt sich um eine neue Organisationsform für die ambulante ärztliche Versorgung, die in ihren Grundstrukturen an die Polikliniken angelehnt ist, wie sie aus der DDR bekannt waren. Durch die Schaffung der MVZ soll den Leistungserbringern eine neue Möglichkeit der Kooperation geboten werden, die auch über fachliche Grenzen hinausreichen kann.

Die möglichen Synergieeffekte sollen zu Kosteneinsparungen führen. Die mit MVZ verbundenen rechtlichen, insbesondere gesellschaftsrechtlichen Zweifelsfragen werden im Folgenden nur behandelt, soweit dies für die Darstellung der steuerrechtlichen Probleme unbedingt erforderlich ist. Nach der in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V enthaltenen Legaldefinition sind Medizinische Versorgungszentren fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.

Die Medizinischen Versorgungszentren können sich aller zulässiger Organisationsformen bedienen, sie können von den Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Versicherten teilnehmen, gegründet werden. Die Gründung eines MVZ ist im Wesentlichen in zwei Grundformen denkbar. Es ist zum einen möglich, dass sich verschiedene Ärzte zu einem MVZ zusammenschließen und dabei ihre gesamte Einzelpraxis inklusive der Vertragsarztzulassung übertragen. Sie werden dann als angestellte Ärzte tätig, die gesamte Abrechnung wird über das MVZ abgewickelt. Zum zweiten können sich Ärzte aber auch unter Erhaltung ihrer Vertragsarztstellung in einem MVZ zusammenschließen. Das MVZ besteht dann aus freiberuflich tätigen Ärzten, kann aber zusätzlich auch angestellte Ärzte beschäftigen.

Besondere Probleme – insbesondere auch steuerlicher Art – stellen sich, wenn auch nichtärztliche Leistungserbringer in das Versorgungszentrum einbezogen werden. Was die möglichen Organisationsformen Medizinischer Versorgungszentren angeht, so bestehen noch einige Unklarheiten. § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V sagt ausdrücklich, dass alle zulässigen Formen gewählt werden dürfen. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass weitgehende Formenwahlfreiheit bestehe4. Insbesondere sollte nach seiner Vorstellung auch die MVZ-GmbH zulässig sein. Dies ist allerdings deshalb nicht zweifelsfrei, weil manche Länder in ihren Berufsordnungen den Zusammenschluss von Ärzten in Form einer Kapitalgesellschaft ausschließen.

Der Bund hat auch nicht etwa durch die Formulierung in § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen außer Kraft gesetzt, weil den Ländern die Regelung des ärztlichen Standesrechts zukommt. Allerdings ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Gründung von MVZ in Form der Kapitalgesellschaft überall möglich ist. Ähnliches gilt auch für die Personengesellschaft. War früher allgemein anerkannt, dass freie Berufe nicht in Form der Personenhandelsgesellschaft ausgeübt werden könnten, wird nach der Handelsrechtsreform nun auch das Gegenteil vertreten. Uneingeschränkt zulässig ist ein Zusammenschluss in Form der BGB-Gesellschaft. Die Gründung einer Partnerschaft ist hingegen nur zulässig, wenn ausschließlich Angehörige freier Berufe beteiligt sind.