Der Übergang - Roman

von: Justin Cronin

Goldmann, 2010

ISBN: 9783641050672 , 1136 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 4,99 EUR

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Der Übergang - Roman


 

VII Darklands (S. 595-596)

Ich sah die Ewigkeit letzte Nacht
Wie einen großen Reif aus reinem
unbegrenztem Licht,
Ganz still und klar in seinem Glanz -
und unten, rings, in Stunden, Tagen,
Jahren: Zeit,
von Sphären umgetrieben,
schattenhaft bewegt - darin die Welt und
all ihr Trug gequirlt.
Henry Vaughan, Die Welt


42


Bevor es Halbtag war, kamen sie am Fuß des Berges an. Der Weg, ein Serpentinenpfad an der Ostflanke des Berges, war zu steil für Pferde, und an manchen Stellen war es nicht einmal ein Pfad. Hundert Meter oberhalb des Kraftwerks schien ein Teil des Berges einfach abgebrochen zu sein.

Ein heißer, trockener Wind wehte. Sie kletterten wieder zurück und suchten nach einem anderen Weg, und die Minuten verstrichen. Endlich fanden sie einen und machten sich an den letzten, langsamen Abstieg. Sie näherten sich dem Kraftwerk von der Rückseite her. Im Innern des umzäunten Geländes rührte sich nichts. »Hört ihr was?«, fragte Alicia. Peter blieb stehen und lauschte. »Ich höre nichts.« »Weil der Zaun abgeschaltet ist.« Das Tor stand offen.

Dann sahen sie einen dunklen Klumpen auf dem Boden unter dem Segeltuchdach des Stalls. Als sie näher kamen, schien der Klumpen sich in seine Atome aufzulösen; er zerstob zu einer wirbelnden Wolke. Ein Maultier. Die Fliegenwolke verwehte, als sie herankamen. Die Erde unter dem Tier war dunkel von Blut. Sara kniete neben dem Kadaver nieder. Das Maultier lag auf der Seite, und der geschwollene Bauch wölbte sich vor, aufgedunsen von Verwesungsgasen. Ein langer Riss, in dem es von Maden wimmelte, zog sich am Hals herunter.

»Es ist seit zwei Tagen tot, würde ich sagen.« Sara verzog das zerschundene Gesicht, als ihr der Geruch in die Nase stieg. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt, und an ihren Zähnen klebten Blutkrusten. Das eine Auge, das linke, war zugeschwollen von einem riesigen blauen Veilchen. »Sieht aus, als hätte jemand ein Messer benutzt.« Peter sah Caleb an. Der starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den Hals des Maultiers und zog sich das T-Shirt über die untere Gesichtshälfte, eine behelfsmäßige Maske gegen den Gestank. »Wie bei Zanders Maultier? Draußen auf dem Turbinenfeld?« Caleb nickte. »Peter …« Alicia deutete zum Zaun. Auch dort lag etwas Dunkles auf dem Boden. »Noch ein Maultier?« »Das glaube ich nicht.« Es war Rey Ramirez. Viel war nicht übrig, nur Knochen und verkohltes Fleisch.