Psychologie des Gesundheitsverhaltens

von: Ralf Schwarzer

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2004

ISBN: 9783840918162 , 449 Seiten

3. Auflage

Format: PDF, OL

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Preis: 28,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Psychologie des Gesundheitsverhaltens


 

8 Ernährung und Gewichtskontrolle (S. 281-282)

In diesem Kapitel geht es um zwei miteinander verwandte Dinge: um die Menge der Nahrungszufuhr (Energieaufnahme) sowie um gesundheitsgerechte Ernährung, also die Wahl gesunder Lebensmittel und die Vermeidung von einseitiger oder ungesunder Kost. Die Regulation des Körpergewichts kann als ein Gesundheitsverhalten angesehen werden, während die passive Hinnahme von Übergewicht als ein Risikoverhalten zu betrachten ist; eine ausgewogene Ernährung und eine gezielte Ausklammerung krankheitsbegünstigender Nahrungselemente ist ein Gesundheitsverhalten, während die gedankenlose Hingabe an die gerade verfügbare Nahrung oder die Bevorzugung ausschließlich wohlschmeckender Köstlichkeiten ein Risikoverhalten darstellt. Wie man sieht, unterscheiden sich also Gewichtskontrolle und Ernährung in der Systematik von anderen Gesundheitsverhaltensweisen (wie z. B. körperlicher Aktivität) oder Risikoverhaltensweisen (wie z. B. Rauchen) durch ihre Doppeldeutigkeit, indem sie sowohl gesunde als auch riskante Elemente enthalten. Wir alle müssen uns ernähren, die Frage ist nur, wie wir mit dem Überangebot an Essbarem umgehen, ohne uns zu schaden. Die Erörterung dieser Frage beschränkt sich hier auf die Gesellschaften in industrialisierten und wohlhabenden Ländern, denn in der Dritten Welt (oder auch in manchen benachteiligten Gruppen unserer Gesellschaft) stellen sich ganz andere Ernährungsprobleme.

Übergewicht ist in der Dritten Welt eher ein Phänomen einer privilegierten Schicht; Dickleibigkeit kann dort sogar ein begehrtes Statussymbol sein, zeigt es doch, wie wohlhabend man ist. Umgekehrt ist in der Wohlstandsgesellschaft Übergewicht mehr in unteren als in höheren Sozialschichten zu finden (Corsica & Perri, 2003; Friedman, 2000; Petermann & Pudel, 2004; Vögele, in Druck; World Health Organization [WHO], 1998). Einige Fragestellungen werden hier nicht näher behandelt, um den Rahmen des Kapitels nicht zu sprengen. Essstörungen werden beispielsweise nur kurz erwähnt, weil ihre ausführliche Behandlung mehr in die klinische als in die Gesundheitspsychologie gehört. Die Belastung unserer Lebensmittel durch toxische Substanzen wie z. B. Konservierungsstoffe, Rückstände von Pestiziden, radioaktive Strahlung oder organische Schadstoffe ist ein Thema für sich, das an anderer Stelle einer gründlichen Behandlung bedarf. Der gesundheitsbewusste Mensch wird nicht nur sein Gewicht durch begrenzte Kalorienaufnahme regulieren und z. B. Salz, Fett und Zucker möglichst meiden, sondern seine Nahrung auch mit Bedacht auswählen, wenn es um die Belastung durch toxische Substanzen geht. Schließlich ist Gewichtskontrolle nicht allein eine Angelegenheit des Essens, sondern hat mit dem Lebensstil überhaupt zu tun. Körperliche Aktivität spielt dabei eine Rolle, aber da dies bereits in einem separaten Kapitel behandelt worden ist, soll das Thema an dieser Stelle bewusst vernachlässigt werden.

Übergewicht und gestörtes Essverhalten

Übergewicht als Gesundheitsrisiko
Lebewesen verfügen über komplexe Mechanismen der Nahrungsaufnahme und Gewichtsregulation. Den Geschmacksnerven z. B. kommt die Funktion zu, Essbares von Ungenießbarem zu unterscheiden. Das Sättigungsgefühl sagt uns, wann wir genug haben. Das » periphere Sättigungssystem« steuert die Esslust mit Hilfe von Hormonen der Bauchspeicheldrüse und des Magen-Darm-Traktes, während die Nahrung ihren Weg durch den Organismus nimmt. Der » zentrale Nahrungsaufnahmemechanismus « dagegen steuert das Essverhalten durch Neuropeptide und andere Neurotransmitter. Auch wenn die Natur dies alles sehr gut eingerichtet hat, funktioniert es leider nicht immer so, wie es sollte. Stress oder spezifische Intentionen Besonderheiten im Essverhalten verursachen, die sich auf die Gesundheit auswirken können. Übergewicht ist eine der Konsequenzen. Zunächst soll kurz erläutert werden, was man unter Übergewicht versteht und warum es ein gesundheitliches Risiko darstellt. Das Körpergewicht ist dann erhöht, wenn mehr Körperfett angesetzt ist, als aufgrund von Statur, Größe und Geschlecht zu erwarten ist. Fett sollte bei Frauen ungefähr 20 bis 27 % ihres Körpergewebes ausmachen, bei Männern etwa 15 bis 22 %. Die Zahl und Größe der Fettzellen beeinflussen das Körpergewicht in entscheidender Weise. Muskelgewebe wiegt mehr als Fettgewebe, und daher ist es möglich, schwerer und zugleich dünner als normal zu sein, wie man es manchmal bei Sportlern findet.