Fingerspiele - Caprice - Erotikserie

von: Natalie Frank

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2012

ISBN: 9783838718569 , 80 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 0,99 EUR

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Fingerspiele - Caprice - Erotikserie


 

 


Hamburg wirkte im Regen genauso übellaunig, durchweicht und ungemütlich wie alle Städte, egal, an welchem Punkt der Erde sie sich befinden. Dazu passend eilten genauso griesgrämig wirkende Passanten die Bürgersteige entlang, quollen aus den U-Bahn-Stationen und passierten die Übergänge, Regenschirme über sich aufgespannt und die Köpfe zwischen die aufgestellten Kragen ihrer Jacken und Mäntel gezogen.

Unter dem schiefergrauen Himmel, der über dem Alsterjuwel lastete, schien sich sogar der Michel zu ducken. Die Straßen glänzten vor Nässe und das Wasser der Elbe sah grau und trübe aus wie Wischwasser.

Schon der Januar hatte sich nicht gerade von seiner besten Seite gezeigt, der Februar schien diesen aber noch übertrumpfen zu wollen.

Maren Janson ließ den Michel links liegen und trieb im Strom der morgendlichen Rushour in nördlicher Richtung, wo sich im Stadtteil Barmbeck, unscheinbar geduckt zwischen Industriebauten und roten Backsteinhäusern, das Redaktionsgebäude der traditionsreichen Zeitschrift BLITZ befand.

Die Zeitschrift zählte zu den beliebtesten Boulevardblättern des Landes. Ihre Popularität verdankte sie unter anderem ihren topaktuellen Berichten aus aller Welt sowie den Reportagen über Politiker, Wirtschaftsbosse und alle Menschen, die reich, schön und/oder berühmt sind.

Wer die BLITZ kaufte, wollte aufregende Bilder von und Interviews mit internationalen Stars aus TV, Film, Sport oder der Musikszene nachlesen und wissen, ob zum Beispiel Seal und Heidi Klum entgegen aller Ankündigungen nun doch einen Rosenkrieg eröffnet hatten oder ob das Fürstenpaar von Monaco endlich Nachwuchs erwartete.

Maren Janson gehörte zu jener Sorte Journalisten, die diese Nachrichten besorgten. Das war nicht immer einfach, denn die meisten echten Stars waren, anders als die vielen Eintagsfliegen im Showbizz, nicht sehr auskunftsfreudig. Aber im Laufe der Jahre hatte Maren sich ein Netzwerk an Informanten aufgebaut, die nicht nur bereit waren, aus dem Nähkästchen zu plaudern, sondern auch die notwendigen Kontakte herstellen konnten.

Die Straße vor dem Zeitungsverlag war wie immer zugeparkt, aber für ihren Smart fand sich immer eine Lücke. Wenige Minuten später eilte Maren quer über die Straße und betrat gleich darauf das Redaktionsgebäude.

Noch bevor Maren ihr winziges Büro erreicht hatte, das gerade einmal Platz bot für ihren Schreibtisch, einen Stuhl und einen Garderobenständer, wurde sie von Lori Stein aufgehalten, die gerade aus dem Büro des Chefredakteurs kam.

»Ah, guten Morgen, Maren.« Sie lächelte Maren mit dezent roségeschminkten Lippen an. »Was für ein Wetter, nicht wahr?« Sie wartete Marens Antwort nicht ab. »Herr Stein möchte dich sehen«, teilte sie der Journalistin mit. »Gleich …« Hier hob Lori die fein gezupften Brauen. »Du weißt ja, wie er ist. Es muss immer alles und sofort passieren.«

»In Ordnung, danke, Lori.« Maren nickte der Chefsekretärin zu. Doch sie ging nicht sofort zu ihrem Vorgesetzten, sondern deponierte erst einmal ihre Laptoptasche in ihrem Büro und überprüfte im Spiegel neben dem Garderobenständer ihr Aussehen.

Was sie sah, stellte sie zufrieden. Ihr blondes Haar, das sie sich erst vorgestern von einem bekannten Friseur zu einem schicken Bob hatte schneiden lassen, saß perfekt, das zarte Make-up verlieh ihr ein jugendlich weiches Aussehen und das eng anliegende Kostüm betonte ihre schlanke Figur.

Da sie recht groß gewachsen war, verzichtete Maren auf allzu hohe Absätze. Die Pumps, die sie heute trug, machten sie nur fünf Zentimeter größer, genug für Walter Stein, der sich in Gegenwart hochgewachsener Frauen immer unwohl fühlte.

Was typisch war für Menschen wie ihn. Mit seinen einen Meter achtundsechzig pflegte er nämlich einen ausgewachsenen Napoleonkomplex, weshalb er glaubte, seine mangelnde Körperlänge durch besonders cholerisches und despotisches Gebaren ausgleichen zu müssen.

Die Tür zu seinem Büro stand offen. Trotzdem klopfte Maren kurz an, ehe sie den Raum betrat. Demonstrativ ließ Walter Stein sie einige Sekunden warten, ehe er von seinem Bildschirm aufblickte.

»Ah, da bist du ja endlich.« Er musterte Maren über den Rand seiner Lesebrille hinweg, dann sah er erneut auf den Bildschirm.

»In Berlin beginnt in zwei Tagen die zweiundsechzigste Berlinale«, verkündete er Maren schließlich etwas, das sie ohnehin schon wusste. »Wie ich soeben erfuhr, hat auch Alejandro Forates sein Erscheinen angekündigt, um an einigen Events teilzunehmen. Ich möchte, dass du ihn interviewst.«

Maren entfuhr ein betroffenes »Ach, du Scheiße!«, was Walter Stein mit einem verächtlichen Schnauben quittierte. Natürlich wusste auch er, dass es so gut wie unmöglich sein würde, den unnahbaren Startenor vor die Kamera zu kriegen, geschweige denn einen Interviewtermin mit ihm zu ergattern. Doch das war kein Grund dafür, es nicht trotzdem zu versuchen.

»Ich weiß«, knurrte er deshalb. »Der Kerl ist scheu wie ein Steuerflüchtling. Aber du wirst ihn schon kriegen. Ich erwarte jedenfalls einen ausführlichen Bericht. Deine Akkreditierung liegt im Pressezentrum am Alex für dich bereit.«

»Kann das nicht Sophie machen?« Sophie Caprice war ihre Freundin und Kollegin und nach Marens Einschätzung für schwierige Jobs wie diesen viel besser geeignet. »Sie ist doch sowieso schon in Berlin, um über die Berlinale zu berichten. Da kann sie doch -«

»Sophie hat andere wichtige Verpflichtungen«, fiel Walter Stein ihr ins Wort. »So zum Beispiel Exklusivtermine mit Angelina Jolie und Madonna. Nein, das Interview mit Forates wirst du führen. Wenn du nebenbei noch ein paar Stars vors Mikrofon kriegst, super. Aber bring mir auf jeden Fall diesen Tenor.«

»Okay.« Maren unterdrückte einen Seufzer. Sie wusste, dass Walter keine Kompromisse eingehen würde. Egal, wie viele Berichte sie ihm sonst noch von der Berlinale mitbringen würde, ohne das Interview mit Forates würden alle nur dritte Wahl sein.

»Wann soll ich reisen?«

»Sofort.« Walter Stein vollführte eine Handbewegung als wollte er Hühner vom Hof scheuchen. »Frau Schneider hat alle weiteren Informationen. Gute Reise.« Damit war Maren entlassen.

Innerlich grinsend verließ sie das Büro. Die Rituale zwischen ihnen waren immer gleich: Er versuchte, seine Komplexe zu verbergen, sie tat so, als würde sie ihn ernst nehmen, und beiden wussten, dass alles nur Show war.

Nach Berlin ging es also! Einen Moment blieb Maren mitten im Gang stehen, um sich das Gehörte kurz durch den Kopf gehen zu lassen, dann setzte sie ihren Weg fort.

Ein halbe Stunde später war sie auf dem Weg nach Eppendorf, zu dem eleganten Mehrfamilienhaus, in dem sie sich mit ihrer Freundin und Kollegin Sophie Caprice ein Apartment teilte.

Das graue Morgenlicht hatte es schwer, durch die fest zugezogenen Vorhänge ins Zimmer zu dringen. Der helle Schein war zu schwach, um die beiden Schläfer aufwecken zu können, die sich auf dem breiten Bett in ihre Decken gewickelt hatten. Das Wecken erledigte stattdessen das Handy, das auf dem linken Nachttisch lag und das plötzlich einen flotten Marsch durch das dämmrige Zimmer schickte. Die Wirkung war effektiv. Sophie Caprice schoss mit einem Ruck hoch und sah sich völlig verdattert um.

Wo war sie? Hä? Keine Ahnung – oder? Sie blinzelte verschlafen in die Dämmerung. Dann fiel es ihr wieder ein: Das war das Hotelzimmer im sechsten Stock des Interconti, das sie vorgestern Abend bezogen hatte.

Oh, merde! Sie fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die rote Lockenmähne, die ihr bis auf die Hüften fiel. Das war wieder mal eine kurze Nacht gewesen! Ihr fehlten noch mindestens drei Stunden Schlaf, um den Tag beginnen zu können.

Das Handy plärrte unbeirrt weiter. Mit einem Fluch ergriff Sophie das kleine Telefon, stellte fest, dass es das ihre war, und ließ die Hand sinken, die es bereits an die Wand pfeffern wollte.

»Maren Janson ruft an«, stand auf dem Display. Sophie drückte die grüne Taste und hob das Handy ans Ohr.

»Mon dieu, was zum Henker willst du mitten in der Nacht von mir?« Ihre Stimme klang belegt.

»Mitten in der Nacht?« Marens viel zu fröhliches Lachen drang unangenehm laut in Sophies Gehör. »Mensch, Sophie, es ist gleich vierzehn Uhr. Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen. Bist du noch in LA oder schon in Berlin?«

»In Berlin.« Aus den Augenwinkeln nahm Sophie eine Bewegung wahr. Langsam schälte sich ein nackter, muskulöser Männerrücken aus den Laken. »Hier kocht bereits der Asphalt … Du auf der Berlinale?«

»Können wir uns treffen?«

Sophie beobachtete, wie sich der Rücken aufsetzte. Wem immer er gehörte, er war genau ihr Typ: dunkles Haar, muskulöser Oberkörper, ein männlich markantes Gesicht, das jetzt ein bisschen zerknittert aussah.

»Wann?« Sie drehte sich um, denn der Anblick ihres gut aussehenden Mitschläfers lenkte sie ab. Unruhig rieb sie ihre Schenkel aneinander.

»Um sechs im Benjamin?«

Sophie blickte zur Uhr.

»Oui, ma chère, sechs Uhr im Benjamin.« Sie unterbrach die Verbindung, ehe Maren noch etwas sagen konnte, und wandte sich dem attraktiven Mitschläfer zu, der wieder in die Kissen gesunken war. Das Laken bedeckte seine Oberschenkel gerade so weit, dass Sophie das dichte, schwarze Vlies sehen konnte. Alles, was sich darunter befand, konnte Sophie nur ahnen. Aber es war wach, genauso wie sein Besitzer, der sie abwartend betrachtete.

Sophies Erinnerung war inzwischen zurückgekehrt. Wie der Typ hieß, das wusste sie nicht mehr. Aber dass sie miteinander eine super Nummer geschoben hatten, daran erinnerte sie sich inzwischen wieder sehr...