Süße Begierde - Vertraute des Vargs

von: Alessandra Storm

BookRix, 2019

ISBN: 9783739692197 , 327 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 0,99 EUR

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Süße Begierde - Vertraute des Vargs


 

Kapitel 1


 

„Sei ein braver Junge!“, gurrte sie und lockte ihn mit ihrem Zeigefinger zu sich. Dabei bewegte sie sich verführerisch lächelnd rückwärts, damit er ihr folgte. Doch dunkelbraune Augen sahen ihr nur nachdenklich hinterher, ohne sich zu rühren.

Also drehte April ihren Charme voll auf: „Na, komm schon, mein Großer!“

Doch er reagierte immer noch kein bisschen. Frustriert warf sie die Hände in die Luft und wies dann nochmal auf den fast überlaufenden Napf. „Das ist sogar dieses teure Gourmet-Futter, das du so liebst. Komm schon, Watson, lass mich nicht hängen! Bitte!“

Der braune, alte Boxer sah sie weiterhin nur an, als sei sie mitleidserregend. Womit er vermutlich recht hatte. Aber April war nun mal nicht das, was man einen Hundemensch nannte und wusste nie so genau, was man den Vierbeinern tun sollte. Dieses Spiel, in dem sie versuchte, ihn von der Wohnungstür wegzulocken, die sich eben nur nach innen öffnen ließ, spielten sie regelmäßig. Und es stand ungefähr 23 zu 4 für Watson.

Genervt schielte sie zum Fenster. Natürlich war das peinlich, doch sie hatten das Spiel schon oft genug gespielt. Einmal hatte sie versucht, ihn an den Vorderfüßen von seinem Lieblingsplatz an der Eingangstür fortzuziehen, hatte aber aufgegeben, als er dabei schmerzerfüllt gejault hatte. April wusste ja, dass er Probleme mit der Hüfte hatte, aber so wirklich abgekauft hatte sie ihm das Theater nicht. Watson war einfach gerissen und wusste, wie er seinen Willen bekam.

Also nahm sie mal wieder das Fenster, denn für diesen Kampf war sie noch zu müde! Noch nicht mal einen Kaffee hatte sie gehabt!

April wohnte im ersten Stock und konnte über die alte Feuerleiter runterklettern. Die Wollmütze tiefer ziehend und den dicken Schal feststopfend, schob sie das Fenster hoch und sah sich nochmal funkelnd zu dem männlichen Wesen um, mit dem sie nun bald unfreiwillig ein Jahr alleine lebte. Seit sich Richard entschieden hatte, dass er mehr auf blonde, taffe Karrierefrauen stand. Sie könnte würgen, wenn sie daran dachte.

„Egoistischer Mistkerl“, schimpfte sie und schlüpfte mit den Beinen zuerst durch den Spalt. Watson sah sie nur schnaubend an.

Eine böse Grimasse für ihn schneidend zog sie den Oberkörper nach. Als sie sich umdrehen wollte, knallte ihre Schulter allerdings erst gegen etwas Hartes und Großes und dann klatschte ihre Wange gegen bloße, warme Haut.

April kreischte erschrocken auf, stolperte von demjenigen weg, wobei sie die Augen schloss. Dann fing sie sich wieder und sah nach, gegen wen sie gestoßen war. Doch auf Augenhöhe vor sich war nur eine nackte Männerbrust. Sie blinzelte und konzentriert sich auf das Gesamtbild. Vor ihr stand ein Mann im Adamskostüm. Besagter Mann hielt eine schützende Hand vor seine Schamregion, während er sich mit der anderen die Rippen rieb.

„Ganz schön harter Kopf!“, lobte sie eine tiefe Stimme.

Aprils Augen weiteten sich zusehends mehr und mehr, als sie ihn erkannte. Der nackte Kerl auf ihrer Feuerleiter war der Mieter von oben. Er war letzten Sommer über ihr eingezogen und hatte sich seitdem eigentlich nicht blicken lassen.

Was tat er hier? Nackt?

Automatisch in Abwehr trat sie von ihm weg, soweit es die kleine Plattform aus Gittern zuließ, bevor sie gegen das Geländer stieß. Er war mit einem Meter neunzig eindeutig groß. Überragte sie über einen halben Kopf. Und der Körperbau war auch sehr maskulin – April verbat sich genauer hinzusehen. Auch wenn auf ihrer Augenhöhe sofort eine breite, muskulöse Brust mit interessanten Tattoos auf leicht gebräunter Haut war und sie kurz – oder etwas länger - abgelenkt wurde.

„Und, Lady? Bist du zufrieden mit dem, was du siehst?“, er sprach mit einem leichten Südstaatenakzent, den sie nicht genau verorten konnte. Eine tiefe, melodische Stimme, die vermutlich Frauen schnurren ließ. Aber April reizte diese vor Selbstgefälligkeit triefende Art, während er sprach. Er wusste genau, was sie zu sehen bekam.

Wütend blinzelte sie und öffnete den Mund, um ihn zu recht zu weisen, doch dabei blieb es. Der Kerl drehte sich genau in diesem Moment um. Wollte er etwa nun doch weglaufen?

„Was…?“, weiter kam April jedoch nicht, denn sie stockte nochmals. Zu ihrem Unglauben, fing dieser selbstverliebte Spanner nun an, für sie eine Pirouette zu drehen. Dabei zeigte er ihr einen ebenfalls tätowierten, muskulösen Rücken, der in eine schmale Hüfte überging. Und einen sehr knackigen Arsch. Als ihr klar wurde, dass sie nun wirklich starrte, klappte sie den Mund wieder zu und machte sich bereit ihn ausdruckslos anzusehen, wenn er sich wieder zu ihr umdrehte.

Mit funkelnden, fast schwarzen wirkenden Augen tat er dann genau das. „Nun, da du alles gesehen hast: zu mir oder zu dir?“

Sie schluckte einen ächzenden Ton der Empörung runter. Ihr dummer Gesichtsausdruck – den sie mit absoluter Sicherheit trug – sollte genügen, um sie zu demütigen. Jedenfalls grinste er nun breit.

„Wirklich sehr verlockend“, sagte sie bemüht trocken, „aber ich verzichte.“ Daraufhin grinste er nur breiter und ihre Augen weiteten sich, weil er einen großen Schritt auf sie zu machte.

„Augenblick!“, rief sie, was irgendwie erbärmlich klang, während sie ihre in Handschuhen steckenden Hände hochhielt.

Sehr eindrucksvoll, AprilKein Wunder, dass Watson nicht auf dich hört. Das klang wenig einschüchternd. Der Mann vor ihr war offenbar auch nicht überzeugt, so dass er sich ihr weiter näherte. Langsam bekam sie es mit der Angst zu tun.

War er ein Perverser, der sich Frauen sexuell aufdrängte? Denn wer stand sonst bei Minusgraden nackt draußen bei unbekannten Frauen vorm Fenster? Peinlich war es ihm schon mal nicht, dass sie ihn erwischt hatte.

Die Arme vor sich haltend wich sie ihm aus. Aber viel Platz war da nicht mehr. Ihr Kopf lief auf Hochtouren. Was sollte sie tun? Wenn er sie anfassen würde und bedrängen… Sie konnte sich ihm keine drei Sekunden widersetzen. Der Kerl bestand nur aus straffen Muskeln. Und ihre körperlichen Fitnessübungen beschränkten sich auf Klettertouren durch ihr Wohnzimmerfenster und eine Horde fünf-jähriger Kinder zu hüten.

Hilfesuchend sah sie runter zu der Gasse hinter dem Wohnhaus. Nirgendwo eine Menschenseele. Watson bellte rau auf und sie sah hilfesuchend zu ihm, aber ihr Hund hatte nur beschlossen schwanzwedelnd essen zu gehen. Der würde ihr schon mal nicht helfen…

„Lady, entscheide dich! Bevor mir etwa abfriert“, sagte der Kerl mit dieser verwirrend dunklen Stimme, der man anhören konnte, dass er eindeutig auf ihre Kosten amüsiert war.

Aprils Kopf fuhr herum und sie funkelte zu ihm auf. Da sie aber keine Hilfe bekam, half sie sich eben selbst! Dabei nutzte sie ihren besten Erzieherinnenblick: „Keinen Schritt weiter oder ich schreie!“

Das schien ihn dann doch innehalten zu lassen. Seine Stirn legte sich in Falten. Eilig folgte sie ihrem Impuls, bevor sie den Mut verlor. Mit ihren festen Winterboots ließ sie ihren Fuß auf seinen nackten runtersausen. Er keuchte überrascht auf und krümmte sich automatisch zusammen. April nutzte die Sekunde und schob sich mit den ausgestellten Ellenbogen an ihm vorbei, während er das Gesicht verzog und zur Seite wankte. Eilig rannte sie dann nach unten, wo sie schlitternd auf dem vereisten Boden ankam. Mit einem Blick nach oben, stellte sie erleichtert fest, dass er ihr nicht nachkam oder ähnliches. Ihre Augen trafen sich kurz, bevor sie herumwirbelte und flüchtete.

 

Der zehnminütige Weg bis zur Arbeit kam ihr verdammt lang vor. Die kalte Luft ließ ihre Nasenspitze abfrieren und sie rutschte hin und wieder fast auf dem Boden aus, da sie vor lauter schäumender Wut und Unglauben nicht bemerkte, wo sie da hintrat. Außerdem sah sie immer wieder nackte Haut vor ihren Augen…

„Perverser Mistkerl!“, fauchte sie, obwohl sie niemand hören konnte.

April war enttäuscht von sich selbst, da sie offenbar kein bisschen Respekt einflößend war und der Kerl sie überhaupt nicht ernst genommen hatte. Sie musste eindeutig an ihrem Auftreten arbeiten.

Und noch wütender machte sie, wie man so schamlos und unverschämt wie dieser Perverse sein konnte! Er hatte ernsthaft eine Pirouette nackt gedreht, damit sie freien Blick auf seine Ausstattung hatte! Und dann diese dummen, langweiligen Machosprüche! Zu mir oder zu dir? Einfallsloser ging es wohl nicht.

Sie knirschte wütend mit den Zähnen.

Der Perverse war aus Florida hergezogen und war der Neffe der Rickmans – so viel wusste sie. Die Rickmans selbst kannte sie nämlich. Das waren nette, ältere Eheleute, die aber ziemlich unter sich blieben. Besonders Nathan Rickman lebte sehr zurückgezogen. Das Paar war kinderlos geblieben, aber Annie Rickman war eine ruhige, nette Frau, die seit Jahren überall ehrenamtlich arbeitete und früher oft Kinder gehütet hatte. Sie hatte auch hin und wieder auf April aufgepasst, da sie in der Nähe von Aprils Eltern lebten. Das Ehepaar hatte keine Familie und nur wenige Freunde vor Ort....