Ein Märchenprinz aus dem Orient

Ein Märchenprinz aus dem Orient

von: Barbara McMahon

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863490416 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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Ein Märchenprinz aus dem Orient


 

2. KAPITEL

Bewundernd blickte Bethanne sich um. Sie musste schon mindestens eine Meile gelaufen sein, ohne einem Menschen zu begegnen. Dieser Traumstrand schien demzufolge zum Besitz des Scheichs zu gehören. Warm umspülte das Wasser ihre Füße, während die Sonne auf sie herabbrannte. Leider hatte sie nicht daran gedacht, ihren Hut mitzunehmen. Dennoch verspürte sie keine Lust umzukehren. Der Spaziergang tat ihr gut, und die Vorstellung, dass ihr Vater sich hier ebenfalls aufgehalten haben konnte, brachte ihn ihr näher. Er fehlte ihr so sehr.

Als sie schließlich doch den Rückweg antrat, war sie froh, ihre Schuhe in der Nähe der Villa zurückgelassen zu haben. Das üppige Grün, das an den Strand grenzte, verdeckte sie fast völlig. An ihrem Ausgangspunkt angelangt, konnte Bethanne nur eine Ecke des Gebäudes ausmachen. Dabei bemerkte sie, dass jemand auf einem Stuhl neben dem Weg saß.

Ihr Puls ging schneller. Ehe sie ihn erkennen konnte, ahnte sie bereits, dass es sich um Rashid handeln musste. Leise flüsterte sie seinen Namen vor sich hin. Als sie näher kam, stand er auf und blickte sie unverwandt an. Sie war sich ihrer zerzausten Haare, der sandigen Füße und hochgerollten Hosenbeine plötzlich nur zu bewusst. Hätte sie doch nur ein Kleid eingepackt, dann würde sie jetzt viel weiblicher und attraktiver aussehen. Was sollte er nur von ihr halten?

„Hast du deine Wanderung genossen?“, erkundigte er sich, nachdem sie ihn erreicht hatte.

Sie nickte, bückte sich, um sich den Sand von den Füßen zu streichen. Dann schlüpfte sie in ihre Schuhe und wünschte, sie hätte flache Sandaletten mitgebracht. Sie warf einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass sie länger unterwegs gewesen war als gedacht. In Kürze würde das Abendessen serviert werden.

„Das hier ist ein fantastischer Strand“, sagte sie. „Es muss herrlich sein, hier zu schwimmen.“

„Mein Bruder und ich haben das als Kinder oft getan. Die Villa gehörte meiner Großmutter.“

Eine lange Pause trat ein, und Bethanne überlegte, worüber sie mit ihm reden sollte. Es gab nur ein Thema, das ihr im Moment auf der Seele brannte.

„Ich glaube nicht, dass es funktionieren wird“, begann sie.

„Warum nicht?“

„Ich habe darüber nachgedacht. Niemand wird glauben, dass du dich in eine amerikanische Jetpilotin verliebt hast. Wo hätten wir uns denn kennenlernen sollen? Außerdem bin ich keine Femme fatale, machen wir uns nichts vor.“

Er musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie spürte, wie ihr heiß wurde. Als er ihr wieder in die Augen sah, lächelte er.

Ihr Herzschlag schien für einen Augenblick auszusetzen, denn Rashid wirkte plötzlich wie ausgewechselt. Nie hatte sie einen attraktiveren Mann getroffen. Sicher wusste er ganz genau, welche Wirkung er auf Frauen hatte.

Sie versuchte, sich ihre Erregung nicht anmerken zu lassen, spürte jedoch, dass sie errötet war.

„In der richtigen Kleidung würdest du äußerst anziehend aussehen.“

„Das ist noch so ein Punkt. Als dein Gast hätte ich doch ganz andere Outfits mitgebracht. Ich hatte vor, meinen Vater zu finden und nicht einen Scheich auf mich aufmerksam zu machen.“

Er lachte. „Das sollte kein Problem sein. Ich habe mir erlaubt, dir ein paar Sachen aufs Zimmer bringen zu lassen. Sieh es bitte als Dankeschön für deine Kooperation an.“

„Kooperation? Du hast mich praktisch entführt.“

„Wohl kaum. Du hilfst mir, und ich nehme dafür die Suche nach deinem Vater wieder auf. Ich glaube zwar nicht, dass wir nach drei Jahren noch etwas erfahren werden, trotzdem werde ich Nachforschungen anstellen.“

„So haben wir es ausgemacht. Gut, wenn du wirklich glaubst, dass die Leute auf uns hereinfallen, dann mal los.“

„Du unterschätzt dich. Man wird keinen Augenblick daran zweifeln, dass du mein Interesse geweckt hast.“

„Tatsächlich? Na, vielleicht haben wir dann ja eine winzige Chance“, sagte sie, und ihr Herz schlug schneller.

Er sah sie mit undurchdringlichem Blick an. „Das Abendessen wird um sieben Uhr serviert. Ich würde mich freuen, wenn du mir dabei Gesellschaft leistest.“

„Es wird mir ein Vergnügen sein“, antwortete sie übertrieben höflich und ging erhobenen Hauptes zur Villa zurück.

Kurz darauf stand Bethanne, Rashids Worte noch im Ohr, vor ihrem gut bestückten Kleiderschrank. Wie hatte er es nur geschafft, in der kurzen Zeit seit ihrer Ankunft eine derart elegante Kollektion zusammenzustellen?

Geld macht’s möglich, dachte sie, während sie die Hand über zarte Seide und edles Leinen gleiten ließ. Sie griff nach einem Kleid, dessen Blau genau der Farbe ihrer Augen entsprach.

Dann gönnte sie sich ein entspannendes Bad und verwandte danach besondere Sorgfalt auf ihre Frisur und ihr Make-up. Dabei kam sie sich vor wie Cinderella, die sich für den Ball fertig machte.

Als sie gerade in ihre Sachen schlüpfte, klopfte Fatima an die Tür. Die ältere Frau nickte lächelnd. Dann sagte sie etwas auf Arabisch, das eindeutig Anerkennung ausdrückte. Inwieweit mag sie wohl vom Scheich eingeweiht worden sein? überlegte Bethanne.

Die Farbe des Kleides brachte Bethannes Augen zum Leuchten, und der Spaziergang in der Sonne hatte ihre Haut leicht gebräunt. Zusätzlich verlieh der Gedanke an ein Dinner mit dem Scheich ihren Wangen einen rosigen Schimmer.

Als sie um kurz vor sieben Uhr hinunterging, wünschte sie, Rashid würde sie am Fuß der Treppe empfangen. Das exklusive Kleid saß wie angegossen, und sie fühlte sich so sexy wie eine Schauspielerin auf dem roten Teppich.

Unten angekommen folgte sie dem Klang von Männerstimmen und betrat kurz darauf einen eleganten Salon, den ein Bediensteter gerade verließ. Tief durchatmend stellte sie verärgert fest, dass sie Schmetterlinge im Bauch zu haben schien und ihre Handflächen feucht wurden. Wieso war sie plötzlich so nervös? Die Situation hatte sich doch nicht verändert. Und doch hatte sie das Gefühl, dem Scheich etwas beweisen zu müssen. Ihr lag viel daran, die Ehre ihres Vaters wiederherzustellen. Rashid sollte nicht glauben, dass sie aus einer Familie von Ganoven stammte.

Als hätte er ihr Eintreten gespürt, drehte er sich um.

„Danke für das Kleid. Ich hatte nicht mit etwas so Elegantem gerechnet“, sprudelte sie so schnell hervor, dass ihre Worte kaum zu verstehen waren. Ihr Herz hämmerte, doch sie bemühte sich um Haltung.

„Ich freue mich, dass es dir gefällt, und hoffe, dass du deinen Aufenthalt in Quishari genießen wirst. Wenn du irgendetwas brauchst, sag es einfach.“

„Ich möchte das Land gern kennenlernen. Vielleicht kannst du mir einen englischsprachigen Führer empfehlen?“

„Ich werde dir einen meiner Fahrer zur Verfügung stellen. Einige Sehenswürdigkeiten möchte ich dir allerdings selbst zeigen. Außerdem brenne ich natürlich darauf, mit dir als Pilotin und Begleiterin meinen neuen Jet auszuprobieren.“

„Mit dem größten Vergnügen.“ Ein Schauer der Erregung durchlief sie. Endlich befand sie sich wirklich auf den Spuren ihres Vaters. Sie würde noch vor dem Start mit den Bordtechnikern reden. Vielleicht erinnerten sie sich daran, was damals geschehen war. Seltsam, dass die Familie al Harum das Flugzeug ohne große Nachforschungen abgeschrieben hatte.

„Anschließend wirst du Gelegenheit haben, die Stadt zu besichtigen. Das alte Viertel ist berühmt für seine Architektur, und ich bin sehr stolz auf unsere Geschichte.“

„Darauf freue ich mich schon sehr.“ Nie hätte sie gedacht, dass Rashid neben den gemeinsamen offiziellen Verpflichtungen Zeit mit ihr verbringen wollte.

„Passen die Sachen denn?“, erkundigte er sich nach kurzem Schweigen.

Wie sie seine tiefe, melodische Stimme liebte.

„Es sitzt alles perfekt. Das Kleid hier hat mir am besten gefallen.“

„Es hat genau die Farbe deiner Augen.“

Sie hielt den Atem an. Das hatte er wahrgenommen? Fragend blickte sie ihn an. Doch obwohl er ihren Blick lange erwiderte, blieb seine Miene ausdruckslos. Beim Poker hätte er beste Chancen, dachte sie.

„Auf dem Foto in deinem Visum siehst du wie eine äußerst kompetente Pilotin aus, während du in diesem Outfit viel zu weiblich wirkst, um einen Jet zu fliegen.“

„Ich habe reichlich Erfahrung in der Luftfahrt.“ Sie wusste nicht recht, ob sie sich über das indirekte Kompliment freuen oder ihre beruflichen Fähigkeiten hervorheben sollte. Glaubte er etwa, Frauen seien schlechtere Piloten als Männer?

„Du hast deine Ausbildung also bei der Air Force absolviert“, bemerkte Rashid. „Das habe ich jedenfalls den Starcraft-Unterlagen entnommen.“

„Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin durchaus in der Lage, deinen neuen Jet zu fliegen.“

Er lachte. Dabei blitzten seine Augen vergnügt auf. „Das habe ich nie bezweifelt. Schließlich hast du ihn sicher hierhergebracht. Komm, das Essen wird inzwischen fertig sein.“ Er bot ihr seinen Arm an. Als sie sich bei ihm einhakte, verspürte sie ein leichtes Kribbeln im Bauch. Wie anders würde dieser Abend verlaufen als ihre üblichen Besuche in zwanglosen amerikanischen Restaurants.

Die Atmosphäre bei Tisch, so stellte...