Liebestraum am Mittelmeer

Liebestraum am Mittelmeer

von: Sabrina Philips

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783862950430 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 1,49 EUR

  • Religionsdidaktik kompakt - Für Studium, Prüfung und Beruf
    Schrift-Stücke - Biblische Miniaturen
    Amy & Isabelle - Roman
    Erwacht - Band 1 - Romantasy
    Im Rausch der Dunkelheit - Guardians of Eternity 5 Roman

     

     

     

     

 

Mehr zum Inhalt

Liebestraum am Mittelmeer


 

2. KAPITEL

Leon hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollten. Die letzten beiden Tage hatte er an nichts anderes denken können als an sie. Er hatte den Besichtigungstermin bei Crawford’s wahrgenommen, um sich die beiden Gemälde anzusehen, die alle haben wollten, und festgestellt, dass er etwas ganz anderes begehrte – die schöne Fremde mit der üppigen rotbraunen Mähne, die wie gebannt die beiden Bilder betrachtete. Bei ihrem Anblick hatte er diese völlig vergessen, denn sie hatte starkes Verlangen in ihm geweckt, allerdings unbeabsichtigt. Ihre Hemdbluse und der lange Rock, die sie trug, hatten ihre weiblichen Kurven nur erahnen lassen, und er hatte den übermächtigen Wunsch verspürt, sie an Ort und Stelle auszuziehen.

Auf ihn hatte sie jedoch wie der Typ Frau gewirkt, der alles durch Gefühle kompliziert machte. Und um herauszufinden, ob es tatsächlich der Fall war, hatte er sich diskret über sie erkundigt und erfahren, dass sie im Auftrag der Londoner Citygalerie die Rénards restaurieren sollte. Was für eine Fügung des Schicksals!

Verstohlen beobachtete er sie, während sie neben ihm herging, ohne den Verkehrslärm wahrzunehmen, der die laue Juniluft erfüllte. Zu seiner Freude war ihr Outfit anders als vor achtundvierzig Stunden diesmal richtig glamourös, denn sie trug ein elegantes schwarzes Etuikleid, und ihr wunderschönes Haar fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern. An diesem Abend verkörperte sie genau den Typ Frau, der einer flüchtigen Affäre, wie sie ihm vorschwebte, nicht abgeneigt war.

„Entscheiden Sie“, forderte er sie auf, sobald sie das Ende der Straße erreichten und ihm bewusst wurde, dass er ihr noch immer eine Antwort schuldete.

Cally, die mit jeder Sekunde nervöser wurde, wollte das Ganze so schnell wie möglich beenden. „Lassen Sie uns einfach in die nächste Bar gehen. Schließlich wollen wir nur etwas trinken, oder?“

Leon nickte.

Als sie um die Ecke bogen, hörte Cally dumpfe Bässe und sah eine Leuchtreklame: Straße zur Hölle.

„Perfekt“, verkündete sie. Die Bar wirkte zwar wenig anheimelnd, aber wenigstens war es darin zu laut für eine Unterhaltung.

Im nächsten Moment kam ein Pärchen heraus und fing an zu knutschen. Leon musste sich ein Lächeln verkneifen. „Sieht nicht schlecht aus.“

Das konnte er unmöglich ernst meinen! Forschend betrachtete sie ihn, bereute es allerdings sofort, denn der Anblick seines Gesichts im sanften Schein der Straßenbeleuchtung ließ sie erschauern.

„Prima. Und mein Hotel ist nur zwei Straßen entfernt“, sagte sie, um sich davon zu überzeugen und ihn daran zu erinnern, dass sie sich gleich nach dem Drink in ihr Zimmer zurückziehen konnte.

„Besser geht es nicht“, bemerkte er mit einem vielsagenden Ausdruck in den Augen.

Als sie an dem Pärchen vorbeikamen, das sich gerade voneinander löste, um Luft zu holen, schluckte Cally.

In der Bar war es sehr schummrig, und einige Paare tanzten zu einem Stück, das eine Künstlerin mit rauchiger Stimme sang. Insgeheim beglückwünschte sie sich zu ihrer Wahl, weil die Geräuschkulisse jedes Gespräch unmöglich machte.

„Und, was soll es sein? Ein Süßer Tod oder ein Ananasquickie?

„Wie bitte?“ Schockiert wirbelte sie herum und stellte dann fest, dass Leon aus der Cocktailkarte vorlas, die er vom Tresen genommen hatte.

„Ich nehme nur ein Mineralwasser, danke.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, zog er missbilligend die Brauen hoch. „Na gut.“ Schnell überflog sie die Auswahl. „Ein Kaktusgift bitte.“

Angestrengt überlegte sie, wann sie das letzte Mal Alkohol getrunken hatte. Ja, ein Glas Wein auf der Taufe ihres Neffen im Januar. Sie musste wirklich öfter ausgehen!

Nachdem Leon sein Jackett ausgezogen hatte, bestellte er zweimal dasselbe. Er wirkte so lässig, als würde er sich häufig in solchen Etablissements aufhalten. Cally hingegen verschränkte verlegen die Arme vor der Brust, weil sie sich overdressed fühlte.

„Erzählen Sie mir jetzt nicht, dass Sie oft hier sind.“

„Nein, ich lebe in Frankreich. Und wie lautet Ihre Entschuldigung?“

Cally lachte und entspannte sich ein wenig, als Leon und sie einen Tisch fanden und sich setzten. Sofort servierte die Kellnerin die Drinks. „Ich wohne in Cambridge.“

„Sie wussten also nicht, dass die Straße zur Hölle gleich hinter der nächsten Ecke liegt?“

„Nein.“ Der Name passt ja, dachte sie, als sie sich an die Auktion erinnerte.

Er schien ihre Verzweiflung zu spüren und prostete ihr zu. „Und, worauf sollen wir trinken?“

Sie überlegte einen Moment. „Darauf, dass harte Arbeit sich letztendlich nicht lohnt.“

Seine Gesellschaft und die Atmosphäre in der Bar machten ihr bewusst, dass sie vielleicht doch darüber reden musste. Zumindest hoffte sie, es wäre der Grund dafür und nicht die Tatsache, dass sie kein anderes Gesprächsthema kannte.

„Entschuldigen Sie“, fügte sie hinzu, als sie merkte, wie unhöflich es geklungen hatte. „Auf … die Straße zur Hölle.“

Nachdem sie angestoßen hatten, tranken sie einen Schluck und verzogen beide das Gesicht, weil der Cocktail so sauer war.

„Der heutige Abend ist für Sie also nicht unbedingt nach Plan verlaufen?“, hakte Leon dann nach.

„So könnte man es nennen. Die Leitung der Londoner Citygalerie hatte mir den Auftrag, die Rénards zu restaurieren, in Aussicht gestellt, falls sie den Zuschlag bekommen. Aber das haben sie nicht.“

„Vielleicht sollten Sie Ihre Dienste dem Käufer anbieten.“

„Dem Mitarbeiter des Auktionshauses zufolge, der mit ihm telefoniert hat, war es ein anonymer privater Sammler“, erwiderte sie ärgerlich.

„Und wer sagt, dass ein privater Sammler Sie nicht damit beauftragen würde?“

„Meine Erfahrung. Selbst wenn ich herausfinden könnte, um wen es sich handelt, würde derjenige jemanden nehmen, den er kennt, oder das Team, das es am schnellsten bewerkstelligt. Für die Reichen sind Kunstwerke wie Luxusautos oder Immobilien – eine Anschaffung, mit der man protzt –, aber keine Dinge, an denen sich alle erfreuen sollten.“

Regungslos saß Leon da. „Würde man auf Sie zukommen, dann würden Ihre Moralvorstellungen Sie also davon abhalten zuzusagen?“

Cally wandte sich ab, weil sie schon wieder mit den Tränen kämpfte. „Nein, ich würde den Auftrag annehmen.“

Natürlich ließ dieses Geständnis sie prinzipienlos wirken, aber es ging nicht nur um die Chancen, die sich ihr dadurch bieten würden. Sie hätte die Gelegenheit niemals ausgeschlagen, weil diese Gemälde die Richtung bestimmt hatten, die ihr Leben genommen hatte. Da sie sich allerdings schämte, es zuzugeben, schüttelte sie den Kopf.

„Es wäre idiotisch von mir, es nicht zu tun. Die Restaurierung der Rénards würde mich auf der ganzen Welt bekannt machen.“

Leon nickte. Sein erster Eindruck hatte ihn getäuscht. Sie wollte nur berühmt werden. Aber welche Frau möchte das nicht?, überlegte er zynisch. Außerdem wirkte Cally genauso unglaubwürdig wie alle anderen. Zuerst hatte sie behauptet, sie würde nicht über ihre Arbeit sprechen wollen, und ihm dann ihr Herz ausgeschüttet. Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, ob sie zu ihrem Wort stand.

Er lehnte sich zurück. „Haben Sie Mon Amour par la Mer beim Besichtungstermin zum ersten Mal gesehen?“

Cally erschauerte. „Ich … dachte, Sie hätten mich an dem Tag gar nicht bemerkt.“

„Oh doch. Und da habe ich beschlossen, mit Ihnen zu schlafen. Deshalb bin ich überhaupt nur zur Auktion gekommen.“

Seine Offenheit schockierte sie. Gleichzeitig rieselte ihr ein prickelnder Schauer über den Rücken, der sie noch mehr überraschte als seine Worte. Leon hatte sie schon begehrt, als sie ihre Alltagssachen getragen hatte, nicht erst an diesem Abend, als sie sich zurechtgemacht hatte, um in eine ihr fremde Welt zu passen. Eine Welt, der er offenbar auch nicht angehörte. Dennoch konnte sie nicht fassen, dass er nur ihretwegen erschienen war. Schließlich hatte sie nichts an sich, was Männer faszinierte.

„Ich sollte jetzt gehen“, erklärte sie matt.

„Dann machen Sie es.“

„Ich … habe noch nicht ausgetrunken.“

„Und tun Sie immer, was Sie ankündigen, Cally?“

Sie wusste genau, dass sie es nicht über sich bringen würde zu gehen. „Ich hasse Menschen, die nicht Wort halten.“

„Ich auch.“ Forschend betrachtete er sie. „Aber wir hatten noch nicht alles besprochen – zum Beispiel ob zu dem Drink auch ein Tanz gehört.“

Cally atmete scharf ein, als sie den Blick zu den Tanzenden schweifen ließ. Einige Pärchen gingen auf Tuchfühlung, sobald die stark geschminkte Sängerin eine Coverversion von Black Velvet anstimmte.

„Das ist nicht Ihr Ernst, oder?“

„Warum nicht? Den Tag zu nutzen gehört doch zu den schönen Dingen im Leben, die die Kunst preist, oder?“

Ja, die Kunst preist das Leben, dachte sie. Aber wann hatte sie sich das zum letzten Mal bewusst gemacht und es sich zugestanden? Fasziniert betrachtete sie Leon – das dunkelblonde Haar, das ihm in die Stirn fiel, und seine braunen Augen, in denen ein verlangender Ausdruck lag, der sie gleichermaßen ängstigte und erregte. Und einen Moment lang hatte sie nicht das Gefühl, dass sie an diesem Abend...