Star Trek: Was kostet dieser Planet? - Roman

von: John M. Ford

Heyne, 2014

ISBN: 9783641114794

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 4,99 EUR

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Star Trek: Was kostet dieser Planet? - Roman


 

Kapitel 1


 

Im Weltraum kann niemand ein Ei in die Pfanne schlagen

 

Die Offiziersmesse der U.S.S. Enterprise war ein kleiner, recht gemütlicher Raum mit bequemen Stühlen, nicht zu hellen Lampen und einem großen Lebensmittelsynthetisierer, der über vier Ausgabefächer verfügte – niemand sollte warten müssen. An diesem Morgen betraten zwei Offiziere den Raum, legten mit dem Vermerk STRENG GEHEIM versehene Aktenmappen auf den Tisch und näherten sich dem Synthetisierer, der fast die ganze Wand beanspruchte.

»Ich weiß nicht, Scotty«, sagte Captain James T. Kirk und winkte lässig in Richtung der geheimen Dokumente. »Vielleicht beunruhigt mich nur das Konzept eines aufblasbaren Raumschiffs aus Gummi.« Er sah die Wand an. »Zwei Spiegeleier, nur auf einer Seite gebraten, Weizentoast und einen großen Orangensaft.« Der Synthetisierer bestätigte die Bestellung mit einem Pliep.

»Salzige Haferkekse mit Butter und Sirup«, teilte Chefingenieur Montgomery Scott der Wand mit. »Einen gegrillten Kipper{1} und schwarzen Kaffee.« Pliep. »Von ›Gummi‹ kann kaum die Rede sein, Captain. Es handelt sich um eine Art Sandwich mit drei monomolekularen Schichten: drinnen ein organisches Polymer, damit das Gas nicht entweicht, und an der Außenseite ein Metallfilm, um die Sondierungssignale von Sensoren wie ein normaler Schiffsrumpf zu reflektieren. Dazwischen befindet sich ein pseudoflüssiges Dichtungsmittel.«

Die Wand machte Plup. »Für ein derartiges Sandwich bin ich heute nicht programmiert«, ertönte eine mütterlich klingende Sprachprozessorenstimme. »Darf ich gebackenen Käse mit kanadischem Schinken vorschlagen?«

Scott gab der Wand einen liebenswürdigen Tritt. »Darüber hinaus sind die Prototypen zusammengefaltet nicht größer als ein Schreibtisch, mit dem Aufblähungssystem. Nun, im Vakuum ist nur wenig Gas nötig, um die Dinger zu füllen. Es genügt, einige Male tief Luft zu holen …«

»Mr. Scott unterschätzt das notwendige Gasvolumen«, erklang eine Stimme von der Tür. »Zu dem Aufblähungssystem gehören siebenundzwanzig Kubikmeter Trockenstickstoff. Ausgeatmete Luft enthält Feuchtigkeit und respiratorische Abfallprodukte, die dem Material des taktischen Übungsziels schaden.«

»Guten Morgen, Spock«, sagte Kirk geduldig.

Der Vulkanier betrat die Messe – die Hände auf den Rücken gelegt, die Brauen gewölbt. »Es scheint der Beginn eines produktiven Tages zu sein«, sagte er, als sich das Schott hinter ihm mit einem leisen Zischen schloss. »Hundert Gramm ungesalzene Sojascheiben mit zwanzig Gramm entfettetem Doppelrahmkäse«, sagte Spock zur Wand. »Dazu zweihundert Gramm Pampelmusensaft, ohne Zucker.« Pliep.

»Die Übungsziele stellen recht ausgefallene Gummiballons dar«, meinte Kirk. »Und sie sind teuer …«

»Zwei Komma acht sechs drei Millionen Credits für jeden der vier Prototypen«, ließ sich Spock vernehmen.

»Aber auf sie zu schießen …«, fuhr Kirk fort. »Ebenso gut könnte man Phaserkanonen auf Gummifische in der Badewanne richten.«

Plup. »Gebratener Fisch steht zur Verfügung …«

Der Captain ignorierte den Synthetisierer und bemerkte, wie Spocks Brauen noch höher kletterten. »Ballons sind nicht zu taktischen Manövern imstande, und ja: Ich habe den jüngsten Bericht des Starfleet-Instituts gelesen. Darin hieß es, man soll so vorgehen, als seien die Prototypen überaus gefährliche, dreihundert Meter lange Superschlachtschiffe.«

Pling machte die Wand. Die Klappe eines Ausgabefachs öffnete sich, und darin erschien ein Tablett. Auf dem Teller lagen zwei Spiegeleier, nur eine Seite gebraten, daneben Schinken. Kirk trug sein Frühstück zum Tisch.

Erneut glitt das Schott beiseite, und der Bordarzt McCoy kam herein. Ohne ein Wort schlurfte er zur Wand, lehnte sich schwer daran und brummte etwas, das wie ›Plergb hfarizz ungemby, und Kaffee‹ klang.

Früh am Morgen hatte Pille McCoy nur selten gute Laune.

Pliep, antwortete der Synthetisierer, kündete dann mit einem zweifachen Pling das Frühstück für Scott und Spock an. Die beiden Männer gingen zu Kirk und nahmen bei ihm Platz.

Der Captain zerdrückte den Dotter eines Eis, schmierte Butter auf den Toast und hob das Glas zum Mund, als er plötzlich feststellte, dass blaue Flüssigkeit darin glänzte.

Es war weder das Indigo von Traubensaft noch das sanfte Azurblau von romulanischem Bier, sondern ein schimmerndes, elektrisches Blau – eine Farbe, die in der Natur nicht vorkam.

Kirk sah sich am Tisch um. Scott und Spock sprachen über irgendeinen technischen Aspekt der Ballo… der taktischen Übungsziele. Mit ihrem Frühstück schien soweit alles in Ordnung zu sein: Scotts Kaffee war schwarz, Spocks Saft goldgelb. Dr. McCoy wartete noch immer auf seine Mahlzeit, beobachtete die Offizierskollegen wie ein Geier, der an Übelkeit litt. Doch er starrte ins Leere. Vielleicht ist es einfach zu früh, dachte Jim. Vielleicht erliege ich einer optischen Täuschung. Erneut betrachtete er das Glas – die Flüssigkeit darin blieb blau.

Raumschiffkommandanten sind ganz besondere Personen, die sich kühn dem Unbekannten stellen und so weiter. Kirk trank einen vorsichtigen Schluck. An dem Geschmack gab es nichts auszusetzen. Ihm strich sogar etwas Fruchtfleisch über den Gaumen, wie bei echtem Orangensaft.

Noch ein prüfender Blick. Blau.

Die Wand machte Pling, und McCoy trug sein Tablett zum Tisch. Kirk sah sich die Mahlzeit an: ein großer Becher mit Kaffee, eine Scheibe Virginia-Schinken, daneben ein unidentifizierbarer Haufen. Das Etwas hatte jene orangefarbene Tönung, die Jims Getränk fehlte. Aber es war ein grelles, fluoreszierendes Orange. Der Captain nahm zur Kenntnis, dass Spock und Scotty schwiegen, offenbar fasziniert von der orangefarbenen Masse auf McCoys Teller.

In aller Seelenruhe schnitt der Doktor den Schinken, bohrte die Gabel ins Orange und aß mit dem Appetit eines Verhungernden.

Spock verspeiste den letzten Sojacracker mit Käse, erhob sich und schob sein Tablett in den Schlitz der Recyclingeinheit. »Captain, Mr. Scott, Dr. McCoy … Bitte entschuldigen Sie mich. Ich muss noch einige Vorbereitungen für den Test der Übungsziele treffen.«

»Aye«, erwiderte der Chefingenieur und beobachtete McCoy beim Essen, während der Sirup an seinen Haferkeksen erstarrte. Kirk antwortete mit »Natürlich, Mr. Spock«, und der Arzt brummte: »Gmltfrbl.«

Spock warf einen letzten Blick auf McCoys Teller, wandte sich abrupt ab und verließ den Raum. Nach Jims Ansicht wirkte sein Gesicht ziemlich grün, selbst für einen Vulkanier.

»Ich sollte besser die Startkatapulte kontrollieren«, sagte Scott. »Für den, äh, Test und so.« Er eilte in den Korridor.

Kirk sah wie gebannt zu, als Pille McCoy die orangefarbene Masse zusammen mit dem Schinken verschlang. Dann setzte er den Becher an die Lippen, trank mit großen Schlucken, lehnte sich zurück, seufzte und rülpste kurz.

Er musterte Kirk und runzelte die Stirn. »Was ist los, Jim? Hast du noch nie jemanden gesehen, der Grütze isst?«

»Ich, äh …«

»Und bei Hygieia: Was trinkst du da?«

»Einen, äh, Muntermacher«, entgegnete Kirk hastig und leerte das Glas bis auf den letzten blauen Tropfen. »Entschuldige, Pille. Hab heute 'ne Menge zu tun.« Er stand auf und schob das Tablett in den Schlitz, ohne das zweite Ei zu beachten. Er verschwendete dabei nichts, dachte an das Wiederaufbereitungsmodul der automatischen Küche – und bedauerte den Gedanken sofort.

Dies ist einer von jenen Tagen, fuhr es dem Captain durch den Sinn, als er einen verwirrten McCoy in der Offiziersmesse zurückließ.

 

Nicht weit entfernt, lautlos im interstellaren All, flog das Forschungsschiff Jefferson Randolph Smith mit Warp vier, während die Sensoren nach Dilithium suchten. Dilithium – jenes seltene, feuerfeste Mineral, das Warptriebwerke (und die Föderation) mit Energie versorgt … Doch darüber später mehr. Derzeit erlebte die Kommandantin der Smith ebenfalls einen von jenen Tagen.

Sie scheinen sich dauernd zu wiederholen, überlegte Captain Tatjana Trofimow, als sie an ihrem blauen Orangensaft nippte.

Die übrigen Offiziere des Forschungsschiffes leisteten ihr in der Messe Gesellschaft. Der Erste Offizier – ein Withiki namens Tellihu – hatte die breiten Flügel aus roten Federn um die Rückenlehne des Stuhls geschlungen. In der linken Hand hielt er ein gerade ausgedrucktes Nachrichtenfax, und mit der rechten aß er ein Pilzomelett. Die Smith war inzwischen seit vierhundertsechsundsechzig Tagen unterwegs, und an jedem Morgen genehmigte sich Tellihu Eier – Captain Trofimow verglich dieses Verhalten noch immer mit Kannibalismus.

T'Vau – sie nahm die Pflichten des wissenschaftlichen Offiziers wahr – verspeiste die letzten Reste ihres Sojasalats und blickte auf ein Schachbrett. Sie beobachtete es nur, ohne die Figuren zu berühren. Mehrere Haarsträhnen reichten über das eine Ohr hinweg, und an der Uniformbluse klebten einige Essig- und Ölflecken. Für eine Vulkanierin ist sie ausgesprochen schlampig, fand Trofimow.

Diese drei Personen waren die einzigen Offiziere der Jefferson Randolph Smith, und gleichzeitig bildeten sie die ganze Mannschaft. Hinzu kam: Das Zimmer diente nicht nur als Offiziersmesse, sondern auch...