Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken

von: Christian Weise

Jazzybee Verlag, 2012

ISBN: 9783849639570 , 223 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 0,99 EUR

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Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken


 

Überflüssiger Gedancken anders Dutzent


1. An seine Marilis, als Er mit Ihr zürnen muste

1.

Ich bin schon satt, und sage

Daß mich der Hunger treibt:

Ich seh mein Glück, und klage

Daß solches aussen bleibt:

Ich such und fliehe meine Pflicht:

Ich wolte gern, und will doch nicht.

 

2.

Ich bin verliebt, und leide

Die Pein der Einsamkeit:

Ich sehne mich, und meide

Doch die Gelegenheit:

Die Gegenwart beliebet mir,

Und gleichwol geh ich nicht zu ihr.

 

3.

Die Liebes-Grillen wancken

Im Hertzen hin und her,

Und machen die Gedancken

Mit tausend Sorgen schwer;

Und schliesse doch vor meiner Ruh

Den Kopff das Hertz und alles zu.

 

4.

Ich bin ein Patiente,

Und lauffe vor der Cur

Als wann mein Rücken brennte:

Ich suche zwar die Spur,

Doch wann ich ihrer inne bin,

So will der schwere Leib nicht hin.

 

5.

Ich schlaff und muß doch wachen,

Ich red und schweige doch,

Ich klag und muß doch lachen,

Ich sterb und lebe noch,

Und dieses wehrt schon lange Zeit,

Bey Tag und Nacht ohn Unterscheid.

 

6.

Du allerliebste Seele,

Dir ist allein bewust,

Daß ich dein Hertz erwähle

Zu meiner zarten Lust,

Und daß ich liebe, weil das Liecht

Des Lebens mir den Schein verspricht.

 

7.

Jetzt muß ich mich verstellen:

Mein Kind du wirst von mir

Kein schlimmes Vrtheil fällen,

Denn ich verspreche dir,

Mein Hertz soll unbefleckt und rein

Gar bald bey deinem wieder seyn.

 

8.

Wie muß ich mich bemühen

Daß ich es enden kan,

Dann die Magneten ziehen

Mein schwaches Eisen an,

Und achten meine Krafft nicht viel,

Wann ich mich widersetzen wil.

 

9.

Doch halt ich mich zu rücke

So lang ich halten kan,

Und schaue deine Blicke

Nur in Gedancken an,

Und suche die Zufriedenheit

In der entfernten Freundlichkeit.

 

10.

So will ich dich probiren,

Es steht dir wieder frey

Mich etwas rumm zuführen,

Doch da wird meine Treu

In allen Proben voller Schein,

Wie feines Gold und Silber seyn.

 

 

2. An eben dieselbe, als er ihrer Gunst versichert ward

1.

Mein Mädgen ist mir gut!

Und ob sie gleich zu Zeiten,

Absonderlich bey Leuten,

Ein bißgen spröde thut;

So macht ihr Wort-gezäncke

Mir gleichwohl einen Muth,

Daß ich im Hertzen dencke,

Mein Mädgen ist mir gut.

 

2.

Mein Mädgen ist mir gut!

Manch Jahr ist ja vergangen,

Seyd mein geneigt Verlangen

In ihrer Freundschafft ruht,

Wie solt ich dann nicht wissen

In dem sie anders thut,

Wie weit ich könne schliessen,

Mein Mädgen sey mir gut.

 

3.

Mein Mädgen ist mir gut!

Mein Lassen und Beginnen,

Das ihren zarten Sinnen

Gar nichts zu wider thut,

Bewegt mir auch das Hertze

Wie eine sanffte Fluth,

Daß ich mit Freuden schertze,

Mein Mädgen ist mir gut.

 

4.

Mein Mädgen ist mir gut!

Sie macht ihr Amts-Gesichte

Bißweilen noch zu nichte,

Und rühret mir das Blut

Durch lieb-gesinnte Blicke:

Drum spricht mein freyer Muth,

Ich habe noch das Glücke,

Mein Mädgen ist mir gut.

 

5.

Mein Mädgen ist mir gut!

Ein ander mag sich kräncken,

Und voller Furcht gedencken,

Was seine Nymfe thut:

Ich kan die Sorgen brechen,

Denn mein vergnügter Muth

Kan in der Warheit sprechen,

Mein Mädgen ist mir gut.

 

3. An Dorindigen, als er derselben bey später Herbstzeit ein schön Streüßgen von Vergißmein nit übergab

1.

Mein Dorindgen nimm die Blume

Mit beliebten Händen an,

Welche dir zu schönen Ruhme

Selbst den Frühling trotzen kan,

Gönn ihr doch dein Angesicht,

Weil sie so beweglich spricht,

Vergiß mein nicht.

 

2.

Höre mein Dorindgen, höre

Wie der stumme Redner schreyt,

Und ertheile mir die Ehre

Deiner Vnvergessenheit,

Du verstehst es wohl, mein Liecht,

Denn ein jedes Blätgen spricht,

Vergiß mein nicht.

 

3.

Schaue die verliebten Farben,

Schaue die Vermischung an,

Welche durch die zarten Narben

Blau und gelbe spielen kan,

Und dieweil der Unterricht

Deinem Hertzen auch geschicht,

Vergiß mein nicht.

 

4.

In dem kühlen Rosenthale

War es gestern auffgeblüht,

Da man auff dem Blumen-Saale

Selbst erzeugten Zierrath sieht,

Drum, so lange Lust und Liecht

Durch die Rosen-Auen bricht,

Vergiß mein nicht.

 

5.

Andere schöne Blumen legen

Ihre frembde Zierligkeit

Dieser Demuth zwar entgegen;

Doch sie irren trefflich weit:

Meine Blum ist abgericht,

Daß sie ohne Falschheit spricht,

Vergiß mein nicht.

 

6.

Drum so nimm auch diß Geschencke

Mit geneigten Händen hin,

Mein Dorindgen und gedencke

Mein im besten, wo ich bin;

Denn das schönste Blümgen spricht,

Wenn die Hoffnung selbsten bricht,

Vergiß mein nicht.

 

 

4. An seine Marilis, als sie sauer sehen wolte

1.

Ach meine Marilis was hab ich denn gethan?

Weßwegen sihst du mich mit solchen Augen an?

Ist denn die Gunst schon auß, und soll der Augen-Schein,

Der meine Sonne war, nun mein Comete seyn?

 

2.

Was hast du denn darvon, daß sich das Rosen-Feld

Der Wangen also rauh, als wie ein Dornpusch stellt?

Und daß der schöne Mund, der sonst so süsse lacht,

Mir alle Frölichkeit zu lauter nichte macht?

 

3.

Du allerliebstes Kind, wo ist die werthe Hand,

Die sich vor dieser Zeit umb meine Finger wand?

Hat sie mich gnug gedrückt, mein Hertz, und soll ich nun

In deiner Gegenwart nit mehr so...