Der Vampir in meinem Bett

von: Lynsay Sands

LYX, 2013

ISBN: 9783802593543 , 350 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Der Vampir in meinem Bett


 

Prolog

»Ich sehe nicht einen einzigen freien Tisch«, sagte Carolyn und ließ den Blick noch einmal über die gut besuchte Terrasse des Restaurants wandern.

»Wir können uns an die Bar setzen«, meinte ihre Freundin Bethany beiläufig. Als Carolyn nur mürrisch das Gesicht verzog, verdrehte sie die Augen, fasste sie am Arm und zog sie hinter sich her in Richtung Bar. »Wir setzen uns an einen Tisch, sobald einer frei wird. Wir bleiben schließlich nur hier, bis Genie eintrifft und unser Tisch nebenan frei wird.«

»Ja, schon gut.« Schnaubend setzte sich Carolyn auf den Stuhl, auf den Bethany zeigte. Dann schaute sie ein wenig unsicher über die Schulter und betrachtete die jungen Leute, die an den Tischen saßen, etwas tranken, sich unterhielten und lachten. Obwohl die Sonne dem Horizont entgegenstrebte, war es nach wie vor heiß, und die meisten Gäste trugen lässige Shorts oder Sommerkleider. Das hier war eines der nicht so vornehmen Lokale im Resort mit kahlen Holztischen auf schmucklosem Holzfußboden, und die karibische Musik im Hintergrund war so leise, dass sie gegen die Geräuschkulisse aus Stimmen und ausgelassenem Lachen kaum ankommen konnte. Im Gegensatz dazu gehörte das Restaurant nebenan, in dem sie, Beth und Genie gleich zu Abend essen würden, in die Vier-Sterne-Kategorie. Dort gab es ordentliche Tische, Tischdecken, silbernes Besteck, Kerzen und dazu natürlich auch Vier-Sterne-Preise. Dementsprechend hatten sie beide sich auch angezogen, was Carolyn zusätzlich das Gefühl gab, einfach nicht zu diesen viel lässigeren, legeren Leuten zu gehören.

Doch das war nicht das Einzige, was ihr Unbehagen bereitete. Es lag auch an den Gästen an sich. Nicht nur, dass die meisten von ihnen gerade mal halb so alt wie sie selbst zu sein schienen – auch wenn ein paar deutlich ältere darunter waren –, es sah auch so aus, als ob es sich bei ihnen ausnahmslos um Pärchen handelte. Sie und Bethany waren offenbar die einzigen weiblichen Singles in diesem Lokal.

Vermutlich verbrachten die meisten hier ihre Flitterwochen, ging es Carolyn verdrossen durch den Kopf, da ihr weder die verliebten Blicke noch die ständigen Küsse entgingen, die die Pärchen untereinander austauschten. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich seufzend abzuwenden und auf Flaschen zu starren, die hinter der Theke aufgereiht standen. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie nicht einen riesigen Fehler gemacht hatte.

»Was kann ich denn zwei so hübschen Ladys bringen?«

Carolyn stutzte, da der Blick auf die Flaschen plötzlich von einem lächelnden Barkeeper versperrt wurde. Der Mann trug ein weißes Hemd, dazu eine schwarze Hose. Seine Augen gingen zwischen Carolyn und Bethany hin und her, und seine Zähne wirkten durch seine dunkle Haut umso weißer, während er sie strahlend anlächelte.

Überhaupt jeder hier schien zu lächeln. Das musste wohl ansteckend sein, dachte sie und zwang sich dazu, zumindest flüchtig zurückzulächeln. »Ein Glas Weißwein, bitte.«

»Für mich auch«, schloss sich Bethany an. »Und noch zwei Tequila.«

»Tequila?«, fragte Carolyn ungläubig, nachdem der Barkeeper weggegangen war.

»Ja, Tequila. Und den trinken wir, sobald er ihn uns gebracht hat, und dann bestellen wir gleich noch einen!«, gab Bethany entschieden zurück.

Carolyn zögerte. An einem Tequila war sie eigentlich gar nicht interessiert, doch sie entgegnete nur: »Meinst du, dein Magen macht das mit?«

Bethany hatte sich über Magenschmerzen beklagt, seit sie auf dem Flug hierher gegessen hatte. Carolyn hatte sich mit dem gummiartigen Hühnchen begnügt, während ihre Freundin nicht davon abzubringen gewesen war, den Lachs zu bestellen. Seit sie den verspeist hatte, verfluchte sie ihn und ihre Menüwahl.

»Ich hoffe, der Tequila bringt die gehässigen kleinen Parasiten um, die sich in dem Lachs versteckt hatten«, sagte Bethany. »Falls das nicht klappt, wird mir von dem Zeugs ja vielleicht so schlecht, dass ich alles auskotzen muss. Auf jeden Fall wird mir der Tequila helfen, mich schneller von dieser Qual zu befreien.«

Carolyn lachte ungläubig. »Tja, also … ich weiß nicht …«

»Gut, wenn du nichts weißt, dann kannst du ja auch still sein«, fiel Bethany ihr ins Wort. »Und jetzt hör auf, dir über irgendetwas Gedanken zu machen. Ich habe dich hierher mitgenommen, damit du abschaltest und dich entspannst, und damit du nach Gott weiß wie langer Zeit mal wieder ein bisschen Spaß hast. Und genau das wirst du jetzt auch machen, Carolyn Connor, selbst wenn ich dir höchstpersönlich jeden einzelnen Tropfen Alkohol einflößen muss, den es in St. Lucia gibt.«

»Ich bin ja schon entspannt«, widersprach sie prompt.

Bethany stöhnte leise auf. »Schätzchen, du bist in etwa so entspannt wie eine Katze auf dem Weg zum Tierarzt. Komm schon, du hast doch schon vor Jahren vergessen, was das Wort ›relaxen‹ eigentlich bedeutet. Als deine Freundin werde ich dafür sorgen, dass du dich verdammt noch mal entspannst, selbst wenn es uns beide umbringt!«

Carolyn sah sie verdutzt an, dann merkte sie, wie die Anspannung tatsächlich ein wenig von ihr abfiel und ein zögerliches Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. »Was würde ich bloß ohne dich machen?«

»Du würdest dich in deinem Haus einschließen und nur rausgehen, wenn du zur Arbeit musst, bis du irgendwann alt, einsam und verbittert ins Gras beißt.«

Zwar lachte Carolyn über diese Bemerkung, aber es hörte sich nicht gerade amüsiert an, wohl deshalb, weil Bethany vermutlich recht hatte. Ohne ihre Freundin hätte sie sich inzwischen längst eingeschlossen, entweder zu Hause oder in ihrem Büro, wo sie sich so in ihre Arbeit gestürzt hätte, um die letzten zehn Jahre ihres Lebens darüber zu vergessen und so zu tun, als wäre ihr nie das Herz gebrochen worden.

»Also …«, begann Bethany und zog eine Braue hoch. »Dann wird Tante Beth jetzt aus dir wieder einen glücklichen, normalen Menschen machen. Ich verspreche dir, diese Reise wirst du so schnell nicht vergessen. Du wirst Spaß und sogar Sex haben. Es wird die beste Zeit deines Lebens werden.«

»Da möchte ich drauf wetten«, gab Carolyn trocken zurück und spürte, wie sie sich schon wieder leicht verkrampfte. Was sie ganz sicher nicht wollte, war wieder was mit einem Mann anzufangen. Das hatte sie hinter sich, wie ihr Scheidungsanwalt bezeugen konnte. Ihr Blick wanderte zum Barkeeper, als dieser mit zwei Weingläsern sowie zwei Schnapsgläsern mit einer goldgelben Flüssigkeit darin zurückkam.

»Danke«, sagte Bethany gut gelaunt und schob eines der kleinen Gläser zu Carolyn hinüber, hob ihr eigenes hoch und drehte sich auf ihrem Hocker zu ihrer Freundin um. »Also …« Sie hielt inne und sah Carolyn auffordernd an.

Resignierend nahm diese das Glas von der Theke.

»Auf eine tolle Zeit in St. Lucia«, verkündete Bethany und leerte ihr Glas in einem Zug.

Carolyn nippte nur an dem ihren und verzog den Mund, als der Tequila ihre Zungenspitze berührte und höllisch brannte.

Inzwischen hatte Bethany ihr Glas wieder auf die Theke gestellt, schnappte nach Luft und warf ihrer Freundin einen tadelnden Blick zu, weil diese noch immer nicht ausgetrunken hatte. »Runter damit«, befahl sie. »Das hat Dr. Beth so verordnet.«

»Aber …«

»Runter damit«, beharrte sie und umfasste Carolyns Handgelenk, um das Glas wieder an ihren Mund zu führen.

Sie protestierte nicht weiter, sondern kippte den Tequila runter und begann zu husten und zu keuchen, als die Flüssigkeit sich in ihrer Kehle nach unten brannte und ihren Magen zu entflammen schien.

»Gut gemacht«, lobte Bethany und klopfte ihr auf den Rücken. Dann nahm sie ihr das leere Glas ab und stellte es zusammen mit ihrem dem Barkeeper hin. »Das Gleiche noch mal.«

»Beth«, brachte sie krächzend heraus. »Ich habe seit Jahren nichts mehr getrunken, ich …«

»Du hast schon so einiges seit Jahren nicht mehr gemacht«, fiel Carolyn ihr ins Wort, während der Barkeeper nachschenkte. »Und das werden wir alles hier nachholen. Also versuch gar nicht erst, dich dagegen zu sperren. Glaub mir, ich weiß, was gut für dich ist.«

Carolyn schüttelte den Kopf, nahm aber das nun wieder volle Glas entgegen.

Beth stieß mit ihr an und verkündete: »Auf die Freiheit.«

Diesmal schluckte Carolyn den Tequila, ohne sich erst von Beth dazu auffordern zu lassen. Diesmal musste sie auch nicht husten, doch sie vermutete, dass ihre Kehle von der ersten Runde noch betäubt war. Sie musste sich nur leicht räuspern, dann stellte sie klar: »Ich bin aber noch nicht frei.«

»Nichts als Wortklauberei«, tat Bethany ihren Einwand ab und winkte den Barkeeper herbei, damit er noch mal nachfüllte. »Das Schlimmste hast du jetzt hinter dir. Jetzt musst du nur noch abwarten, bis das Gericht den Rest erledigt.«

»So ist es«, murmelte Carolyn, während ihr das nächste volle Glas hingehalten wurde.

Bethany hob ihr Glas und verkündete: »Auf die Hoffnung, dass das Gericht endlich mal ein bisschen schneller arbeitet als üblich.«

Als Carolyn ihr leeres Glas auf die Theke stellte, erklärte sie: »Mir ist das eigentlich egal. Ich hab’s nicht eilig.«

Bei dieser Bemerkung zog Bethany die Brauen zusammen, während sie mit einer Hand dem Barkeeper ein Zeichen gab, die Tequila-Flasche noch nicht wegzustellen. »Ich schwöre dir, ich kriege jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich dich das sagen höre. Dann denke ich immer, du willst die Scheidung...