Michael der Finne - Des Michael Pelzfuß Jugend und merkwürdige Abenteuer, die er bis zum Jahre 1527 in vielen Ländern erlebt hat

von: Mika Waltari

Kuebler Verlag, 2013

ISBN: 9783863461348 , 1400 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 6,99 EUR

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Michael der Finne - Des Michael Pelzfuß Jugend und merkwürdige Abenteuer, die er bis zum Jahre 1527 in vielen Ländern erlebt hat


 

"Hätte ich so einen Jungen, wovor die Heiligen mich behüten mögen, dann würde ich ihn ohne viel Federlesens in die Schule schicken, denn es lässt sich absehen, dass er der einen und alleinseligmachenden Kirche noch zur Ehre gereichen wird. Er hat durchaus das Zeug zu einem Kanonikus oder gar Bischof, denn er kann bereits das Pater noster, Ave Maria und die lateinischen Zahlwörter bis zwanzig mühelos auswendig dahersagen, und viel mehr kann selbst ich nicht."
Er steckte sich eine Weintraube in den Mund und lobte beredt die erfrischende und heilkräftige Wirkung dieser Frucht. Aber Frau Pirjo antwortete:
"Du vergisst, Pater Petrus, dass Michael ein Waisenknabe ist und von unehelicher Abkunft. Einen Bankert und Kind der Hurerei duldet die Kirche in ihren Diensten nicht. Was nutzt ihm seine ganze Gelehrsamkeit, wenn er doch nicht zum Priester geweiht werden kann?"
"Ich an deiner Stelle würde lieber das gelehrte und züchtige Wort 'Bastard' gebrauchen", versetzte Pater Petrus. "Denn ein solches Wort lädt zu den tollsten Vermutungen über seine Abkunft ein, und jeder, der es hört, wird sogleich an alle möglichen adeligen Herren und Legaten denken, die in den vergangenen Jahren in Turku zu Gast waren. Präsentierst du ihn Magister Martin aber bloß als gewöhnlichen Bankert, dann wird er seinen Vater unter Köhlern, Knechten oder kotbespritzten Viehtreibern vermuten und deine Bitte nicht weiter in Betracht ziehen."
"Aber ich kann ihm doch keine Lügen über Michaels Herkunft auftischen", widersprach Frau Pirjo.
"Das ist unverständiges Geschwätz", bemerkte Pater Petrus dazu nur. "Pro primo legen schon die feingeschnittenen Gesichtszüge des Knaben, sein samtweiches Haar, seine kleinen Hände und Füße sowie die Schärfe seines Verstandes wie auch seine Anstelligkeit und sittsames Benehmen nahe, dass er von hohen Herren abstammen muss. Pro secundo handelt es sich dabei nur um eine Bezeichnung, die stets und in allen Fällen lediglich die sündige Frucht eines ganz natürlichen, wenn in diesem Falle auch sündigen Vorganges meint, ein fructus inhonestus et turpis, wenn ich diesen lateinischen Ausdruck benutzen darf, um Euer Schamgefühl nicht zu verletzen - ganz gleich, welchen Standes der natürliche Erzeuger gewesen ist."
Ich befühlte mein Haar, aber es war sehr struppig, und auch waren meine Hände nicht weich, geschweige denn sauber, und als ich verschämt an mir hinabsah, rieb ich mir schnell mit der Fußsohle den Schmutz von meinen Schenkeln.
"Glaube mir, edle und freigiebige Frau Pirjo", sagte Pater Petrus und hielt ihr fordernd seinen Zinnhumpen hin, "sprich unbedingt bei Magister Martin vor! Wenn du ein Stück Tuch vor ihm ausbreitest, groß genug, um daraus einen Mantel zu schneidern und in das du zuvor einen fetten Schweineschinken eingewickelt hast, und wenn du dazu noch verstohlen mit ein paar Silbermünzen klimperst, dann wird er dir sicher sein Ohr leihen, so ungewöhnlich und sonderbar dir dieses Vorgehen auch erscheinen mag. Dann musst du ihm ganz leise und geheimnisvoll ins Ohr flüstern: 'Der Junge ist ein Bastard'. Ich garantiere dir, dann ist seine Neugier geweckt. Und wenn du dann noch mit furchtsamer Stimme sagst, du habest einen schrecklichen und heiligen Eid geschworen, nie etwas über die Herkunft des Jungen preiszugeben, dann wird Magister Martin deinen Michael mit mehr Achtung behandeln als alle seine übrigen Zöglinge, da ja auch der Schweineschinken und die Silbermünzen für ihn sprechen."