Tagebuch eines Vampirs - Seelen der Finsternis - Die Romanvorlage zur Serie

von: Lisa J. Smith

cbt Jugendbücher, 2010

ISBN: 9783641049393 , 608 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 8,99 EUR

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Tagebuch eines Vampirs - Seelen der Finsternis - Die Romanvorlage zur Serie


 

Kapitel Eins


»Liebes Tagebuch«, flüsterte Elena, »so ein Mist! Ich habe dich im Kofferraum liegen lassen und es ist zwei Uhr morgens.« Sie drückte sich einen spitzen Finger auf das von ihrem Nachthemd umhüllte Bein, als hielte sie einen Stift in der Hand und setze einen Punkt. Dann lehnte sie die Stirn an die Fensterscheibe und flüsterte noch leiser: »Und ich habe Angst rauszugehen – in die Dunkelheit –, um dich zu holen. Ich habe Angst!« Sie stieß sich noch einmal mit dem Finger auf ihren Oberschenkel, und als sie spürte, dass ihr Tränen über die Wangen rannen, schaltete sie ihr Handy widerstrebend auf Aufnahme. Es war eine unvernünftige Akkuverschwendung, aber sie konnte nicht anders. Sie brauchte das.

»Also, hier bin ich«, sagte sie leise. »Ich sitze auf dem Rücksitz des Jaguars. Dies muss mein Tagebucheintrag für heute sein. Übrigens, wir haben eine Regel für diese Reise aufgestellt – ich schlafe auf der Rückbank und für Matt und Damon heißt es hinaus in die Natur. Im Moment ist es draußen so dunkel, dass ich Matt nirgendwo sehen kann … Und ich war drauf und dran, verrückt zu werden – habe geweint und mich verloren gefühlt –, und ich habe solche Sehnsucht nach Stefano …

Wir müssen den Jaguar loswerden – er ist zu groß, zu rot, zu protzig und zu auffällig, da wir gerade versuchen, nicht aufzufallen, während wir an den Ort reisen, an dem ich Stefano befreien kann. Wenn der Wagen verkauft ist, wird der Anhänger aus Lapislazuli und Diamant, den Stefano mir geschenkt hat, das Kostbarste sein, das mir geblieben ist. Stefano … der überlistet wurde, weil er dachte, er könne wieder ein gewöhnliches menschliches Wesen werden. Und jetzt …

Wie kann ich aufhören, darüber nachzudenken, was sie ihm womöglich in ebendieser Sekunde antun, wer immer ›sie auch sind? Wahrscheinlich die Kitsune, die bösen Fuchsgeister in dem Gefängnis, das Shi no Shi genannt wird.«

Elena hielt inne, um sich mit dem Ärmel ihres Nachthemds die Nase abzuwischen.

»Wie bin ich bloß in diese Situation geraten?« Sie schüttelte den Kopf und schlug mit der geballten Faust gegen die Rückenlehne.

»Wenn ich das herausfinden könnte, könnte ich mir vielleicht einen Plan A zurechtlegen. Ich habe immer einen Plan A. Und meine Freunde haben immer einen Plan B und C, um mir zu helfen.« Elena blinzelte, um beim Gedanken an Bonnie und Meredith die Tränen zurückzuhalten. »Aber jetzt habe ich Angst, dass ich sie nie wiedersehen werde. Und ich habe Angst um Fell’s Church, um die ganze Stadt.«

Einen Moment lang saß sie einfach da, die geballte Faust auf dem Knie. Eine leise Stimme in ihr sagte: »Also, hör auf zu jammern, Elena, und denk nach. Denk nach. Fang am Anfang an.«

Der Anfang? Was war der Anfang gewesen? Stefano?

Nein. Sie hatte schon in Fell’s Church gelebt, lange bevor Stefano gekommen war.

Langsam, beinahe träumerisch, sprach sie in ihr Handy. »Zunächst einmal: Wer bin ich? Ich bin Elena Gilbert, achtzehn Jahre alt.« Noch langsamer fügte sie hinzu: »Ich denke nicht, dass es eitel wäre, wenn ich sage, dass ich schön bin. Nur, wenn ich nie in einen Spiegel geschaut oder ein Kompliment gehört hätte, könnte ich so tun, als wüsste ich das nicht. Es ist nichts, worauf ich stolz sein sollte – es ist einfach etwas, das von Mom und Dad an mich weitergegeben wurde.

Wie sehe ich aus? Ich habe blondes Haar, das mir in Wellen über die Schulter fällt, und blaue Augen, die manche Leute schon mit Lapislazuli verglichen haben: dunkelblau mit goldenen Einsprengseln.« Sie stieß ein halb ersticktes Lachen aus. »Vielleicht ist das der Grund, warum Vampire mich mögen.«

Dann wurden ihre Lippen schmal, und während sie in die absolute Schwärze hinausstarrte, sprach sie ernst weiter.

»Eine Menge Jungs haben mich schon als engelsgleiches und schönstes Mädchen auf der Welt beschrieben. Und ich habe mit ihnen gespielt. Ich habe sie benutzt – weil ich mich gern begehrt fühlte, zu meiner Unterhaltung, zu welchen Zwecken auch immer. Ich bin ehrlich, okay? Ich habe sie als Spielzeuge oder Trophäen betrachtet.« Sie hielt inne. »Aber da war noch etwas anderes. Etwas, von dem ich mein ganzes Leben lang wusste, dass es kommen würde – aber ich wusste nicht, was es war. Ich hatte das Gefühl, nach etwas zu suchen, das ich bei Jungs niemals finden konnte. Keine meiner Intrigen oder Spielchen mit ihnen haben jemals mein … tiefstes Herz … berührt, bis ein ganz spezieller Junge kam.« Sie brach ab, schluckte und wiederholte es. »Ein ganz spezieller Junge. Sein Name war Stefano.

Und es stellte sich heraus, dass er nicht das war, wonach er aussah, nämlich ein normaler – aber unglaublich gut aussehender – Highschool-Schüler mit wirrem dunklem Haar und smaragdgrünen Augen.

Stefano Salvatore entpuppte sich als Vampir.

Als ein echter Vampir.«

Elena musste innehalten, um einige Male erstickt Luft zu holen, bevor sie die nächsten Worte herausbringen konnte.

»Und bei seinem faszinierenden älteren Bruder, Damon, verhält es sich genauso.«

Sie biss sich auf die Lippen, und es schien eine lange Zeit zu vergehen, bis sie hinzufügte: »Hätte ich mich in Stefano verliebt, wenn ich von Anfang an gewusst hätte, dass er ein Vampir war? Ja! Ja! Ja! Ich hätte mich in ihn verliebt, ganz gleich, wer oder was er war! Aber es hat die Dinge verändert – und es hat mich verändert.« Elena zeichnete mit dem Finger ein Muster auf ihr Nachthemd. »Es ist nämlich so … Vampire zeigen Liebe, indem sie Blut austauschen. Das Problem war … dass ich auch mit Damon Blut getauscht habe. Nicht weil ich es mir wirklich so ausgesucht hätte, sondern weil er ständig hinter mir her war, Tag und Nacht.«

Sie stieß einen Seufzer aus. »Was Damon sagt, ist Folgendes: Er will mich zu einem Vampir und zu seiner Prinzessin der Nacht machen. Was wiederum bedeutet, dass er mich ganz für sich allein will. Aber ich würde Damon in keinem Punkt vertrauen, es sei denn, er gäbe mir sein Wort. Das ist eine Marotte von ihm, er bricht niemals sein Wort.«

Elena spürte, wie sich ihre Lippen zu einem seltsamen Lächeln verzogen, aber sie sprach jetzt gelassen und flüssig und das Handy war beinahe vergessen.

»Ein Mädchen, das sich mit zwei Vampiren eingelassen hat … Nun, da muss es einfach Ärger geben, oder? Also habe ich vielleicht verdient, was ich bekommen habe.

Ich bin gestorben.

Nicht nur ›gestorben in dem Sinne, dass das Herz stehen bleibt und man wiederbelebt wird und zurückkehrt, um darüber zu berichten, dass man beinahe in das Licht hineingegangen sei. Ich bin in das Licht gegangen.

Ich bin gestorben.

Und als ich zurückkam – was für eine Überraschung! –, war ich ein Vampir.

Damon war … nett zu mir, nehme ich an, als ich zum ersten Mal als Vampir erwachte. Vielleicht ist das der Grund, warum ich immer noch etwas für ihn … empfinde. Er hat meine Situation nicht ausgenutzt, als er das ohne Weiteres hätte tun können.

Aber ich hatte in meinem Vampirleben nur Zeit für einige wenige Dinge. Ich hatte Zeit, mich an Stefano zu erinnern und ihn mehr denn je zu lieben – da ich damals begriff, wie schwierig alles für ihn war. Ich musste mir meinen eigenen Gedenkgottesdienst anhören. Ha! Alle sollten eine Chance bekommen, das zu tun. Ich habe gelernt, immer, immer einen Lapislazuli zu tragen, damit ich kein vampirischer Backschinken würde. Ich hatte Gelegenheit, mich von Margaret, meiner kleinen Schwester, zu verabschieden und Bonnie und Meredith zu besuchen …«

Noch immer rannen Elena beinahe unbemerkt Tränen über die Wangen. Aber sie sprach leise weiter.

»Und dann – bin ich noch mal gestorben.

Ich bin gestorben, wie ein Vampir stirbt, wenn er im Sonnenlicht keinen Lapislazuli trägt. Ich bin zwar nicht zu Staub zerbröselt; ich war erst siebzehn Jahre alt. Aber die Sonne hat mich trotzdem vergiftet. Das Sterben war beinahe … friedlich. Das war der Moment, in dem ich Stefano das Versprechen abgenommen habe, sich um Damon zu kümmern, immer. Und ich denke, im Geiste hat Damon geschworen, sich seinerseits um Stefano zu kümmern. Und so bin ich gestorben, in Stefanos Armen, während Damon neben mir saß, bin ich einfach weggedämmert, als schliefe ich ein.

Danach hatte ich Träume, an die ich mich nicht erinnern kann, und dann waren eines Tages plötzlich alle überrascht, weil ich über Bonnie mit ihnen redete. Bonnie hat eine ausgeprägte hellseherische Gabe, das arme Ding. Ich schätze, mir war der Job zugefallen, der Schutzgeist von Fell’s Church zu werden. Die Stadt war in Gefahr. Die Leute mussten dagegen kämpfen, und als alle schon sicher waren, den Kampf verloren zu haben, bin ich irgendwie in die Welt der Lebenden zurückgekehrt, um zu helfen,...