Blind Date mit einem Vampir

von: Katie MacAlister

LYX, 2011

ISBN: 9783802588150 , 480 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Blind Date mit einem Vampir


 

 

1


„Wenn ich Gin trinke, habe ich immer die genialsten Ideen.“

„Nein, Joy, du glaubst nur, dass du geniale Ideen hast, wenn du Gin trinkst. Gin macht dich betrunken. Schokolade ist gut fürs Gehirn!“

Ich betrachtete in der Verandatür das Spiegelbild der dunkelhaarigen Frau, die in dem Kreis aus brennenden Kerzen neben mir saß, und schüttelte ernst den Kopf, um über besagte Trunkenheit hinwegzutäuschen. Mein Spiegelbild sah jedoch so aus, als wollte es mich warnen. Ich beschloss, die Mahnung ernst zu nehmen, und stellte mein Glas ab. „Schokolade ist für vieles gut, vor allem für breite Hüften, aber Gin macht mich wirklich zu einem Genie.“

Unsere Gastgeberin, die durch den Raum wandelte und noch mehr Duftkerzen anzündete, blieb nun stehen und zog eine Augenbraue hoch, als unsere gemeinsame Freundin vor Lachen in ihren Wodka-Martini prustete.

„Keine weiteren alkoholischen Trankopfer, Roxanne!“, sagte Miranda, bevor sie die letzte Kerze anzündete und sich uns gegenüber auf einen Teppich mit grau-grünem Blättermuster sinken ließ. „Wenn du besoffen bist, lässt die Göttin dir ihren Segen nicht zuteilwerden! Was hast du denn für geniale Ideen, Joy?“

Ich fingerte den Zitronenschnitz aus meinem Glas, biss in das gingetränkte Fruchtfleisch und beklagte im Geiste meine amazonenhafte Statur, während Miranda mit der Anmut einer Gazelle, die von Geburt an Ballettunterricht nahm, ihre langen schlanken Beine in den Lotossitz faltete. Es waren meine verdammten Wikingergene, denen ich es zu verdanken hatte, dass ich die meisten Frauen und auch viele Männer überragte. „Also, was Roxys Plan angeht, uns zwei leckere Jungs zu suchen … Nach reiflicher Überlegung und vielen, vielen brillanten gininspirierten Gedanken habe ich beschlossen, dir zu gestatten, deiner Göttin meinen Fall vorzutragen. Wenn sie geneigt ist, mir den Weg zu einem Mann zu zeigen, der sich als der Inbegriff alles wahrhaft Männlichen und Guten erweist, dann werde ich mich an ihren Rat halten. Das ist, kurz gesagt, meine geniale Idee.“

Roxanne prustete erneut in ihr Glas. „Mit anderen Worten: Du hast wieder mal mit Bradley Schluss gemacht!“

Nun ja, mein Langzeit-und-immer-wieder-Exfreund hatte viele Qualitäten: Er war treu, geduldig und optimistisch und hatte ein sonniges Gemüt. „Das Problem an Bradley ist, dass er einfach nicht der Richtige ist – der Mann, der mein Herz zum Rasen bringt, sobald er in meiner Nähe ist; der Mann, der mich an so wunderbare Dinge wie Liebe auf den ersten Blick glauben lässt. Er ist eben … Bradley.“

„Genau meine Meinung, Joy! Du bist so festgefahren, dass du dich nicht dazu überwinden kannst, nach einem Mann zu suchen, der deiner würdig ist – jemand, der ganz anders ist als dieser alte Muffelkopf Bradley Barlow, der ja nicht mal weiß, was Erregung überhaupt bedeutet!“

Roxys abschätziger Unterton ging mir gehörig gegen den Strich. Ich kannte sie seit unserer Kindergartenzeit, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie ungestraft mit jedem abfälligen Kommentar davonkam. „Du musst gerade den Mund aufmachen, Fräulein ‚Immer noch Jungfrau mit vierundzwanzig‘! Was du über Beziehungen weißt, könnte man problemlos auf den Kopf eines Vibrators schreiben.“

Roxy verschluckte sich und der Martini sprudelte ihr aus der Nase.

„Dich kann man auch nirgendwohin mitnehmen“, schimpfte ich und wischte den vergeudeten Drink auf. Roxy hatte ihre komplette Jeans bekleckert und den hübschen Holzboden, auf dem wir saßen.

„Verflixt noch mal!“, keuchte sie, hustete und putzte sich die Nase. Dann nahm sie den Lappen, den Miranda ihr schweigend hinhielt, und tupfte sich das T-Shirt ab, bevor sie mich mit rot geränderten Augen anfunkelte. „Mach so etwas nie wieder!“

„Sorry, das liegt am Gin. Ich habe ja gesagt, der verleiht mir Genialität.“

„Das nennst du also genial?“

Ich streckte ihr die Zunge heraus.

Roxys Blick verfinsterte sich. „Um auf das zurückzukommen, was ich sagte, bevor du so rüde auf Hilfsmittel zur sexuellen Stimulation zu sprechen kamst – die ich im Gegensatz zu anderen Leuten, die ich hier erwähnen könnte, weder besitze noch brauche, noch jemals zu benutzen gedenke … Jedenfalls möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich einfach für jemanden aufsparen will, der mir wichtig ist!“ Sie hielt inne, um sich erneut zu schnäuzen. „Ich hoffe, du erkennst den Unterschied zwischen mir – mit meinem verantwortungsvollen, wenn auch sehr optimistischen Realismus in Bezug auf den Mann, der einmal mein zukünftiger Ehemann werden soll – und dir, die du dich für einen Typen entschieden hast, der nur zu gebrauchen ist für einen guten Fi…“

„Meine Damen!“, rief Miranda aufgebracht. „Ich weigere mich, euch zu helfen, wenn ihr ständig streitet. Ehrlich gesagt ist mir nicht klar, wie ihr euch beste Freundinnen nennen könnt, aber dessen ungeachtet dulde ich keine Zankereien in meinem Haus. Die Göttin ist sehr ungnädig, was Eifersüchteleien und Feindseligkeiten angeht, Roxanne. Und da du um die Hilfe der Göttin gebeten hast, solltest du auch reumütig mit reinem Herzen und reiner Seele vor sie treten.“

Ich grinste Roxy selbstgefällig an. Sie ignorierte mich jedoch und bemühte sich, den störrischen Ausdruck aus ihrem Gesicht zu vertreiben. „Tut mir leid“, murmelte sie, faltete die Hände und senkte den Blick mit einer Miene, aus der Demut und Reue sprachen.

„Für dich gilt das Gleiche!“ Miranda sah mich missbilligend an. Ich riss unschuldig die Augen auf, um jegliches Fehlverhalten von mir zu weisen, aber es war schwer, die Wahrheit zu verschleiern, wenn einen Miranda mit ihren unheimlichen hellgrauen Augen anstarrte.

„Ich bin nicht gekommen, weil ich verzweifelt darauf hoffe, dass du einen Mann für mich findest“, bemerkte ich so würdevoll wie möglich. „Roxy hat mich angefleht mitzukommen.“

„Habe ich gar nicht!“, fuhr Roxy auf und von Demut war keine Spur mehr. „Nachdem du aus eigener Kraft nicht von Bradley loszukommen scheinst, habe ich nur gesagt, dass es nicht schaden kann, die Göttin nach etwas Besserem für dich suchen zu lassen. Herr im Himmel, du müsstest wirklich dankbar sein für diese Chance, deinen wahren Seelenverwandten zu finden, denn die meisten Leute haben nicht so ein Glück!“

Ich öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, doch in diesem Moment wurde ich auf einen ziemlich dicken schwarzen Kater mit weißen Schnurrhaaren und einer weißen Pfote aufmerksam, der sich träge von einem gepolsterten Rattansessel erhob. Ich streckte meine nach Zitrone riechende Hand nach ihm aus, aber der Kater wandte sich nur höhnisch und voller königlicher Verachtung ab und stolzierte zu Miranda hinüber.

„Wenn du meinst …“ Ich tat den Kommentar meiner Freundin mit einem Schulterzucken ab und sagte mir, dass der Abend schneller verstreichen würde, wenn ich meine Skepsis für mich behielt. Ich glaubte eigentlich nicht an den ganzen Hokuspokus, den Miranda mit ihren Zaubersprüchen und Beschwörungen der Göttin veranstaltete, aber andererseits waren in ihrer Gegenwart schon ein paar Dinge passiert, die sich nicht so leicht erklären ließen.

Roxy glaubte jedoch felsenfest daran, und obwohl sie es jetzt abstritt, hatte sie mich sehr wohl darum gebeten, sie zu begleiten. Ich fand, es war das Mindeste, was ich für jemanden tun konnte, der mit mir durch dick und dünn gegangen war. „Miranda, meinst du nicht, es wird höchste Zeit, Davide mal auf Diät zu setzen? Er ist fast so dick wie der Rottweiler meiner Nachbarn!“

„Wir können anfangen.“ Miranda brachte mich mit einem wütenden Blick zum Schweigen und sah auch Roxy warnend an. Dann schloss sie die Augen, begann, tief ein- und auszuatmen, und summte dabei leise vor sich hin. Eine leichte Brise wehte zum Fenster herein und verteilte den vertrauten Kräuterduft von Mirandas Beschwörungskerzen im Raum. Schuldbewusst rief ich mir in Erinnerung, dass ich meinen Geist öffnen und zugänglich machen sollte, atmete tief durch und summte ein Weilchen vor mich hin, bis ich es leid war, die Gedanken zu vertreiben, die mir unaufhörlich durch den Kopf gingen, obwohl er eigentlich leer sein sollte wie eine Leinwand, bereit für die schwungvollen Pinselstriche des Schicksals – oder wie auch immer Roxy Mirandas Anweisungen interpretiert hatte. Ich erinnerte mich nicht mehr so gut daran, denn dieser Teil des Gesprächs hatte vor dem Gin-Tonic-Part stattgefunden. Statt also meinen Kopf zu leeren, beobachtete ich Davide, der begonnen hatte, sich ausgiebig zu putzen.

„Wirklich witzig, dass du eine schwarze Katze hast.“

Roxy, die Miranda nachgeeifert hatte, öffnete ein Auge und schaute in Davides Richtung. „Was ist witzig daran, dass sie eine schwarze Katze hat?“

Miranda murmelte unverständliche Worte vor sich hin und schwankte leicht, während ihre Stimme lauter und wieder leiser wurde. „Weil sie eine Hexe ist, Blödi!“, sagte ich laut, um die Beschwörung der Göttin zu übertönen. „Ich glaube gar nicht mal, dass die meisten Hexen eine schwarze Katze haben wollen, aber man muss schon zugeben, dass Davide perfekt ins Bild passt.“

Mirandas Gemurmel wurde lauter, aber sie hielt die Augen weiter fest geschlossen.

Roxy streifte sie mit einem besorgten Blick, beugte sich vor und raunte mir zu: „Ich glaube, das Wort ‚Hexe‘ hört sie nicht so gern, Joy. Heute sagt man Wicca-Priesterin.“

„Warum?“, erwiderte ich im Flüsterton. „Was ist denn an ‚Hexe‘ nicht in Ordnung?“

Roxy setzte sich wieder gerade hin und...