Perry Rhodan 12: Der Anti (Silberband) - 6. Band des Zyklus 'Altan und Arkon'

von: Clark Darlton, William Voltz, K.H. Scheer, Kurt Brand

Perry Rhodan digital, 2011

ISBN: 9783845330112 , 416 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Perry Rhodan 12: Der Anti (Silberband) - 6. Band des Zyklus 'Altan und Arkon'


 

2.


 

 

Die gigantische Metallkugel trieb durch die Unendlichkeit des Universums. Wenn man ihren Kurs zurückverfolgte, führte er hinein in das Gewimmel des galaktischen Zentrums, wo die Sterne dichter zusammenstanden und eine genaue Ortsbestimmung nahezu unmöglich machten. Verfolgte man ihn aber nach vorn, so endete er in der trostlosen Öde am Rand der Milchstraße. Doch die Kugel würde diesen Rand erst in einigen Jahrzehntausenden erreichen, wenn sie die bisherige Geschwindigkeit beibehielt.

Sie war nicht nur gigantisch, sondern auch künstlichen Ursprungs.

Im ersten Augenblick hätte man meinen können, einen kleinen Planeten vor sich zu haben, aber bei näherer Betrachtung erwies sich dieser Eindruck als falsch. Die Kugel war ein künstliches Gebilde, von denkenden Wesen konstruiert und in Fahrt gebracht.

Und, wie es schien, auch von intelligenten Lebewesen bemannt.

Hinter erleuchteten Bullaugen konnte ein Betrachter hin und wieder sich bewegende Schatten beobachten. Diese Schatten besaßen durchaus humanoide Formen, was darauf schließen ließ, dass Menschen das Innere der Kugel bevölkerten.

Die Kugel war ein Raumschiff.

Ein Schiff allerdings, das einen Durchmesser von anderthalb Kilometern besaß und sicherlich ein paar tausend Menschen Platz bot.

Unbeirrt zog es seine Bahn, unberührt von allen Ereignissen, die sich auf den Tausenden von bewohnten Planeten abspielten, die in der jeweiligen Nachbarschaft lagen. Die ständig eingeschalteten Strahlbrech-Felder verhinderten eine elektronische Entdeckung aus der Ferne, und kein umherstreifendes Schiff irgendeiner Rasse entdeckte den Wanderer, der seinem unbekannten Ziel entgegenflog.

Es gab niemand, der jemals in das Innere des geheimnisvollen Geisterschiffs geschaut hatte – außer jenen, die in ihm waren. Sie aber wiederum kannten nur das Innere und wussten nicht, was außerhalb der metallenen Wände vor sich ging. Sicher, sie sahen die langsam vorüberziehenden Sterne, aber sie gehörten zu ihrem Dasein. Die ewige Schwärze des Alls war ihr Tag, und die funkelnden Sonnen waren ihre ständigen Begleiter.

So riesig groß die Kugel aber auch sein mochte, gemessen an der Unendlichkeit des Universums war sie nichts als ein winziges Staubkorn, das einsam und unentdeckt seine vorgeschriebene Bahn zog, bis es eines Tages von der Ewigkeit verschluckt würde.

Niemand würde es jemals vermissen ...

Maschinist Sieben beendete seine Arbeitsschicht und machte sich auf den Weg in sein Wohnquartier. Er wurde von Maschinist Vier abgelöst, einem kräftig gebauten Burschen, der kaum ein Wort sprach und mit dem daher nichts anzufangen war. Maschinist Sieben liebte eine kurze Plauderstunde zwischen den Arbeitsschichten, aber Vier war kein dankbares Objekt für derartige Unternehmungen.

Missmutig schlenderte M-7 durch den schmalen Gang, bis er den Antigravlift erreichte. Ohne zu zögern, trat er hinein in den schwarzen Schacht und wurde sofort von der sanften Aufwärtsströmung erfasst, die ihn mit nach oben nahm. Sekunden später gesellte sich ein anderer Mann zu ihm.

M-7 kannte den Mann. Es war einer der Ärzte, die das Personal zu betreuen hatten. Wenn er sich nicht irrte, war es Arzt Drei, ein an sich freundlicher und umgänglicher Mann, zumindest wenn man als Kranker seiner Obhut unterstellt war.

Maschinist Sieben bedauerte es fast, jetzt nicht krank zu sein.

»Finden Sie die Luft heute nicht stickiger als sonst?«, erkundigte er sich vorsichtig, um ein Gespräch in Gang zu bringen. »Ich meine, es wäre wärmer als sonst.«

»Einbildung«, antwortete der Arzt kurz angebunden. Er schien nicht dazu aufgelegt, sich mit dem Maschinisten zu unterhalten. Aber M-7 gab nicht so schnell auf.

»Wie man sich täuschen kann ...«, entgegnete er und benutzte nun die übliche Abkürzung des Namens, der aus Berufsbezeichnung und Nummerierung bestand. »Vielleicht bin ich auch krank.«

A-3 betrachtete M-7 mit einem abschätzenden Blick, dann schüttelte er den Kopf. »Warum sollten Sie krank sein? Wenn Sie das Gefühl haben, melden Sie sich bei Ihrer Sektion krank und kommen anschließend zu mir. Wir werden dann schon sehen ...«

»Krank melden?« M-7 schien erschrocken. »Nur um ...«

Er stockte. Fast hätte er zuviel gesagt. Er konnte doch dem Arzt nicht verraten, dass er nur Sehnsucht danach hatte, sich mit jemandem auszusprechen. Seine Welt bestand nur aus Fragen, die niemals beantwortet wurden. Sicher, auch der Arzt würde die gesuchten Antworten nicht geben können, aber es wäre doch immerhin interessant zu erfahren, ob er sich die gleichen Fragen stellte.

»Nur um – was?«

M-7 zuckte mit den Schultern.

»Nichts«, sagte er knapp und sprang aus dem Lift. Es machte ihm nichts aus, dass er den falschen Korridor erwischt hatte, wenn er nur den forschenden und misstrauischen Blicken des Arztes entgehen konnte. Er sah die Beine von A-3 nach oben verschwinden und wartete zwei Minuten. Dann trat er erneut in den Lift und erreichte zehn Minuten später seine Wohnkabine, die er mit M-4 teilte, den er nur selten zu Gesicht bekam. Meist hatten sie unterschiedliche Arbeitsschichten, aber wenn sie wirklich einmal beide gleichzeitig frei hatten, lag M-4 untätig auf seinem Bett und ließ sich auf keine Diskussionen ein.

M-7 seufzte, wusch sich und legte sich dann hin.

Warum lebte er eigentlich?

 

Der Kommandant saß einsam in seiner Kabine.

Der kräftig gebaute Körper war ein wenig nach vorn gebeugt und verriet so sein Alter. Dieser Eindruck wurde durch die schneeweißen Haare erhöht, die das schmale und ovalgeformte Gesicht umrahmten, in dem zwei rötlich schimmernde Augen und eine fast frauliche Nase über dem engen Mund standen. Das Kinn war energisch und verriet ungewohnte Tatkraft, aber die weichen Linien um den Mund sprachen wiederum vom Gegenteil.

Die Hände des Kommandanten ruhten auf einem dünnen Stapel hauchfeiner Plastikakten, als wollten sie dafür sorgen, dass sie ihm niemand wegnahm. Ausgestreckt reichten die Füße fast bis zur anderen Seite des Metalltischs, der mit dem Boden verschraubt war. Lediglich der leichte Sessel konnte verrückt werden.

Die eine Wand bestand aus durchsichtigem Material und gab den Blick in den Weltraum frei. Zwei andere Wände waren mit technischen Kommandoinstrumenten bedeckt – den ganzen Reihen kleiner Bildschirme, Schalttafeln, Hebeln und Skalen. Dazu Stellknöpfe, Regulatoren und Nachrichtengeräte. In der vierten Wand waren lediglich zwei Türen. Eine davon führte in den Raum, den niemand außer dem Kommandanten betreten durfte.

Er sah auf, als ein leises Summen ertönte und der oberste linke Bildschirm aufleuchtete. Müde nickte er, erhob sich und drehte an dem Knopf, der unter dem Schirm zu sehen war. Sofort materialisierte darauf das Gesicht eines Mannes, der trotz der ebenfalls weißen Haare noch jung und frisch wirkte. Energische Gesichtszüge verrieten die Freude an schnellen Entschlüssen, und die farblosen Augen besaßen eine Schärfe, die jeden Gegner zur Vorsicht gemahnt hätte.

»Warum stören Sie mich, Offizier Eins?«

Der Mann auf dem Bildschirm verzog keine Miene.

»Ich muss mit Ihnen sprechen, K-Eins«, sagte er kurz. »Es ist wichtig«, fügte er hinzu.

Der Kommandant seufzte.

»Ich weiß, was Sie wollen.« Er nickte resigniert. »Warum hat die Jugend nie Zeit, bis sie dran ist? Ich weiß, dass meine Zeit fast abgelaufen ist, aber warum diese Eile, O-Eins? Sie sind mein Nachfolger ...«

»Ich merke kaum etwas davon«, gab der andere zornig zurück. »Wie soll das Junge sich entfalten können, wenn das Alte ihm keine Gelegenheit dazu gibt?«

Der Kommandant lächelte. »Entfalten, O-Eins? Sie wollen sich entfalten? Wenn Sie wüssten ...«

»Ich will es ja wissen! Also – haben Sie Zeit für mich?«

Der Kommandant schüttelte den Kopf. »Noch nicht, O-Eins. Ich werde Sie benachrichtigen, wenn es soweit ist. Sie ahnen nicht, nach welcher Verantwortung Sie drängen. Wenn Sie erst einmal an meinem Platz sitzen werden, werden Sie Ihre Voreiligkeit bereuen. Wer an meinem Platz sitzt, wird zum einsamsten Geschöpf der Welt.«

»Niemand kann einsamer sein als der, der sich freiwillig von den anderen abschließt. Und das tun Sie, Kommandant.«

»Sie werden es nicht anders machen, weil Ihnen keine Wahl bleibt. Eines Tages werden Sie mich schon verstehen, bis dahin gedulden Sie sich, bitte. Ich warne Sie, O-Eins! Jedes Drängen kann verhängnisvoll für Sie werden. Die Zeit ist noch nicht gekommen ...«

Der junge Mann auf dem Bildschirm nickte grimmig. »Bestimmen Sie es, wann die Zeit gekommen ist?«

Jetzt lächelte der Kommandant matt. »Nehmen Sie ruhig an, dass ich es bestimme – Ihr Gewissen wird dann nicht unnötig belastet. Die Wahrheit werden Sie erst dann erfahren, wenn Sie an meiner Stelle sitzen.« Er sah auf die Uhr über der Kontrolltafel. »Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich habe zu tun.«

Der Bildschirm erlosch jäh, ehe der Offizier antworten konnte.

Der Kommandant ließ sich wieder hinter dem Tisch nieder und stützte den Kopf in die Hände, als sei dieser plötzlich zu schwer geworden. Ganz in seinem Innern konnte er den jungen Offizier verstehen, der zu seinem Nachfolger bestimmt worden war. Aber das Reglement verbot jede Ausnahme bei der Strafe des Todes durch den Konverter. Der Nachfolger hatte zu warten, bis das Zeichen gegeben wurde. Dann erst durfte er sein Amt antreten, damit es nur immer einen Träger des Geheimnisses gab.

Ich muss so und so sterben, dachte der...