John Sinclair 655 - Der Fund

von: Jason Dark

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2010

ISBN: 9783838702605 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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John Sinclair 655 - Der Fund


 

* * * (S. 8-9)

Vlad Dracula hatte in seinem Reich ähnliche Fallgruben errichten und sie mit angespitzen Pfählen spicken lassen, das wußte ich aus der Geschichte, doch hier befanden wir uns nicht in Rumänien, sondern in England, und die Grube war auch nicht mit angespitzten Pfählen gefüllt, sondern mit feuchtem Laub, das sich zwischen den Pfützen auf dem Boden verteilte und meinen Aufprall dämpfte. Dennoch spürte ich ihn überall, und in meinem Kopf zuckten Blitze auf, als ich mit der Stirn gegen die Wand schlug.

Es war ein Aufprall, als hätte mir jemand einen Sandsack vor den Kopf gehauen, ich rollte mich zur Seite und blieb in den folgenden Sekunden liegen. Auch deshalb, weil ich nachhorchen wollte, ob sich irgendwelche Schmerzzentren in meinem Körper meldeten. Das geschah nicht. Ich hatte mir weder etwas gestaut, noch geprellt, trotz des verhältnismäßig tiefen Falls, der hinter mir lag, denn den Rand der Grube konnte ich auch nicht erreichen, wenn ich die Arme ausstreckte und sprang. Also blieb ich hocken und verfluchte den Umstand, in die Falle gelaufen zu sein.

Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit diesem alten Waldläufertrick, der schon von Jungen angewendet wurde, wenn sie Cowboy und Indianer spielten. Grundlos hatte man diese Fallgrube nicht angelegt. Auch der Förster hatte mich vor ihr nicht gewarnt. Sicherlich aus Unkenntnis. Wahrscheinlich war die Grube erst in der letzten Zeit ausgehoben worden. Die Tatsache, daß Sie überhaupt existierte, ließ darauf schließen, daß sich innerhalb dieses Waldes etwas tat.

Er war nur äußerlich so ruhig und still. Tatsächlich spielte sich hinter den Kulissen etwas ab, das für Fremde nicht einsehbar sein sollte. Nun, ein Weltuntergang war mein Fall in die Grube nicht. Auch wenn ich aus eigner Kraft die Falle nur schwerlich verlassen konnte, ich konnte Hilfe herbeiholen. Da mußte Suko seinen Platz eben verlassen. Ich wollte das flache Gerät wieder aus der Tasche holen und spürte schon beim ersten Anfassen, daß sich daran etwas verändert hatte.

Mit dem Kunststoff stimmte einiges nicht. Er war längst nicht mehr so glatt wie zuvor. An den Seiten gesprungen, und Sekunden später sah ich die ganze Bescherung. Das Ding taugte nichts mehr. Ich konnte es wegwerfen, denn beim Fallen war ich zur Seite gerutscht und ausgerechnet auf das Gerät gefallen. Meinem Gewicht hatte es nicht widerstehen können. Was in seinem Inneren zu Bruch gegangen war, konnte ich auf die schnelle nicht herausfinden, jedenfalls war es nicht mehr zu gebrauchen. Eine Hoffnung war dahin. Ich fing an, mir Sorgen zu machen, stand auf, reckte die Arme, federte in den Knien durch und versuchte es mit dem ersten kräftigen Sprung. Es mußte für einen Beobachter lächerlich aussehen, wie ich zwar in die Höhe kam, aber keinen Erfolg hatte. Unterhalb des Randes klatschten meine Handflächen gegen die feuchte Innenwand der Fallgrube, und da war es vorbei mit der Herrlichkeit. Ich rutschte zurück und fluchte zunächst wie ein Fuhrmann, aber leiser. Man hatte mich verdammt raffiniert außer Gefecht gesetzt. Doch wer steckte dahinter? Bisher hatte ich keine Gestalt gesehen, die durch den Wald schlich, ging allerdings davon aus, daß man mich unter Kontrolle gehalten hatte. Wenn das stimmte, würde ich sicherlich nicht lange zu warten brauchen, bis meine Gegner auftauchten. Zum Glück war ich nicht wehrlos. Neben meinem Dolch und dem Kreuz trug ich die mit geweihten Silberkugeln geladene Beretta bei mir. Damit würde ich mir schon einigen Ärger vom Leib halten, das stand fest. Natürlich begann wieder die Warterei. Wer immer meine Gegner waren, sie konnten mich schmoren lassen. Mir würde die Zeit länger vorkommen als ihnen. Ich hatte keine Lust, in diesem verdammten Loch, in das ich hineingefallen war wie ein Anfänger, lange hockenzubleiben. Irgendwie mußte es mir doch gelingen, hier rauszukommen. An die Rückwand gelehnt, schaute ich schräg in die Höhe, wo sich über mir der rechteckige Rand abzeichnete. Ein unheimlich wirkender Ausschnitt, der von dünnen Nebelfetzen umschmeichelt wurde, die wie sanfte Wattebäusche auch über die Öffnung hinwegtrieben und nicht in die Fallgrube hineindrangen. Auf dem Boden lag allerlei Zeug. Zumeist Laub, vermischt mit dünnen, feuchten Zweigen. Die konnten mir nicht helfen. Ich suchte nach einem stärkeren Ast, den ich in mehrere Teile zerbrechen wollte, um diese dann – ähnlich wie primitive Treppenstufen – in die Wand hineinzurammen. Die dafür nötigen Löcher konnte ich mit dem Dolch hineinschneiden. Ich brauchte ja nicht allzu hoch zu klettern, um den Grubenrand zu erreichen. Mit den Füßen wühlte ich das feuchte Laub auf, wobei ich hin und wieder auch in Pfützen hineintrat, deren Wassertropfen wie Perlen durch die Gegend flogen. Am meisten ärgerte ich mich über mich selbst. Wie ein dummer Junge war ich in die Falle gelaufen. Und das passierte mir, wo ich wirklich schon Abenteuer und Situationen erlebt hatte, in denen mein Leben keinen Pfifferling wert war. Meine Hoffnung erfüllte sich nicht. Zwar hatte ich den Boden der Grube zusätzlich mit meiner Leuchte ausgestrahlt, aber auch die konnte einen entsprechenden Ast nicht herbeizaubern. Nur Blätter und Zweige bildeten die weiche Schicht. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten und darauf zu hoffen, daß Suko aufmerksam wurde, wenn er beim nächstenmal versuchte, Kontakt mit mir aufzunehmen und feststellen mußte, daß ich mich leider nicht meldete. Das konnte dauern. Ich verhielt mich wieder ruhig. Nachdem kein Laub mehr unter meinen Füßen raschelte, kam mir die Stille schon unheimlich vor. In die Grube hinein kroch eine bedrückende Atmosphäre, noch verstärkt durch den Dunst, der auch Geräusche schluckte.