John Sinclair 653 - Alfreds kleiner Horror-Laden

von: Jason Dark

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2010

ISBN: 9783838702582 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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John Sinclair 653 - Alfreds kleiner Horror-Laden


 

* * * (S. 55-56)

Es gab keinen Grund für mich, an einen Scherz zu glauben. Schließlich hatte ich mit eigenen Augen gesehen, wie gefährlich das Richtbeil war, wenn es einmal durch irgendwelche Befehle geleitet wurde. Elsa war zu einer anderen geworden, sämtliche Steifheit hatte sie abgeschüttelt. Sie hockte da, hielt das Beil mit beiden Händen umklammert und die Klinge auf mich gerichtet. Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, daß Teddy Arden die Klappe seiner Tasche öffnete und sie auf seinen Schoß legte.

Da er nicht in die Tasche hineingriff, war mir das egal. Ein Richtbeil, Singles und ein Kleid! Drei Dinge, wie sie verschiedener nicht sein konnten, zwischen denen es aber trotzdem einen Zusammenhang gab. Wahrscheinlich lag auf ihnen ein böser Fluch. Und Alfred lächelte, denn er spürte meine Unsicherheit. Er lächelte wie jemand, der genau wußte, was folgen würde, und mein Todesurteil war von Elsa bereits gesprochen worden. Noch lebte ich und nickte Alfred zu.

»Okay, ich habe jetzt die besonderen Dinge aus Ihrem Laden kennengelernt. Und wie geht es weiter?« »Bitte, Tilly!« Die Erskine nickte, bevor sie sich erhob. Sie sah mich starr an. Ihr nicht einmal unhübsches Gesicht kam mir von irgendwoher bekannt vor, nur wußte ich nicht, wo ich sie einordnen sollte. »Komm zu mir, John Sinclair. Ich möchte mit dir tanzen. Ja, ich will tanzen.« Das begriff ich nicht. Wahrscheinlich diente es als Ablenkungsmanöver. Lag mein Rücken einmal frei, war es für Elsa ein Leichtes, mir das Beil dort hineinzuschlagen. Ich nahm es noch mit Humor, obwohl meine Sinne verdammt geschärft waren.

»Ist das Büro hier nicht ein wenig zu eng, um einen Tanz hinzulegen?« »Nein, nicht für mich.« »Ich möchte aber nicht.« Enttäuscht blieb sie stehen und schaute Alfred an. »Hast du das nicht gehört, er will nicht.« »Da kann man nichts machen.« »Aber er ist dein Gast.« »Das stimmt.« »Ich habe mir extra mein Kleid angezogen. Es ist so wunderbar, Alfred. Nur ich kann es tragen.« Er nickte. Ich hatte mich auf die beiden konzentriert, schielte dabei ebenfalls auf Elsa Hatfield, die sich nicht rührte, aber mein Blickwinkel reichte nicht aus, um auch Teddy Arden sehen zu können. Gerade bei ihm tat sich etwas. In der Tasche war eine Bewegung entstanden. Nicht durch seine Hände, die lagen außen, es waren die Schallplatten, die sich in der Tasche rührten. Dann wischte die erste hervor. Ich sah den Schatten, zuckte unwillkürlich zur Seite – und hatte Glück. Die Schallplatte war auf die dünne Haut meines Halses gezielt. Durch die Bewegung huschte sie vorbei. Ich bekam nur den Luftzug mit, wirbelte herum, duckte mich, denn die zweite Scheibe jagte auf mich zu. Ihr harter Rand zupfte am Ohr, die nächsten Platten folgten, und ich verteidigte mich, indem ich angriff. Nicht Teddy Arden war mein Ziel. Tilly Erskine stand griffbereit. Hastig riß ich sie zu mir heran. »Ja!« brüllte sie, »er will tanzen, er will tanzen. Jetzt habe ich ihn.« Ihre Hände umschlossen meinen Nacken, als wäre er der letzte Rettungsanker. Zum Glück war sie für eine Frau ziemlich groß. Ich duckte mich, so daß ich ihren Körper als Schutz einsetzte, dann wischte die Platte heran. Tilly Erskine zuckte in meinen Armen zusammen, als die Scheibe in ihrem Hals steckenblieb. Ihre Augen vergrößerten sich. Ich hörte Teddy Arden fluchen, behielt sie aber im Griff und näherte mich der Tür, die ich mit einem wuchtigen, nach hinten geführten Fußtritt öffnete. Arden war wie von Sinnen. Er hockte auf dem Stuhl. Seine Scheiben jagten wie killende UFO`s durch die Luft, ohne mich als Ziel zu finden, denn ich schaffte es immer wieder, die Frau in die entsprechende Richtung zu drücken. Dabei duckte ich mich, wollte weg, aber es erwischte mich dicht vor der Türschwelle. Eine Single stand direkt über mir an der Decke. Sie fiel herab wie ein Fallbeil. Diesmal erwischte sie meinen Rücken dicht unter dem Hals. Sie fetzte die Jacke auf, das Hemd und auch die Haut. Der Schmerz war für mich wie ein glühendes Andenken. Er trieb mich auch gleichzeitig an, und ich warf mich hinein in den normalen Verkaufsraum, ohne meine Geisel loszulassen. Gemeinsam fielen wir mitten hinein in den Krempel. Es schepperte und polterte, als Töpfe zur Seite rutschten und über mir Bücher aus dem Regal fielen. Tilly Erskine war verletzt, aber nicht tot. Grausam lachte sie mich an. »Laß mich nicht los, laß mich nicht los!« schrie sie beinahe jubelnd. »Keine Sorge, ich brauche dich noch!« Das war nicht gelogen, aber ich brauche auch Platz, um an mein Kreuz zu gelangen. Das schaffte ich nicht mehr. Plötzlich spürte ich die wahnsinnige Hitze, und einen Moment später stand das Kleid der Frau in Flammen. »Ja…!« brüllte sie mit einer kaum zu beschreibenden Stimme. »Ich bin ein Brandmörder, ich bin ein Brandmörder!« Da hatte sie nicht unrecht, denn sie wollte auch mich mit in die Hölle nehmen…