Grenzverschiebungen des Kapitalismus - Umkämpfte Räume und Orte des Widerstands

von: Karina Becker, Lars Gertenbach, Henning Laux, Tilman Reitz

Campus Verlag, 2010

ISBN: 9783593408491 , 384 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 31,99 EUR

  • Asset-backed Securitization and the Financial Crisis - The Product and Market Functions of Asset-backed Securitization - Retrospect and Prospect
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    Global Governance as Business Strategy - The Case of Gazprom
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    Distributionspolitik in der mittelständischen Metallindustrie - Ableitung einer Methode zur Wahl des wirtschaftlichsten Distributionskanals
    Fusion oder Verwaltungskooperation zur Effizienzsteigerung der öffentlichen Hand zu gegenseitigem Nutzen - Eine Analyse am Beispiel des Amtes Bad Bramstedt Land und der Stadt Bad Bramstedt
  • Corporate Responsibility im Trend - Eine explorative Untersuchung
    Innovationsprojekte und Heterogene Teams - Erfolgsfaktoren interdisziplinärer Zusammenarbeit
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    Kraftstoffkonsum und CO2-Ausstoß auf Amerikas Straßen - Wirtschaftspolitische Möglichkeiten zur Kraftstoffreduktion im amerikanischen Transportsektor
    Nachhaltige Investments - Eine empirisch-vergleichende Analyse der Performance ethisch-nachhaltiger Investmentfonds in Europa

     

     

     

     

 

Mehr zum Inhalt

Grenzverschiebungen des Kapitalismus - Umkämpfte Räume und Orte des Widerstands


 

Die Überwindung ökologischer Grenzen (S. 164-166)

Die Rolle der ökologischen Kritik in der Dynamik des Kapitalismus

Thomas Barth

1. Auf dem Weg zum grünen Kapitalismus

»Der Kapitalismus wird grüner: Warum es sich lohnt, ein Rebell zu werden « war Ende des Jahres 2008 in der Literaturbeilage der Zeit zu lesen (Heidbrink 2008). Den neuen Farbanstrich verdankt der gegenwärtige Kapitalismus, so der Tenor des Beitrags und der diskutierten Literatur, vor allem den konsumierenden – durch ihren Konsum rebellierenden – Massen und der dadurch wachsenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten. Das Magazin der Süddeutschen Zeitung stellte wenig später – nun mit Bezug auf die aktuelle Krise – bei der Diskussion des Zusammenhangs von Umweltschutz und Wirtschaft fest, dass »ausgerechnet grüne Ideen […] der deutschen Wirtschaft Superkräfte [verleihen], die im Kampf gegen die Krise helfen können« (Waechter 2009).1 In diesem zweiten Artikel wird dann eher der ökologisch intervenierende Staat in den Fokus gerückt, der die Wirtschaftsunternehmen zwangsweise oder durch Anreize zur produktiven Aufnahme ökologischer Forderungen führt.

Beide Texte diskutieren, wenn auch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, die Möglichkeit einer produktiven Versöhnung von Ökonomie und Ökologie. Diese Verbindung zwischen zwei Logiken, die bis in die späten 1980er Jahre nur als sich wechselseitig ausschließende denkbar waren, gewinnt eine neue Attraktivität, seit die Dimensionen der Weltwirtschaftskrise immer deutlicher hervortreten. Als ein umfassender Lösungsvorschlag für die aktuellen Probleme, die schon seit langem heraufdämmern, nun aber in der Krise spürbarer werden und gebündelt zusammen wirken, ist ein Grüner New Deal (GND) im Gespräch.

Das Ziel lautet, durch eine Umstellung der Wirtschaftsweise auf grüne Technologien und Pro duktionsweisen für das Problembündel von Finanzkrise, knapper (teurer!) werdenden fossilen Ressourcen, hoher Arbeitslosigkeit und Klimawandel eine Lösung zu finden.2 Im Folgenden wird argumentiert, dass die Annäherung von Ökonomie und Ökologie – die in der Diskussion um den GND nur ihren aktuellen Ausdruck findet – als eine doppelte Grenzverschiebung im Verhältnis des Kapitalismus zu seiner Umwelt verstanden werden kann. Einerseits gingen ökologische Forderungen produktiv in den Akkumulationsprozess ein, womit andererseits Natur selbst in völlig neuer Weise verwertbar wurde.

Es handelt sich also um eine doppelte Grenzverschiebung, weil es sowohl um einen Wandel im normativen Charakter des Kapitalismus als auch um veränderte materielle Verhältnisse der kapitalistischen Gesellschaft zu ihrer natürlichen Umwelt geht. Damit ist der grundsätzliche Gedanke verbunden, dass der Kapitalismus auf Kritik an ihm produktiv zu reagieren vermag. Diese Annahme ist in den letzten Jahren besonders prominent von Boltanski und Chiapello vorgetragen worden, von deren Konzept ich deshalb zunächst ausgehen will (2).

Dabei werden sich jedoch zwei Probleme ergeben: Zum einen lässt sich die ökologische Kritik nicht einfach in den von Boltanski und Chiapello aufgespannten Raum von Sozial- und Künstlerkritik einordnen (3). Zum anderen bleibt die Frage danach prekär, in welcher Weise Kritik produktiv aufgenommen wird. Hier will ich zeigen, dass die Rolle des Staates nicht vernachlässigt werden darf (4). Ich werde mich dabei vorwiegend auf Entwicklungen in der bundesdeutschen Ökologiebewegung und Umweltpolitik beziehen.