Fesseln der Finsternis - Guardians of Eternity 7 - Roman

von: Alexandra Ivy

Diana Verlag, 2012

ISBN: 9783641076160 , 448 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 8,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Fesseln der Finsternis - Guardians of Eternity 7 - Roman


 

KAPITEL 2

Es war nicht das erste Mal, dass Laylah auf die Knie fiel. Während ihrer Zeit unter Sergei Krakovs brutaler Aufsicht hatte sie das Flehen zu einer Kunstform erhoben.

Was zum Teufel scherte sie ihr Stolz, wenn die Sicherheit eines hilflosen Kindes auf dem Spiel stand?

»Tane …«

Er unterbrach ihr Flehen, indem er sie an den Armen packte und sie auf die Füße zog. Er presste sie dicht an seinen Körper und flüsterte ihr direkt ins Ohr: »Pst, meine Süße. Wir sind nicht mehr allein.«

Laylah versteifte sich. Sie war durch Tane so abgelenkt gewesen, dass ihr der unverkennbare Geruch, der in der Luft lag, gar nicht aufgefallen war.

»Vampire.« Ihre Augen verengten sich. »Freunde von dir?«

Sein unglaublich schönes Gesicht spannte sich an, und ein grausames Lächeln legte sich auf seine Lippen.

»Ich habe keine Freunde.«

»O Gott«, murmelte sie, als empfinde sie nicht urplötzlich Mitgefühl. Ihr war schmerzhaft bewusst, wie es sich anfühlte, ohne eine einzige Menschenseele durchs Leben zu gehen, die es kümmerte, ob sie lebte oder tot war. Wie um ihre Anteilnahme zu bezwingen, stieß sie ironisch hervor: »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, warum.«

»Bleib hier.« Tane ließ sie los und trat einen Schritt zurück, um ihr einen warnenden Blick zuzuwerfen. »Und, Laylah, wenn ich sage, du sollst hierbleiben, dann meine ich das auch so. Die meisten meiner Brüder hegen kein Interesse an deinem Stammbaum oder daran, dich an die Kommission auszuliefern.« Sein Honigblick glitt über ihren schlanken Körper, der durch ihre Shorts und das so ungeheuer winzige Oberteil mehr entblößt als verhüllt wurde. »Sie werden in dir nicht mehr als eine wunderschöne Frau sehen, die mehr als eine ihrer Begierden zu befriedigen in der Lage ist.«

Mit einer fließenden, anmutigen Bewegung zog er seinen Dolch und eilte lautlos in den Tunnel.

Als sie allein war, fuhr sich Laylah mit der Hand durchs Haar und versuchte sich zu konzentrieren.

Das Essen half ihr dabei, einen Teil ihrer Kraft zurückzugewinnen, aber sie war immer noch erschöpft. Das bedeutete, auf ihre Kräfte konnte sie sich jetzt nicht verlassen – und das, wo sie selbst unter den besten Bedingungen schon alles andere als stabil waren.

Sollte sie wirklich schattenwandern?

Das Talent, sich zwischen den Dimensionen hin- und herzubewegen, hatte sie von ihren Dschinnvorfahren geerbt. Allerdings war sie eher durch Zufall auf diese Fähigkeit gestoßen. Nie würde sie vergessen, wie entsetzt sie gewesen war, als sie plötzlich von dem Schleier eingehüllt wurde, der zwischen den Welten schwebte. Und ihr Entsetzen war noch gewachsen, als es ihr gelungen war, sich von den seltsamen Nebeln zu befreien, und sie dann entdeckt hatte, dass sie um die halbe Welt gereist war.

Im Lauf der Jahre hatte sie sich selbst beigebracht, ihre seltene Fähigkeit zu nutzen, aber sie hatte es vermieden, wenn es nicht absolut notwendig gewesen war.

Denn dabei bestand nicht nur die Gefahr, versehentlich in andere Dimensionen zu geraten, von denen viele die schlimmsten Höllen waren, die man sich nur vorstellen konnte. Außerdem plagte sie der Albtraum, in den Nebeldurchgängen eingeschlossen zu werden.

Noch in ihre Überlegungen vertieft, ob sie es tun sollte oder nicht, schoss Laylah unvermittelt hinter einen Stalagmiten, als plötzlich der Geruch eines Vampirs in der Luft lag.

»Komm her, Miez, Miez, Miez!«, rief jemand mit gedämpfter Stimme.

Laylah veränderte ihre Position, um einen Blick auf den Vampir zu erhaschen, der sich ihr näherte. Sie rümpfte die Nase, als sie seine verdreckte Jeans und seine nackte Brust zu Gesicht bekam. Sein langes blondes Haar hing verfilzt auf die Schultern herab, und sein hageres Gesicht war verzerrt. Sie erkannte darauf einen Ausdruck bösartiger Vorfreude.

Die meisten Vampire nutzten ihre überirdische Schönheit, um ihre Opfer anzulocken. Aber dieser hier … Er hatte sich offensichtlich ziemlich gehen lassen.

Also wirklich. Konnte ein gelegentliches heißes Bad tatsächlich so schlimm sein?

Laylah fluchte, als er immer weiter auf sie zukam. Offensichtlich wusste er, dass sie sich hinter den Stalagmiten duckte.

Sie wollte niemandem etwas tun. Verdammt, sie würde alles dafür geben, einen Ort zu finden, an dem sie sich in Ruhe und Frieden mit ihrem Kind verstecken konnte.

Na klar, als ob so ein Ort wirklich irgendwo existierte …

Grimmig trat sie in die Mitte der Höhle, die Hände warnend vor sich ausgestreckt.

»Bleib zurück, sonst tue ich dir weh!«

Der Vampir ließ seine Fangzähne aufblitzen, während er sie lange und gründlich musterte.

»Versprichst du mir das?«

Widerstrebend sammelte Laylah ihre bereits so schmerzlich erschöpften Kräfte. Sie wünschte sich, stattdessen die Energie ihrer Umgebung aufnehmen zu können. Als Dschinn war sie ein Geschöpf der Natur. Eigentlich sollte sie in der Lage sein, mit den Kräften der Erde umzugehen. Leider war sie noch nie imstande gewesen, irgendetwas anderes als ihre eigenen inneren Kräfte anzuzapfen.

Trotzdem waren es machtvolle Kräfte.

Sie erschauerte. Ihr Blut erhitzte sich und begann zu kochen, als die geistige Essenz sie durchströmte.

O Götter. Es war so ungeheuer schön. Schön und erschreckend – und es machte auf eine so verführerische Weise süchtig.

Wie schade, dass sie nie wusste, was zum Teufel passieren würde, wenn ihre Selbstbeherrschung nachließ.

»Ich meine das ernst!«, stieß sie hervor.

Der Vampir beachtete ihre Warnung nicht weiter, sondern umkreiste langsam ihren zitternden Körper, wobei er eine Hand in seinen Schritt legte.

»Was bist du? Du riechst appetitlich.«

»Ich warne dich nicht noch einmal.«

Der Vampir sprang mit entblößten Fangzähnen auf sie zu. Laylah zögerte nicht, sondern hob die Hand und ließ explosionsartig einen Teil ihrer Macht wirken. Sie kniff die Augen zusammen, als ein greller Blitz durch die Höhle zuckte, dicht an dem schockierten Vampir vorbei.

»Du Miststück!«, fauchte der Dämon und griff hinter sich, um eine Handfeuerwaffe aus dem Bund seiner Jeans zu ziehen. »Dafür wirst du bezahlen!«

Laylah bereitete sich darauf vor, ihn erneut anzugreifen, hielt aber inne, als Tane abrupt in die Höhle zurückkehrte. Er bewegte sich in einem erschreckend hohen Tempo und trat zwischen Laylah und den wütenden Vampir.

»Weshalb spielt Ihr nicht mit jemandem von Eurer eigenen Größe?«

»Charon.« Der unbekannte Vampir lächelte und vergaß Laylah, als er Tane einen merkwürdig triumphierenden Blick zuwarf, als habe er im Lotto gewonnen.

Konnten Vampire verrückt werden?

Was für ein erschreckender Gedanke.

»Kennen wir uns?«, fragte Tane gedehnt.

»Ihr habt meinen Clanbruder getötet.«

Ein beleidigendes Lächeln zeigte sich auf Tanes Lippen. »Und Ihr habt Euch entschieden, mich aufzuspüren, damit ich Euch ebenfalls töte? Wie aufmerksam.«

Der andere Dämon knurrte und richtete die Waffe auf Tanes Kopf. »Ich bin auf Eure Fährte gestoßen, als ich zu meiner abendlichen Jagd aufbrach. Es ist beinahe hundert Jahre her, aber Euren Gestank werde ich nie vergessen.« Er erschauerte, und in seinen hellen Augen glühte ein fanatisches Feuer. »Er hat mich verfolgt.«

»Ich befürchte, ich kann diese abschreckende Besessenheit nicht erwidern.« Mit langsamen Schritten bewegte sich Tane zur Seite, wobei er den anderen Vampir absichtlich von Laylah wegführte. »Ich weiß nicht, wer Ihr seid, und es ist mir auch gleichgültig.«

Laylah runzelte die Stirn. Warum riskierte Tane Kopf und Kragen, um einen Dschinnmischling zu beschützen, von dem er wollte, dass er eliminiert wurde? Und warum hatte der andere Vampir ihn »Charon« genannt?

»Ich nehme an, für Styx die Söldnermarionette zu spielen, bedeutet, dass es für Euch keine Rolle spielt, wen Ihr tötet?«, stieß der andere Vampir hervor.

»Es gibt einige Fälle, auf die ich mehr hoffe als auf andere.« Tane drohte auffordernd mit seinem Dolch. »Sollen wir nun kämpfen, oder ist es Eure Absicht, mich zu Tode zu langweilen?«

»Oh, wir werden durchaus kämpfen«, krächzte der andere Vampir und drückte ab.

Laylah unterdrückte einen Schrei, als mindestens eine Kugel in Tanes Arm stecken blieb, bevor dieser sich auf den kleineren Vampir stürzte und ihm die Waffe entwand. Die Pistole segelte in den hinteren Teil der Höhle, und Tane stieß den Dolch tief in den Brustkorb des anderen Vampirs.

Blut floss in Strömen, als die Dämonen mit Zähnen und Klauen darum kämpften, einander auszulöschen.

Laylah drückte sich am Rande des Gemetzels herum, fasziniert von dem Kampf zwischen den beiden tödlichen Raubtieren.

Tane war offensichtlich der überlegene Kämpfer. Er hatte nicht nur einen Größenvorteil, sondern seine eisige Macht erfüllte die Luft so gewaltsam, dass Laylah vor Schmerz die Zähne zusammenbiss.

Sie konnte sich kaum vorstellen, wie...