Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 3. Das Verderben - Das Verderben

von: Michael A. Stackpole

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641078041 , 384 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 7,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 3. Das Verderben - Das Verderben


 

1


Shedao Shai stand in seiner Kammer in den Tiefen des lebenden Schiffs Erbe der Qual. Der Yuuzhan-Vong-Krieger hatte sich zu seiner vollen Größe aufgerichtet und die Arme weit ausgebreitet. Er war groß, schlank, besaß lange Gliedmaßen und hatte Stacheln und Haken an den Handgelenken, Ellbogen, Knien und Fersen. Eine dünne fleischige Nabelschnur verband sein Schiff mit dem organischen Transmitterhelm, den er trug. Das winzige Kabel schlängelte sich nach oben und durch die aus Yorik-Korallen bestehende Kabinenwand nach draußen, wo es mit dem Nervengewebe des Schiffs verwachsen war.

Shedao Shai sah und wusste, was das Schiff im Orbit über Dubrillion sah und wusste. Ihn umgab nur die Leere des Weltraums. Dubrillion war eine blaue und grüne Kugel, die sich langsam unter seinen Füßen drehte, während sich das Asteroidenfeld des Systems in einem weiten Bogen über ihm spannte. Die ferne braune Welt Destrillion schließlich schlich sich in der fast leeren Dunkelheit davon wie ein schüchterner Verehrer.

So muss es sich anfühlen, ein Gott zu sein. Shedao Shai hielt einen Moment, kaum einen Herzschlag lang, inne und ließ sich von der Furcht durchströmen, eine Blasphemie begangen zu haben. Dann unterdrückte er diese Furcht, da er wusste, dass Yun-Yammka, der als der Schlächter bekannte Gott, ihm seine Anmaßung nachsehen würde, weil er den Ungläubigen bereits so viele Welten abgenommen hatte. Die Priester hatten den Yuuzhan Vong gesagt, dass dies ihre neue Heimat sein würde, das, was die Ungläubigen die Neue Republik nannten, und Shedao Shai fiel die furchtbare Aufgabe zu, den Angriff zu führen, der die Prophezeiung der Priester Realität werden lassen sollte.

Shedao Shai benutzte die Sinne des Schiffs wie seine eigenen, ließ die Fesseln und Sorgen seines Körpers fahren; sein Geist umfasste alles, was er sah. Die Yuuzhan Vong in ihren großen Weltschiffen waren auf der Suche nach dieser neuen Heimat weit gereist. Ihre Kundschafter hatten diese Galaxis bereits vor mehr als fünfzig Jahren ausfindig gemacht, und der Bericht der Überlebenden hatte die Weissagung des Ersten Overlords Wirklichkeit werden lassen. Schließlich hatte sich ihnen eine neue Heimat dargeboten, in der bald darauf ihre Agenten tätig wurden. Ihre Informationen flossen umgehend zurück zu den Weltschiffen, worauf eine ganze Generation dafür ausgebildet wurde, die Galaxis von den Ungläubigen zu säubern.

Shedao Shai lächelte, während er auf Dubrillion hinuntersah. Eine der unumstößlichen Wahrheiten des Krieges lautete, dass selbst der umsichtigste Plan am Widerstand des Feindes scheitern konnte. Und genau das war hier geschehen. Nom Anor, ein Agent provocateur der Yuuzhan Vong, hatte sich zusammen mit seinen Brüdern aus der Intendantenkaste verschworen, um die Aufgaben der Krieger an sich zu reißen. Doch sein vor der Zeit gestarteter Angriff war von der Neuen Republik zurückgeschlagen worden, wobei die Ungläubigen jedoch beträchtliche Verluste erlitten hatten. Shedao Shais erste Übergriffe hatten daraufhin auf jene Welten verlegt werden müssen, von denen die Yuuzhan Vong zuvor vertrieben worden waren, damit ihre Eroberung vollendet und die Schande der Niederlage getilgt werden konnte.

Der Yuuzhan-Vong-Kommandant schloss die rechte Hand. Sein Lächeln wurde breiter. Meine Freude wäre grenzenlos, wenn ich meine Faust um deinen Hals schließen könnte, Nom Anor. Obwohl sich der Krieger nicht dazu herabließ, sich vorzustellen, wie die Priester anderer Intendanten Nom Anors Handlungsweise auslegen würden, war sich Shedao Shai ganz sicher, dass die Götter ihn bestrafen würden. Deine Treulosigkeit wird dir bei deiner nächsten Umwandlung heimgezahlt werden, Nom Anor.

Shedao Shai griff mit seinem Geist auf die im Innern der Erbe der Qual gespeicherten Erinnerungen zurück. Dann wählte er die Erinnerung eines Sklaven aus, der im Zuge der fortschreitenden Befriedung von Dubrillion als Soldat eingesetzt worden war. Die Chazrach, kleine, untersetzte humanoide Reptilien, hatten den Yuuzhan Vong bei ihren Kriegen stets gute Dienste geleistet. Manche hatten sich sogar so weit hervorgetan, dass sie später in die untersten Ränge der Kriegerkaste aufgenommen wurden. Als Shedao Shai sich die Erinnerung aneignete und überstülpte wie eine Ooglith-Maske, fühlte sie sich, da dieses Wesen viel kleiner war als er, irgendwie seltsam an. Er brauchte einen Moment, um sich an das Unbehagen zu gewöhnen, das sich einstellte, als er gleichsam in die Haut des Wesens schlüpfte, dann wagte er den Vorstoß und erlebte den Einsatz des Chazrach auf dem Planeten unter ihm.

Dieser Einsatz war ebenso wenig eine Herausforderung gewesen wie die meisten anderen. Der Chazrach und seine Einheit hatten den Auftrag erhalten, eines der Schlupflöcher zu säubern, die die Ungläubigen zwischen den Trümmern der Hauptstadt von Dubrillion angelegt hatten. Jeder Chazrach trug ein Kufi, ein großes, zweischneidiges Messer, sowie eine Art Amphistab, der jedoch kürzer war als die Stäbe, die die Yuuzhan-Vong-Krieger einsetzten. Die Stäbe der Chazrach passten nicht nur besser zu ihrer kleineren Statur, sie waren auch kaum biegsam, da die Sklaven genetisch unfähig schienen, die Peitsche so gewandt zu führen, wie es erforderlich war, um einen Amphistab optimal zu nutzen.

Shedao Shai bewegte unbehaglich die Schultern. Die fremde Haut passte ihm immer noch nicht recht, trotzdem ließ er seinen Geist ganz in die Erinnerung eintauchen. Er sah die Soldaten durch die Augen des Chazrach in enge, finstere Winkel vordringen. Ein säuerlicher Geruch überfiel seine Nüstern. Der Herzschlag des Chazrach wurde schneller. Zwei seiner Kameraden drängelten und rückten vor, als sich der Durchgang vor ihnen weitete. Der Chazrach griff nach seinem Amphistab und streckte ihn weit von sich, als sich ein weiterer Sklave an ihm vorbeischob.

Da kam ein roter Energieblitz aus der Dunkelheit geschossen, vertrieb kurz die Schwärze und brannte sich in die Reihen der Chazrach. Ein schreiender Sklave, der die Hände vor seinem von Blasen übersäten, qualmenden Gesicht krümmte, wirbelte hilflos herum. Shedaos Chazrach hielt noch immer den Amphistab ausgestreckt. Er wich seinem verwundeten Kameraden aus und blickte auf, als das Knirschen von Metall gegen Stein und ein Funken ihn auf eine neue Gefahr aufmerksam machten.

Auf einem Vorsprung über der Mündung des Durchgangs hatte sich ein Ungläubiger versteckt. Er schwang eine schwere Eisenstange, die Funken aus der Decke des Unterstands schlug. Die Stange sauste auf den Kopf des Chazrach herab, doch der Sklave parierte den Hieb mit dem Amphistab und stieß mit dessen zugespitztem Ende zu. Der Stab durchbohrte das Bein des Ungläubigen. Als der Sklave den Amphistab zurückriss, schoss sofort salziges Blut aus der Wunde.

Der Mann drehte sich in der Luft und landete hart auf dem Rücken. Knochen brachen, und die untere Körperhälfte des Ungläubigen erschlaffte. Noch immer pulsierte Blut aus dem Loch in seinem Bein, und er griff mit beiden Händen danach. Dann sah der Ungläubige auf, blickte in die Augen des Sklaven. Die Angst ließ seine Augäpfel immer größer werden, bis die weißen Kugeln scheinbar lose in den Augenhöhlen rotierten. Der Mund formte Worte, die allzu kläglich herauskamen, doch die flache Spitze des Amphistabs fuhr mit einer kurzen Drehung auf ihn herab, durchtrennte den Nacken des Mannes, brachte ihn mit einem Schlag zum Schweigen und setzte seinem Leben ein Ende.

Rings um Shedaos Chazrach griffen andere Sklavensoldaten an und kämpften erbittert. Neue Energieblitze erhellten die hinteren Winkel des Unterstands. Sklaven fielen, krümmten sich und krallten die Hände in blutende Wunden; Ungläubige schrien und sanken übereinander; die nächsten Sklaven schritten über die Leichen von anderen Chazrach und Ungläubigen hinweg, drängten weiter, um sich auf neue Gegner zu stürzen. Der Hinterhalt hatte sich in eine Niederlage verwandelt, und die Ungläubigen suchten ihr Heil in der Flucht, aber die Flut der Chazrach ließ sie nicht entkommen.

Im nächsten Moment spürte Shedao Shai den sanften Stachel des Schmerzes, der sich unmittelbar über der Hüfte in seinen Rücken bohrte und bis in den Unterleib vordrang. Er fühlte, dass der Chazrach den Schmerz zu unterdrücken versuchte und sich nach links von ihm wegdrehte. Dadurch konnte die Waffe, die ihn getroffen hatte, wieder aus der Wunde gleiten. Der Schmerz nahm ein wenig ab, nicht aber die Panik, die in dem Chazrach aufstieg, als ihm klar wurde, dass er schwer verwundet worden war.

Der Chazrach drehte sich um und hob den Amphistab. Trotzdem hätte er seinen Gegner beinahe verfehlt. Die Ungläubige, die ihn durchbohrt hatte, war eine noch sehr junge Frau. Daher fuhr der Hieb, der einen Erwachsenen am Hals getroffen hätte, in Augenhöhe quer über ihr Gesicht. Die Waffe zerschmetterte Knochen und fraß sich durch die Hirnschale. Blut spritzte über die gesplitterten Stahlbetonmauern des Unterstands. Die Frau sackte zu Boden wie ein weggeworfener nasser Mantel. Das Vibromesser, mit dem sie den Sklaven verletzt hatte, lag noch in ihrer verkrampften Hand.

Shedao Shai krümmte den Rücken und zog sich den Transmitterhelm vom Kopf. Er hatte keine Angst vor der Reaktion des Chazrach auf seine Verletzung, vor dem Schock und dem Zusammenbruch. Shedao Shai hatte diese Dinge schon häufig durchlebt, doch dieses Mal würde er sich nicht von den Empfindungen eines Feiglings besudeln lassen. Ich werde mich nicht beflecken.

Der Yuuzhan-Vong-Kommandant streckte die Arme aus und atmete in der Herzkammer der Erbe der Qual tief durch. Er wusste, dass andere seine wählerische Zurückweisung der letzten...