Star Wars. Young Jedi Knights 1. Die Hüter der Macht

von: Kevin J. Anderson

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641077822 , 192 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Star Wars. Young Jedi Knights 1. Die Hüter der Macht


 

1


Jacen Solo besuchte Luke Skywalkers Jedi-Akademie bereits einen Monat, ehe er es schaffte, sich so in seinem Zimmer einzurichten, daß es ihm gefiel.

Innerhalb des antiken Tempels auf dem Dschungelmond von Yavin 4 waren die Unterkünfte der Studenten feucht, dunkel und, besonders in den Nächten, kalt. Jacen und seine Zwillingsschwester Jaina hatten Tage damit verbracht, die moosbewachsenen Steinquader ihrer Quartiere abzuschrubben, glänzende Ziervertäfelungen anzubringen und transportable Eckenheizkörper aufzustellen.

Nun stand der Sohn von Han Solo und Prinzessin Leia im orangenen Morgenlicht, das durch die Fensterspalten der mächtigen Tempelmauern sickerte, und der Dschungel war erfüllt vom Kreischen der Vögel, die um ihr Frühstück stritten.

Wie jeden Morgen, bevor er aufbrach, um an Onkel Lukes Unterricht teilzunehmen, fütterte und zählte Jacen all die bizarren und exotischen Kreaturen, die er im unerforschten Dschungel von Yavin 4 aufgelesen hatte. Seine Vorliebe für ausgefallene Zimmergenossen war nicht zu übersehen.

An einer Wand des Raums stapelten sich Schaukästen, Käfige und mit sprudelndem Wasser gefüllte Aquarien. Viele dieser raffinierten Konstruktionen stammten von Jacens handwerklich begabter Schwester, deren Erfindungsreichtum er schätzte, obwohl er nicht ganz nachzuvollziehen vermochte, wie sie mehr Gefallen an den Behältern als an den Geschöpfen darin finden konnte.

In einem der Käfige lärmten zwei Stintarils, auf Bäumen lebende Nagetiere, die vorstehende Augen und große, bedrohlich wirkende Mäuler mit extrem scharfen Zähnen besaßen. Stintarils jagten auf verborgenen Pfaden in Baumkronen, wurden niemals müde und fraßen beinahe alles, was den Fehler beging, nur lange genug stillzusitzen. Es hatte Jacen großen Spaß gemacht, diese beiden Prachtexemplare einzufangen.

In einem dampfdurchwobenen Behältnis waren kleine Krabben darin vertieft, aus klebrigem Schlamm komplizierte Unterschlüpfe mit schlanken Türmen und gewölbten Zinnen zusammenzufügen. Derweil tummelten sich in einer runden Wasserschale pinkfarbene Salamander, die schleimig, wäßrig und formlos aussahen. Sobald sie sich jedoch auf eines der künstlichen Riffe an Land begaben, gerannen ihre Außenhäute zu einer weichen, geleeartigen Masse. Körper und Mäuler bildeten sich heraus, so daß sie in der Lage waren, im Gestrüpp nach Insekten zu jagen.

In einem weiteren, von starkem Maschendraht überspannten Käfig wimmelte es von blauschillernden Piranhakäfern, die unablässig versuchten, sich mit ihren scharfen Kiefern einen Weg ins Freie zu beißen. Draußen im Dschungel vermochte sich ein Schwarm dieser Käfer kaum hörbar an seine Beute heranzupirschen. Innerhalb von Minuten konnten sie selbst größere Tiere in einen Haufen abgenagter Knochen verwandeln. Jacen war stolz darauf, daß seiner Menagerie einige besonders muntere Exemplare dieser Gattung angehörten, zumal sie in Gefangenschaft normalerweise verendeten. Oftmals bestand Jacens schwerste Aufgabe nicht darin, seine exotischen Haustiere in den Käfigen zu halten, sondern zunächst einmal herauszufinden, worauf sie überhaupt Appetit hatten. Manchen genügten Früchte oder Blumen, andere waren ganz versessen auf blutige Fleischbrocken. Es kam sogar vor, daß stärkere Exemplare ihre Umzäunungen überwanden und die schwächeren fraßen — sehr zu Jacens Leidwesen.

Anders als Jacens und Jainas strenge Lehrer daheim auf dem überbevölkerten Planeten Coruscant war Luke Skywalker kein Verfechter einer strikten Studienordnung. Um ein Jedi zu werden, pflegte ihr Onkel zu erklären, mußte man lernen, die vielen Teilmuster des Milchstraßen-Gobelins in ihrer Gesamtheit zu begreifen — nicht nur die starren, vorgegebenen Einzelstrukturen.

Deshalb hatte Jacen auch die Erlaubnis, in seiner freien Zeit das dichte Unterholz zu durchstreifen, sich Wege durch das blühende Dschungelgestrüpp zu bahnen, wunderschöne Insekten oder seltene und ungewöhnliche Pilze zu sammeln. So wie seine Schwester zu ihren Maschinen und Apparaturen, fühlte er sich seit jeher zu Tieren aller Art hingezogen. Mit seiner besonderen Gabe der Macht nahm er sie für sich ein, brachte sie dazu, auf ihn zuzukommen, so daß er sie in aller Ruhe studieren konnte.

Einige andere Jedi-Studenten — insbesondere der verzogene und lästige Raynar — waren nicht gerade begeistert von Jacens Privatzoo. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, sich weiterhin um die Geschöpfe, für die er die Verantwortung übernommen hatte, zu kümmern und von ihnen zu lernen.

Aus einem Reservoir, das Jaina an der Mauer befestigt hatte, leitete er frisches Wasser in die Trinkschalen der einzelnen Käfige. Offenbar fühlte sich eine Familie purpurfarbener Springspinnen dadurch beunruhigt. Vor lauter Aufregung hüpften sie so hoch, daß sie immer wieder gegen die obere Netzabschirmung ihres Zuhauses prallten.

Jacens Finger strichen über die Drahtbespannung. »Nur die Ruhe. Kein Grund zur Aufregung.« Tatsächlich stellten die Spinnen ihre nervösen Sprünge ein und nahmen schließlich Platz, um mit Hilfe ihrer langen Hohlfänge zu trinken.

Die Flüstervögel in einem der benachbarten Käfige waren unterdessen still geworden, wahrscheinlich drückte sie der Hunger. Jacen nahm sich vor, ihnen so bald wie möglich ein paar Nektarkelche von den Klettergewächsen zu pflücken, die auf der anderen Seite des Flusses an den zerfallenen Tempelmauern wucherten.

Allmählich wurde es Zeit, sich zu den morgendlichen Vorlesungen zu begeben. Jacen nahm Abschied von seinen Zimmergenossen, indem er mit den Fingern gegen die Stäbe und Scheiben einiger Behälter trommelte. Kurz bevor er sich endgültig abwandte, zögerte er noch einmal und warf einen Blick in den tiefstehenden Behälter, in dem für gewöhnlich eine Kristallschlange zusammengerollt auf ihrem Lager aus trockenen Blättern döste.

Die Schlange war ihrer Transparenz wegen beinahe unsichtbar, und Jacen konnte sie nur wahrnehmen, wenn er sie unter einem bestimmten Lichteinfall betrachtete. Doch wie sehr er sich an diesem Morgen auch bemühte, er konnte nicht einmal einen vagen Schimmer der gläsernen Schuppen erkennen, keine regenbogenfarbene Krümmung des Lichts, das sich um das durchscheinende Geschöpf schmiegte!

Alarmiert beugte er sich noch tiefer. Mit Entsetzen stellte er fest, daß die äußerste Ecke des Käfigs leicht nach oben gebogen war. Die Öffnung war ausreichend, um einen dünnen Schlangenkörper hindurchzulassen ...

»Das gefällt mir überhaupt nicht«, murmelte Jacen, eine häufige Redewendung seines Vaters benutzend.

Kristallschlangen galten nicht wirklich als gefährlich — zumindest soweit Jacen bekannt war. Aus eigener Erfahrung wußte er, daß ihr Biß, begleitet von einem kurzen stechenden Schmerz, das Opfer in einen tiefen Schlaf fallen ließ. Obwohl man schon nach etwa einer Stunde wieder aufwachte und sich in der Regel danach nicht weiter krank fühlte, konnte dies genau der Anlaß sein, auf den jemand wie Raynar gewartet hatte, um Ärger zu machen. Vielleicht würde es ihm sogar die Handhabe geben, Jacen endlich dazu zu zwingen, seine Menagerie in eines der abgelegenen Lagermodule umzuquartieren.

Wie auch immer: Die Kristallschlange war jedenfalls weg!

Als er spürte, wie Panik in ihm aufstieg, rief Jacen sich eine von Onkel Lukes Entspannungstechniken in Erinnerung.

Es gelang ihm, wieder klar zu denken, und bald wußte er, was zu tun war: Seine Schwester würde ihm helfen, die Schlange einzufangen, bevor irgend jemand überhaupt Wind von der Sache bekam!

Er suchte die im Zwielicht liegende Halle auf und versicherte sich, daß niemand ihn beobachtete. Dann trat er in die nächstgelegene steinerne Türöffnung und spähte blinzelnd in die Schatten des Zimmers, das von seiner Schwester bewohnt wurde.

Eine komplette Wand von Jainas Quartier bestand aus sorgfältig aufeinander gestapelten Behältern voller Ersatzteile, kybernetischer Sicherungen, elektronischer Schaltkreise und winziger Getriebe, die veralteten und demontierten Droiden entnommen waren. Außerdem hatte sie sich unbenutzte Batterien und Lenksysteme aus den tiefer liegenden Kammern des Pyramidentempels besorgt.

Der antike Tempel war einst das Hauptquartier von Rebellen gewesen, die sich, lange bevor die Zwillinge überhaupt geboren waren, im dichten Dschungel des ansonsten unbewohnten Mondes versteckt gehalten hatten. Prinzessin Leia hatte diesen Rebellen geholfen, ihren Stützpunkt gegen den waffenstarrenden Todesstern des Imperiums zu verteidigen. Han Solo war damals nur ein Schmuggler gewesen, aber letztlich war er es, dem Luke Skywalker sein Leben zu verdanken hatte.

Heute lag die Ausrüstung des aufgegebenen Rebellenstützpunkts mehr oder weniger unbeachtet herum, die Jedi-Schüler hatten keinerlei Verwendung für derlei Dinge. Einzig Jaina verbrachte ihre Freizeit damit, ausrangierte Teile zusammenzuschustern und auf einen neuen Nutzen hin zu erproben. Ihre Unterkunft war mit Ausrüstungsgegenständen so voll gestopft, daß Jacen sich kaum hineinzwängen konnte. Suchend schaute er sich um, doch auch hier konnte er kein Zeichen der flüchtigen Kristallschlange entdecken.

»Jaina«, sagte er, »ich brauche deine Hilfe!«

Jacen bemühte sich, in dem düsteren Raum seine Schwester auszumachen. Er roch den beißenden Geruch durchgebrannter Sicherungen und hörte das Hämmern eines schweren Werkzeugs gegen etwas Metallisches.

»Hab eine Minute Geduld!« Jainas Stimme kam als hohles Echo aus dem tonnenförmigen Innern einer verrosteten Pumpe, die etwa die Hälfte des Quartiers einnahm. Jacen erinnerte sich, wie sie sich, mit Unterstützung ihrer durchtrainierten Freundin Tenel Ka, recht ungeschickt der Macht bedient...