Star Wars. Darth Bane. Die Regel der Zwei -

von: Drew Karpyshyn

Blanvalet, 2012

ISBN: 9783641077594 , 352 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Star Wars. Darth Bane. Die Regel der Zwei -


 

PROLOG


Halb betäubt von Trauer und Entsetzen stolperte Darovit an den Leichen vorbei, die überall auf dem Schlachtfeld lagen. Er erkannte viele der Toten: Einige waren Diener der Hellen Seite gewesen, Verbündete der Jedi, andere Anhänger der Dunklen Seite, Diener der Sith. Und selbst in seinem angeschlagenen Zustand fragte Darovit sich unwillkürlich, zu welcher Seite er denn nun gehörte.

Vor ein paar Monaten hatten ihn alle noch bei seinem Kindernamen genannt: Tomcat. Damals war er nichts weiter gewesen als ein dünner dunkelhaariger Dreizehnjähriger, der mit seiner Cousine Rain und seinem Vetter Bug auf dem kleinen Planeten Somov Rit gewohnt hatte. Sie hatten hin und wieder Gerüchte über den nicht enden wollenden Krieg zwischen den Jedi und den Sith gehört, aber nie geglaubt, dass diese Auseinandersetzung einmal ihre stillen, durchschnittlichen Leben berühren würde – bis der Jedi-Scout zu Root, ihrem adoptierten Vormund, gekommen war.

General Hoth, Anführer der Jedi-Armee des Lichts, suchte verzweifelt nach weiteren Jedi, hatte der Scout erklärt. Das Schicksal der gesamten Galaxis hing in der Schwebe. Und die Kinder in Roots Obhut hatten gewisse Fähigkeiten in der Macht an den Tag gelegt.

Zuerst hatte Root sich geweigert. Er hatte behauptet, seine Schutzbefohlenen seien zu jung, um in den Krieg zu ziehen. Aber der Scout hatte nicht nachgegeben. Am Ende hatte Root erkannt, dass vielleicht die Sith kommen und die Kinder mit Gewalt mitnehmen würden, wenn sie jetzt nicht zu den Jedi gingen, und er hatte nachgegeben. Darovit und seine Verwandten hatten Somov Rit mit dem Jedi-Scout verlassen und sich auf den Weg nach Ruusan gemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kinder das für den Beginn eines wunderbaren Abenteuers gehalten. Inzwischen wusste Darovit es besser.

Zu viel war geschehen, seit sie auf Ruusan eingetroffen waren. Alles hatte sich verändert. Und der junge Mann – denn er hatte in den vergangenen Wochen zu viel mitgemacht, um noch als Junge bezeichnet zu werden – verstand es einfach nicht.

Er war voller Hoffnung und Ehrgeiz nach Ruusan gekommen und hatte von dem Ruhm geträumt, den er erlangen würde, wenn er General Hoth und der Armee des Lichts half, die Sith zu besiegen, die Lord Kaans Bruderschaft der Dunkelheit dienten. Aber auf Ruusan war kein Ruhm zu erlangen, jedenfalls nicht für ihn. Und nicht für seine Verwandten.

Rain war umgekommen, bevor ihr Schiff auch nur auf Ruusan gelandet war. Eine Staffel von Sith-Buzzards hatte im Hinterhalt gelegen und sie überfallen, sobald sie durch die Atmosphäre kamen. Bei diesem Angriff hatten sie den Schwanz ihres Schiffs abgeschossen. Darovit hatte voller Entsetzen miterleben müssen, wie Rain von der Explosion buchstäblich aus seinen Armen gerissen wurde, um Hunderte von Metern tief in einen Tod zu fallen, den er nicht einmal hatte sehen können.

Sein Vetter Bug war gerade erst ein paar Minuten zuvor gestorben, ein Opfer der Gedankenbombe, sein Geist verschlungen von der schrecklichen Macht von Lord Kaans letzter selbstmörderischer Waffe. Jetzt gab es ihn nicht mehr. Wie es auch all die anderen Jedi und alle Sith nicht mehr gab. Die Gedankenbombe hatte jedes Lebewesen zerstört, das stark genug war, um sich der Macht zu bedienen. Alle außer Darovit. Und das konnte er nicht verstehen.

Tatsächlich verstand er überhaupt nicht, was auf Ruusan geschah. Nein. Als er eingetroffen war, hatte er erwartet, die legendäre Armee des Lichts zu sehen, von der er in Geschichten und Gedichten gehört hatte: heldenhafte Jedi, die die Galaxis gegen die Dunkle Seite der Macht verteidigten. Stattdessen hatte er Männer und Frauen unterschiedlicher Spezies vorgefunden, die wie einfache Soldaten im Schlamm und Blut des Schlachtfelds kämpften und starben.

Er fühlte sich betrogen. Verraten. Alles, was er über die Jedi gehört hatte, war eine Lüge gewesen. Sie waren keine strahlenden Helden; ihre Kleidung war schmierig und schmutzig, ihr Lager stank nach Schweiß und Angst. Und sie verloren! Die Jedi, denen Darovit auf Ruusan begegnet war, waren besiegt und erschöpft von einer schier endlosen Reihe von Kämpfen gegen Lord Kaans Sith, aber sie weigerten sich störrisch, sich zu ergeben, selbst als klar wurde, dass sie nicht siegen konnten. Und sogar die Macht konnte sie nicht mehr zu den strahlenden Helden seiner naiven Fantasie machen.

Etwas am Rand des Schlachtfelds bewegte sich. Darovit blinzelte gegen die Sonne an und sah ein halbes Dutzend Gestalten, die langsam weiterzogen und dabei die gefallenen Leichen von Freund und Feind aufsammelten. Er war nicht allein – auch andere hatten die Gedankenbombe überlebt!

Er rannte vorwärts, aber seine Aufregung kühlte wieder ab, als er die Personen erkannte, die dort das Schlachtfeld aufräumten. Er erkannte sie als Freiwillige aus der Armee des Lichts. Keine Jedi, sondern normale Männer und Frauen, die Lord Hoth die Treue geschworen hatten. Die Gedankenbombe hatte nur jene vernichtet, die genügend Fähigkeiten hatten, die Macht zu berühren. Personen wie diese hier, die die Macht nicht benutzen konnten, waren immun gegen die vernichtende Wirkung der Bombe gewesen. Aber Darovit war nicht wie sie. Er war durchaus begabt. Eine seiner frühesten Erinnerungen aus der Kinderzeit bestand darin, dass er die Macht verwendet hatte, um zur Erheiterung seiner jüngeren Kusine Rain Spielzeug emporschweben zu lassen. Die Leute, die er nun auf dem Schlachtfeld vor sich sah, hatten überlebt, weil sie ganz gewöhnlich waren. Sie hatten nichts Besonderes an sich, nicht wie er. Darovits Überleben war ihm ein Rätsel – noch eine Sache in diesem ganzen Durcheinander, die er nicht verstand.

Als er näher kam, setzte sich eine der Gestalten auf einen Stein, müde davon, die Leichen aufzusammeln. Es war ein älterer Mann von beinahe fünfzig. Sein Gesicht wirkte abgehärmt und hager, als hätte diese finstere Tätigkeit ihm nicht nur die körperlichen Reserven genommen, sondern auch die geistigen. Darovit erkannte ihn aus den ersten Wochen, die er im Jedi-Lager zugebracht hatte, obwohl er sich nie die Mühe gemacht hatte, den Namen des Mannes zu erfahren.

Eine plötzliche Erkenntnis ließ ihn erstarren. Wenn er den Mann erkannte, würde der sich vielleicht auch an ihn erinnern. Er wusste vielleicht, dass Darovit ein Verräter war.

Die Wahrheit über die Jedi hatte Darovit angewidert. Nachdem das Gewicht einer harschen Wirklichkeit seine Illusionen und Tagträume zerquetscht hatte, hatte er sich benommen wie ein verwöhntes Kind und sich von den Jedi abgewandt. Verführt von den Versprechen der Dunklen Seite hatte er sich der Bruderschaft der Dunkelheit angeschlossen. Erst jetzt verstand er, wie falsch das gewesen war.

Er hatte es begriffen, als er Zeuge von Bugs Tod wurde – eines Todes, für den er zum Teil selbst verantwortlich war. Zu spät hatte er erkannt, was es wirklich bedeutete, zur Dunklen Seite zu gehören. Zu spät verstand er, dass Lord Kaans Wahnsinn und seine daraus folgende Anwendung der Gedankenbombe Vernichtung über sie alle gebracht hatten.

Er war kein Anhänger der Sith mehr; er sehnte sich nicht mehr danach, die Geheimnisse der Dunklen Seite zu ergründen. Aber wie sollte dieser alte Mann, ein ergebener Anhänger von General Hoth, das wissen? Wenn er sich an Darovit erinnerte, würde er ihn nur als Feind betrachten.

Eine Sekunde dachte er daran zu fliehen. Einfach umdrehen und weglaufen, und der müde alte Mann, der immer noch nach Atem rang, würde ihn nicht aufhalten können. Früher einmal hätte er das auch getan. Aber jetzt war das anders. Ob es am schlechten Gewissen lag, an der Reife oder einfach an dem Bedürfnis, es hinter sich zu bringen – Darovit lief nicht davon. Welches Schicksal ihn auch erwarten mochte, er entschied sich zu bleiben und sich ihm zu stellen.

Langsam, aber entschlossen, ging er auf den Felsen zu, auf dem der alte Mann scheinbar in Gedanken versunken saß. Darovit war nur noch ein paar Meter entfernt, als der Mann schließlich aufblickte und ihn ansah.

In seinen Augen stand kein Wiedererkennen. Nur ein leerer, gehetzter Blick.

»Sie alle«, murmelte der Mann. Darovit wusste nicht, ob er ihn wirklich ansprach oder mit sich selbst redete. »Alle Jedi und alle Sith – tot.«

Der Mann drehte den Kopf und richtete den leeren Blick auf einen dunklen Höhleneingang in der Nähe. Darovit wurde kalt, als er erkannte, wovon der Mann sprach. Der Eingang führte unter die Erde und durch gewundene Gänge zu der größeren Höhle tief drunten, wo Kaan und seine Sith sich versammelt hatten, um die Gedankenbombe einzusetzen.

Brummelnd schüttelte der Mann den Kopf, als könnte er seine morbiden Gedanken dadurch loswerden. Mit einem müden Seufzen stand er auf und konzentrierte sich wieder auf seine Pflicht. Er nickte Darovit knapp zu, achtete aber ansonsten nicht mehr auf den jungen Mann, als er wieder mit der makabren Aufgabe begann, die Leichen in Tuch zu hüllen, sodass sie gesammelt und auf ehrenhafte Weise beigesetzt werden konnten.

Darovit wandte sich der Höhle zu. Wieder wollte ein Teil von ihm sich einfach umdrehen und wegrennen. Aber ein anderer Teil wurde von dem schwarzen Schlund des Höhleneingangs angezogen. Vielleicht würde er dort drinnen ja die Antworten auf seine Fragen finden. Etwas, das all den Tod und die Gewalttätigkeit erklärte, etwas, das ihm helfen würde zu sehen, dass es tatsächlich Gründe für diesen endlosen Krieg und all das Blutvergießen gab. Vielleicht würde er etwas entdecken, was ihm half, Sinn und Zweck hinter dem zu erkennen, was hier geschehen war.

Es wurde stetig kühler, je weiter er unter die Erde stieg. Er konnte ein Kribbeln in der Magengrube spüren: Erwartung, vermischt mit unangenehmer Furcht. Er war nicht sicher, was...