Perry Rhodan 2981: Im Bann der Erkenntnis - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'

von: Verena Themsen

Perry Rhodan digital, 2018

ISBN: 9783845350813 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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Perry Rhodan 2981: Im Bann der Erkenntnis - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'


 

2.

Summen und Differenzen

 

Ashags Hände zitterten in einer Mischung aus Begeisterung und Angst, während sie schrieb. Sie kümmerte sich nicht um die Fehler, die reichlich in die Textpassagen einflossen; die Korrekturautomatik würde das bereinigen.

Der Sicker. Ich spüre ihn wie ein Raubtier lauern ... er wartet auf den Moment, an dem mich wieder Bequemlichkeit befällt und er mich aufscheuchen muss.

Unwillkürlich erstand das Bild eines mythischen Ahrag vor ihren Augen, sprungbereit und das Maul weit aufgerissen. Plunaks rotes Licht schimmerte wie Blut auf den blank polierten Elfenbeinzähnen. Ihr schauderte.

Unwissenschaftlicher Unsinn!, rief sie sich im gleichen Moment zur Ordnung. Dem Sicker eine archetypische Gestalt aufzuprägen hilft nicht bei dessen Verständnis, sondern verschleiert die Fakten bloß! Er ist eine Naturgewalt, ein Phänomen mit erklärbaren Ursachen. Wenn ich nur ein wenig tiefer eintauche ...

Sie zog ihren Mundring nach innen und rieb sacht mit den Mahlplatten darüber, um die unangenehme Trockenheit zu beheben. Unbewusst vibrierte sie in der Tiefe ihrer Sprachröhre darüber eine Melodie zu und untermalte sie mit einer stehenden Schwingung der Deckmembran. Es beruhigte sie und half ihr dabei, sich wieder auf das eigentliche Problem zu fokussieren.

Die Prud-Strata. Irgendwie hatten sie mit dem Sicker zu tun. Aber wie, und welches Stratum genau war involviert? Welcher Mechanismus erlaubte den Zugriff auf den shugischen Geist und konnte zugleich die sensorisch erfassbaren Phänomene erzeugen, die den Sicker begleiteten? Welche Theorie deckte alle Beobachtungen zufriedenstellend ab?

Ashag senkte den Kopf und machte einen neuen Ansatz.

 

*

 

Während Holonder die RAS TSCHUBAI unserem Ziel entgegensteuerte, kümmerte ich mich um ein Problem, auf das ANANSI mich aufmerksam gemacht hatte.

Innerhalb weniger Minuten legte ich mittels Expressröhrenbahn und Laufbändern die anderthalb Kilometer von der Zentrale bis zur Außenwandung zurück. Schließlich betrat ich den Zugangsbereich zur Hangarmulde, die durch das Abkoppeln des MARS-Kreuzers BJO BREISKOLL frei geworden war.

Ich dachte an den Moment, als ich mich an genau diesem Ort von Perry verabschiedet hatte. Nachdem Atlan mit der GALBRAITH DEIGHTON VII wieder am Hooris-Stern zu uns gestoßen war, hatten er und Perry lange konferiert. Schließlich hatten sie beschlossen, dass Atlan die RAS TSCHUBAI nach Cetus führen und Perry in der Milchstraße das Problem des Weltenbrands behandeln sollte.

Perry war schließlich samt dem Ersten Raumlandebataillon der RAS TSCHUBAI zur GALBRAITH DEIGHTON VII übergewechselt. Seine Gäste aus Sevcooris und die Mutanten hatte er mitgenommen. Der Rest der Besatzung war an Bord der RAS TSCHUBAI geblieben, einschließlich mir. Wir waren uns einig gewesen, dass in Cetus die Unterstützung der Chefwissenschaftlerin der Liga Freier Galaktiker eher gebraucht würde als in der Milchstraße.

Trotzdem gab es diese leise Stimme, die mir zuflüstern wollte, dass unsere räumliche Trennung nicht nur sachlichen Gründen zuzuschreiben, sondern auch meine gerechte Strafe war. Ich hatte Atlan unterstützt, ohne Perry zu konsultieren, als der Arkonide mithilfe der Fähigkeiten von Tamareil und Zau die Reise ins Solsystem angetreten hatte. Damit war Perry dieser Weg verschlossen gewesen.

Als ich ihm unseren kleinen Coup eröffnet hatte, war seine Reaktion entsprechend geharnischt ausgefallen, obwohl er mir später unter vier Augen zugestanden hatte, dass die Entscheidung vermutlich richtig gewesen war. Trotzdem. Ein Stachel blieb; das leise Gefühl, ihn hintergangen zu haben. Damit würde ich fertigwerden müssen. Vielleicht war dafür eine kurze Zeit der Trennung nicht schlecht.

Ich schob die wenig hilfreichen Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag.

Yan Erdene und sein Team waren bereits da und installierten zusätzliche Messgeräte. Schon als die Ballone voller Proto-Eiris aus Splandheims Silo in die Mulde transferiert und dort fixiert worden waren, hatte der Festköperphysiker und Materialwissenschaftler ein dichtes Netz an Sensoren in der Mulde und auf den Innenseiten der Hüllenwände angebracht. ANANSI überwachte diese Messwerte durchgehend.

Das reichte Erdene aber offensichtlich nicht mehr aus.

»Ist die RAS TSCHUBAI in Gefahr?«, fragte ich ihn ohne Umschweife.

Er schüttelte den Kopf, ohne den Blick von dem Gerät zu nehmen, das er gerade an der Wand ausrichtete. »Ich glaube nicht. Die Dichteänderung in der Außenoberfläche ist minimal. Die Leitfähigkeiten haben sich auch nur innerhalb der Herstellungstoleranzen der Ynkalkrit-Legierung verändert. Spektroskopisch gibt es keine Veränderungen, und das Hyperschwingungsspektrum ist ebenfalls gleich geblieben, soweit ich das sehe. Richtig messen können wir das erst während des nächsten Hypertrans-Progressorfluges.«

»Ist es progressiv?«

»Das versuchen wir gerade zu ermitteln. Die Veränderung beschränkt sich bisher auf die Ynkalkrit-Schicht; tiefere Hüllenschichten sind nicht betroffen. Aber die Messlogs zeigen, dass die Umwandlung sich ganz allmählich nach der Einbringung der neun Ballone eingestellt hat. Es gab keinen plötzlichen Umschlag. Heute erst wurde die erste Warnschwelle überschritten.«

Illustration: Swen Papenbrock

»Wie groß ist der bislang betroffene Hüllenbereich?«

»Moment.« Erdene fixierte das Gerät bei den letzten Einstellungen und deutete zu einem nahen Terminal. »Ich zeige es dir dort.«

Er aktivierte ein Holo der Mulde und blendete die Ballone ein. Jeder war ein grob ovoides Gebilde von hundert Meter Höhe und fünfzig Meter Durchmesser. Sie waren gleichmäßig um den tiefsten Punkt der Halbschale verteilt worden; drei in der Mitte, die anderen sechs darum herum.

»Das Phänomen ist als Erstes an den Messpunkten sichtbar geworden, die direkt unterhalb der Kontaktpunkte der Ballone mit der Hülle liegen. Während dort die Materialdichte immer schneller anstieg, registrierten auch weiter entfernte Messpunkte winzige Messwertänderungen. An den ersten Messpunkten ist die Veränderung inzwischen fast zum Stillstand gekommen. Dadurch haben die später betroffenen Flächen die ersten Messpunkte fast eingeholt.«

Er legte eine Falschfarbendarstellung über das Holo der Mulde. Deren gesamte Außenhülle bis unterhalb der Außenkante der äußeren Ballone erstrahlte in einem kräftigen Gelb, das kaum Schattierungen aufwies. Erst im weiteren Bereich flauten die Farben über Grün, Türkis und Hellblau zu dem normalen blauen Schimmer des Materials ab.

»Terranischblau und Eirisgelb«, murmelte ich. Natürlich gab es letztere Farbe nur in der Falschfarbendarstellung des Holos; dort draußen schimmerte die Hülle nach wie vor in dem merkwürdig intensiven Blau, das durch die Dotierung des Ynkeloniums mit dem Hyperkristall Salkrit erzeugt wurde.

Erdene hatte es gesagt: Das Hyperspektrum war bislang unverändert, und auch die dadurch angeregten optischen Emissionen.

»Ist der Verlauf überall gleich?«

»Innerhalb der Messtoleranz, ja, und zwar sowohl im Gradientenverlauf als auch in den Werten, unabhängig von der Entfernung von den Ballonen.«

Das Phänomen faszinierte mich. War es das, was der Silo-Hüter Tholb mit den Worten »Es ist eine Eigenart der Proto-Eiris, über sich hinauszugehen« gemeint hatte? Er hatte einen gewissen Substanzverlust aus den Ballonen prophezeit. Den konnten wir bislang nicht ohne Weiteres nachmessen, zum einen aufgrund störender Interferenzen der Proto-Eiris, zum anderen aber auch, weil eine Hangarmulde nun mal nicht für hochauflösende Messungen ausgelegt war.

Sobald wir uns Plunak näherten, konnten wir aber das Schwerefeld der Sonne für Messungen nutzen. Die Auswirkungen auf die schiffsinterne Gravitation würden kaum spürbar sein, aber es mochte ausreichen, damit bei richtiger Ausrichtung des Schiffes die Ballone in der von künstlicher Gravitation freien Mulde sich ausreichend stark gegen die Fesselfelder drückten, um zu ermitteln, ob sich gegenüber den Auswirkungen des Schwerefeldes von Splandheim eine Veränderung der rückgerechneten Masse ergab.

»Wir sollten die Regelsensoren der Fesselfeldgeneratoren gegen empfindlichere Modelle austauschen«, stellte ich fest.

»Notiert«, sagte Erdene. »Und ich werde eine genaue Auswertung der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Effekts machen und außerdem die unter dem Ynkalkrit liegenden Schichten im Auge behalten.«

Ich nickte ihm zu. Mehr konnten wir im Moment nicht tun. Bislang hatte sich die Veränderung nicht als schädlich erwiesen. Aber selbst wenn es so gewesen wäre, hätte ich keine Idee gehabt, wie wir es rückgängig machen sollten. Die einzige Möglichkeit, uns dagegen zu wehren, bestand darin, die Mulde samt den Ballonen abzusprengen. Und diese Vorgehensweise erschien mir denn doch als zu drastisch.

»Gib sofort in der Zentrale Bescheid, falls sich herausstellt, dass die Ausbreitung sich nicht auf die Mulde beschränken wird«, ordnete ich dennoch an. »Atlan und Holonder sollen die Chance behalten, zu reagieren, bevor die Veränderung womöglich das ganze Schiff befällt.«

Zurück in der Zentrale berichtete ich Atlan von Erdenes Ergebnissen. Er nickte in Kantweinens Richtung, dessen Kopf inzwischen von der SERT-Haube umgeben war. »Der Linearflug zumindest scheint bislang nicht betroffen zu sein.«

»Das habe ich auch nicht erwartet. Wir wissen allerdings schlichtweg nicht, was passiert, wenn die Salkrit-Kristalle für den Hypertrans-Progressorflug aktiviert werden.«

»Wir machen auf jeden...