Gabriel - Beast Lovers 2

von: Inka Loreen Minden

Inka Loreen Minden, 2018

ISBN: 9783963700217 , 222 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 3,99 EUR

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Gabriel - Beast Lovers 2


 

 

***

 

Ich öffne an meinem alten Dienstwagen die Fenster, um Waldluft hereinzulassen, und genieße den wunderschönen Junitag. Um zehn Uhr ist es draußen schon so warm und feucht, dass ich unter meiner Uniform leicht schwitze. Sie ist das Einzige, was ich an meinem Job gerade im Sommer nicht ausstehen kann. Doch lieber ist mir ein wenig heiß, als dass ich den Gestank des Kühlmittels der Klimaanlage inhalieren muss. Ein normaler Mensch würde wahrscheinlich nichts riechen, aber unsere Wandlernäschen sind eben besonders sensibel – und das bringt mir bei meinem Job viele Vorteile. Trotzdem freue ich mich jetzt schon darauf, nach Schichtende meine Wölfin herauszulassen und mit anderen Rudelmitgliedern durch den Wald zu laufen, um Natur pur zu genießen.

Gemütlich lasse ich den Ford über den Kiesweg rollen und lausche dem Knirschen der Reifen und dem Singen der Waldvögel. Ich bin auf dem Weg zu Gabriel Montabon, der das Grundstück von Hazels verstorbener Mutter gekauft hat. Es liegt etwas abseits und gut versteckt zwischen alten Bäumen mitten im Wald. Nur diese schmale Straße führt dorthin.

Als plötzlich schwarzer Lack vor mir im Sonnenlicht aufblitzt, drücke ich auf die Bremse und bleibe stehen. Ein Wagen kommt mir entgegen, und ich weiß sofort, wem der Escalade mit den verdunkelten Scheiben gehört: Monsieur Montabon.

Er hält ebenfalls und stellt den Motor ab, da ein Vorbeikommen an dieser Stelle nicht möglich ist, und ich steige aus. Nun gut, dann wollen wir dem Herrn mal auf den Zahn fühlen, genau wie ich es Nate versprochen habe.

Das Seitenfenster des SUV befindet sich auf meiner Kopfhöhe, und als es Monsieur Montabon herunterlässt, grinst er mir entgegen. »Bin ich zu schnell gefahren, Officer?«

»Äh … nein.« Alle zurechtgelegten Worte sind vergessen, als ich seine leicht raue Stimme mit dem sexy, französischen Akzent höre, der perfekt zu seinem attraktiven Äußeren passt. Ich habe Gabriel zwar schon ab und zu aus der Ferne gemustert, ihn aber jetzt so nah vor mir zu haben und mit ihm zu reden, zieht mir glatt die Beine weg.

Er trägt eine stark getönte Sonnenbrille, sodass die Gläser seine Augen verbergen, deshalb richtet sich meine Aufmerksamkeit auf sein markantes, männliches Gesicht mit den hohen Wangenknochen, den perfekt geschwungenen Lippen, der geraden Nase, den hellen Zähnen und den kurzen schwarzen Haaren.

Zum Glück bin ich groß genug, dass ich auch einen Kontrollblick in den Innenraum werfen kann, doch ich entdecke nichts Ungewöhnliches. Der Wagen riecht neu und ist relativ sauber, und wegen der verdunkelten Scheiben kann ich leider keine Feinheiten wahrnehmen, was auch zusätzlich an meiner Sonnenbrille liegt. Wandleraugen sind empfindlich. Dafür kann ich Gabriel umso besser erkennen. Seine langen Beine stecken in Jeans, und trotz Hitze trägt er einen dünnen dunkelgrauen Pullover. Der Stoff spannt sich über seinen schlanken Körper und die sanften Wölbungen der Muskeln. Was für eine Sahneschnitte.

Ich muss mich zuerst räuspern, um einen weiteren Ton hervorzubringen. »Ich wollte nur mal vorbeikommen, um zu fragen, ob bei Ihnen alles in Ordnung ist«, sage ich und bemühe mich um ein Lächeln. Der Mann bringt mich völlig aus dem Gleichgewicht. »Sie wohnen ja doch etwas abgelegen.«

»Alles bestens, Officer.« Als sein Grinsen noch breiter wird, bilden sich Grübchen in seinen Wangen. Waren die vorher auch schon da?

»Nennen Sie mich Beth«, antworte ich atemlos. Liegt wohl nicht nur an der Hitze, dass mir plötzlich sehr, sehr heiß ist. »In unserer kleinen Stadt rücken wir alle etwas enger zusammen. Sie werden sicher bald jeden hier kennen.« … und ich würde dich gerne besser kennenlernen, obwohl ich das Gefühl habe, dich schon ewig zu kennen. Verrückt.

Schnell richte ich mein Augenmerk wieder auf den düsteren Innenraum, um seiner Anziehungskraft zu entkommen. Was ist denn nur los mit mir?

»Gabriel«, sagt er und streckt mir die Hand entgegen. Als ich sie ergreife, durchfahren mich bei seinem kühlen, aber festen Händedruck wohlige Schauder. Er hat lange, schlanke Finger, die leicht behaart sind, und er trägt keinen Ring.

Mein Herz klopft schneller. Ob er single ist?

Hastig zieht er die Hand zurück, als hätte er sich an mir verbrannt, und ich mustere ihn erneut. Hazels Makler hat ihn als jung und unheimlich beschrieben, ich finde ihn einfach nur anbetungswürdig. Er hat nichts Unheimliches an sich, höchstens etwas Geheimnisvolles.

Verdammt, Beth, mach deinen Job!

»Was treibt Sie eigentlich in diese verlassene Gegend?«, frage ich möglichst entspannt. »Ich meine … Norwich und Paris? Da hätten sie ja gleich auf den Mond ziehen können.«

»Ich bin Schriftsteller und wollte ein stilles Plätzchen zum Schreiben. In Frankreich wurde es mir zu hektisch, da habe ich mir was Neues gesucht.«

Dieser verdammte, sexy Akzent macht mich total wuschig!

Ich versuche, ruhig zu bleiben und mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren. »Haben Sie keine Familie oder Freunde, die Sie vermissen?«

Gabriel fährt sich durchs Haar und beugt sich ein Stück zu mir, dann senkt er die Stimme, als würde er mir ein Geheimnis anvertrauen. »Wir Autoren sind einsame Menschen, Beth. Wir verkriechen uns den ganzen Tag und die halbe Nacht hinter unseren Computer und schreiben.«

So ein gut aussehender Mann wie Gabriel wäre nicht lange allein, wenn er sich unter Menschen mischen würde.

Erneut räuspere ich mich, während ich meine Hände in die Hüften stütze, damit sie mir nicht im Weg umgehen. Der Mann macht mich wirklich nervös. Liegt wohl daran, dass ich zu lange keinen Sex mehr hatte. Außer in meinen Träumen. Seit Jahren sucht mich ein Unbekannter mit blassblauen Augen auf, um mich nach allen Regeln der Kunst zu befriedigen. »Und das Geschäft läuft gut?« Immerhin kann er sich solch ein Haus und diesen Wagen leisten.

»Ja, ich verdiene sehr gut mit dem Schreiben.«

Gabriel und Schriftsteller? Warum glaube ich, dass dieser Job nicht zu ihm passt? Er wirkt auf mich eher wie ein Millionär. Ein Playboy-Millionär, wenn ich sein verruchtes Lächeln richtig deute.

Hat er Geld geerbt? Gehört er zur Marke: Sohn, Sponsored by Daddy?

Soll niemand wissen, wie reich er ist, damit ihn keiner ausraubt? Oder hat er Dreck am Stecken? Warum sonst hat er mehrere tausend Meilen zwischen sich und seinem alten Leben in Paris gebracht und sich ausgerechnet in Norwich niedergelassen?

Seltsamerweise entdecke ich keine Anzeichen, dass er mich anlügt. Er schwitzt nicht, wirkt nicht übermäßig nervös und seine Hände zittern nicht. Sie liegen fast ununterbrochen auf dem Lenkrad – was auch deshalb sein könnte, damit ich eben jenes Zittern nicht bemerke!

Er ist ein Profi und weiß genau, wie er seine wahre Identität vor mir verbergen kann, ja, das muss es sein!

Ich konzentriere mich auf seinen Herzschlag, doch ich kann ihn nicht hören, wahrscheinlich, weil mein Puls viel zu laut in den Ohren klopft. Ich bin hier wohl die Einzige, die aufgeregt ist.

Okay, was sagen meine anderen Sinne?

Möglichst unauffällig hole ich tief Luft, aber ich rieche nur den Duft seines Waschmittels und ein dezentes Männerparfüm am Autositz, sonst nichts. Keinen Schweiß, keinen Eigengeruch, genau wie Zac bereits festgestellt hat.

Moment, wittere ich da nicht einen Hauch von Eisen? Irgendwas im Wagen riecht metallisch wie … Blut?

Sofort schnellt mein Pulsschlag weiter in die Höhe.

Eventuell hat er sich geschnitten, ich will jetzt nichts reininterpretieren, wo vielleicht nichts ist, aber eines ist er trotzdem niemals: Schriftsteller!

»Ich habe im Internet kein Buch unter Ihrem Namen finden können«, entwischt es mir. Sofort beiße ich mir auf die Zunge.

Seine nachtschwarzen Brauen heben sich über den Brillengläsern. »Sie spionieren mir also nach?«

»Berufskrankheit«, gebe ich zähneknirschend zu. »Und ich war einfach neugierig, was so einen gutaussehenden Mann in diese Gegend verschlägt. Aber …«, füge ich schnell hinzu, bevor noch mehr Mist meinen Mund verlässt und ich mich zum Gespött mache, »das erklärt nicht, warum ich kein Buch von Ihnen gefunden habe.«

Seine Mundwinkel zucken. »Ganz einfach. Weil ich unter einem Pseudonym publiziere.«

»Und warum?« Auf meinen Spürsinn war bisher immer Verlass, daher bin ich mir hundert Prozent sicher, dass er etwas zu verbergen hat. Ob er Schmuddelkram schreibt? Hardcore-Erotik?

Aufseufzend lehnt er sich zurück. »Weil ich meine Ruhe haben möchte, darum. Fans können zuweilen sehr nervig sein und sogar vor der Tür stehen. Das will ich nicht. Ich bin sehr gerne allein.«

Schade eigentlich. Vielleicht steht er nicht auf Frauen, das ist meine einzige Erklärung. Wenn er sich in diesem Kaff einen Mann angelt, wird das innerhalb von Stunden jeder wissen, auch ich. Ein beträchtlicher Teil von mir wünscht sich, dass ich falsch liege. »Also falls Sie mal Lust auf einen Kaffee haben, würde ich Sie gerne in das einzige Café der Stadt einladen.« Das ist mein letzter, verzweifelter Versuch, diesen Kerl für mich zu gewinnen. Womöglich steht er aber auch bloß nicht auf rothaarige Polizeibeamtinnen?

Lächelnd schüttelt er den Kopf. »Sie wollen ja nur mein Pseudonym erfahren.«

»Und? Verraten Sie es mir?«

»Nein«, antwortet er grinsend und startet den Motor. »Kaffee reicht mir zumindest nicht als Bestechung.«

»Na gut, ich überlege mir was«, antworte ich schmunzelnd und steige in meinen...