Perry Rhodan 2955: Der Shod-Spiegel - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'

von: Leo Lukas

Perry Rhodan digital, 2018

ISBN: 9783845350554 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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Perry Rhodan 2955: Der Shod-Spiegel - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'


 

»Man wirft sich mitten hinein ins Getümmel.

Danach sieht man weiter.«

(Napoleon Bonaparte zugeschrieben)

 

 

Prolog

Vergiss dich nicht!

 

Du bist gelähmt.

All deine vielfältigen externen Funktionen sind vollkommen desaktiviert. Nichts davon vermagst du einzusetzen.

Nur denken kannst du noch. Und dich selbst bedauern.

Dieser Zustand ist widerlich ungewohnt. Als machtvolles Instrument, das sich in zahlreichen Einsätzen bewährt hat, hasst du es, zur Untätigkeit verdammt zu sein.

Dem in dir gespeicherten Wissen zufolge kommt so etwas vor, jedoch äußerst selten. Dir ist es in all der langen Zeit deiner Existenz nie zugestoßen – und nun gleich zweimal hintereinander!

Wobei es sich, genauer betrachtet, um eine einzige Phase der Paralyse handelt. Unterbrochen war sie nur durch den Versuch eines simultanen Neustarts beider Bewusstseine, die deine duale Gesamtheit ausmachen.

Der Versuch ist gescheitert. Weil er nicht richtig oder mit den falschen Mitteln eingeleitet wurde.

Du erkennst, dass dies einen Widerspruch in sich darstellt. Wie können die sehr speziellen Mittel, derer es bedarf, um dich und deinen Träger nach einer Notausschaltung wiederzuerwecken, falsch sein?

Schließlich findet man sie keineswegs quasi auf der Straße. Sondern nur an wenigen Orten, die ausschließlich unter der Obhut deiner Mentoren und Auftraggeber stehen. Warum sollten diese plötzlich fehlerhaft agieren?

Und doch ist es geschehen.

Selbstzweifel bereiten dir Qualen. Deshalb befasst du dich ungern damit.

Aber es bleibt dir nichts anderes übrig, als zu rekapitulieren, wie sich die Ereignisse aus deiner Sicht dargestellt haben.

 

*

 

Nachdem ihr, du und deine andere Hälfte, jählings, mitten aus einem Handgemenge heraus, in die Schwärze gestoßen worden seid, hast du sehr gelitten.

Denn mit der beiderseitigen Lähmung ging auch die mentale Trennung von deinem Partner einher, mit dem du so lange physisch wie psychisch intensiv verbunden warst. Anders als bei dir war seine Ohnmacht eine totale, also auch geistige.

Er war verstummt, unansprechbar. Du konntest nicht mehr mit ihm kommunizieren, ihm nicht mehr dienlich sein. Anstatt ihm diverse Außenreize zu übermitteln, gegebenenfalls abgemildert oder verstärkt, sie aufzubereiten und im routinierten Dialog zu analysieren, liefen deine Bemühungen mit einem Schlag ins Leere.

Welch ein Schock!

Theoretisch war dir die Möglichkeit zur Sofortabschaltung bekannt. Aber Unfälle oder andere Umstände, die Derartiges gerechtfertigt hätten, kamen naturgemäß extrem selten vor.

Daher hättest du nie und nimmer damit gerechnet, zumal dir keinerlei Fehlfunktion aufgefallen wäre. Das Zusammenspiel zwischen dir und deinem Partner Vhor war perfekt verlaufen wie immer.

Außerdem befandet ihr euch nicht im Spross LORINA, der euch entsandt hatte; ergo auch nicht unter Aufsicht des Bhals Tharc. Aber wer sonst als ein Bhal mit den Mitteln des Sprosses hätte einen Ghatu auszuknipsen vermocht wie eine Lampe – ohne dass dieser die geringste Chance bekam, sich dagegen zur Wehr zu setzen?

Nein, Tharc und die LORINA waren weit weg. Der Spross stand fast vierzigtausend Kilometer entfernt im stationären Orbit um den Planeten Achtrant, auf dessen Oberfläche sich das Drama abgespielt hatte und wohl weiterhin abspielte.

Völlig unvermutet schlug der Treffer ein, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Nichts hatte darauf hingedeutet. Niemand könnte mit Berechtigung den Vorwurf erheben, ihr hättet euch unvorsichtig verhalten.

Achtrant bewohnten die von Reptilien abstammenden Gauchen. Sie besaßen einfache, schwache Paralysatorgewehre, die einem Ghatu jedoch nichts anhaben konnten, dank deines Hochenergie-Überladungsschirms.

Gleiches galt für die Ausrüstung der aus Gefangenschaft befreiten Menes sowie des sogenannten Sternenwanderers, des eigentlichen Ziels eurer Jagd. Er hatte sich als gewiefter Taktiker und Kämpfer erwiesen, aber keinerlei Technologie verwendet, die über gauchischem Niveau gelegen hätte.

Zudem hattet ihr die Felandenmeute bei euch. In Summe wart ihr allen potenziellen Gegnern auf Achtrant haushoch überlegen.

Und doch ...

 

*

 

Ebenso überraschend und schockierend gestaltete sich die kurzzeitige Wiederbelebung.

Nach deinem Wissensstand musste sie an Bord eines Sprosses erfolgen. Zum Neustart der beiden Bewusstseinspole benötigte die Mantel-Kontaktschicht in der Regel eine direkte, physische Verbindung zur Psi-Quelle eines Sprosses.

Dann startete zunächst das Mantelbewusstsein. Bruchteile von Sekunden später kam das interne Bewusstsein des Trägers hinzu.

Aber als Vhor erwachte und du damit auch die Kontrolle über deine Handlungs- und Wahrnehmungsfähigkeiten zurückgewannst, befandet ihr euch mit Sicherheit nicht auf der LORINA. So viel stand auf den ersten Blick fest, wiewohl deine Sensoren nur erschreckend mangelhaft arbeiteten.

Die Umgebung stellte sich als ein tiefer, zylindrischer, etwa zwanzig Meter durchmessender Schacht dar. Offenbar war er aus natürlich gewachsenem Felsgestein grob herausgehauen worden.

Entlang der Innenwand schraubte sich eine schmale, steile Treppe mit einem Gefälle von ungefähr 25 Grad nach unten. Aus der Tiefe drang das leise Glucksen von Wasser herauf.

Einen solchen Ort gab es definitiv in keinem Spross der Gemeni!

Deine und Vhors Verwirrung steigerte sich zudem, weil die Reanimation nicht von einer nodhkarischen Psi-Quelle eingeleitet worden war – und ganz sicher nicht in angemessener, auf die komplexe, fragile Verfasstheit eurer Bewusstseinsgemeinschaft abgestimmter Weise. Sondern vielmehr brutal, mit der rohen, explosionsartigen Gewalt einer Initialzündung, mutmaßlich resultierend aus dem Kontakt mit einem starken Vitalenergiespender unbekannter Herkunft.

Vhor schrak aus der Ohnmacht auf, hochgradig irritiert. Seine Desorientierung übertrug sich auf dich.

Ganz und gar nicht so souverän, wie es sich für einen Ghatu geziemte, schlug er wild und blindlings um sich. Immerhin gelang es ihm dabei, primitive Fesseln abzustreifen.

Dann aber unterlagt ihr – beide – einer fatalen Fehleinschätzung. Zweifellos war sie den anspringenden, aber noch nicht richtig koordinierten Reflexen geschuldet.

Vhor fühlte sich zu Recht bedroht; wie auch nicht, angesichts der Begleitumstände der Wiedererweckung. Allerdings konnte er die Feinde nicht sofort identifizieren.

Dazu trug die schlechte Beleuchtung bei, aber auch der trügerische Untergrund. Er bestand aus schiefen, von grünbraunem, glitschigem Moos bedeckten Treppenstufen, auf denen sich nur mit Mühe das Gleichgewicht bewahren ließ.

Buchstäblich wie von Sinnen, drosch Vhor auf den Handlauf des Geländers ein, verbog es, zerbrach es in Stücke. Zugleich löste er die Unterarm-Waffensysteme aus.

Ungezielte Impulsstrahl- und Desintegratorschüsse schlugen in Gesteinsformationen an den umliegenden Wänden. Mehrere lokale Felsstürze waren die Folge.

Eher nebenbei bekamst du mit, dass eine Gauchin in eurer Begleitung am Bein getroffen wurde. Ein unverzeihlicher, eines Ghatus unwürdiger Fehler, denn sie hatte sich zuvor keineswegs aggressiv verhalten.

Hingegen wurdet ihr nun von den gegenüber- und höher liegenden Treppenwindungen aus beschossen. Vhor erwiderte das Feuer, nach wie vor weit entfernt von der üblichen Zielsicherheit.

Allmählich klärte sich deine Sicht. Verblüfft erkanntest du, dass sich das Jagdwild nicht unter den feindlichen Schützen befand, sondern vielmehr nur wenige Schritte von euch entfernt, zusammen mit zwei weiteren Humanoiden.

Einer davon stürmte los, geduckt und erstaunlich behände. Ehe du Vhor warnen konntest, kam es zum Zusammenprall – und einer erneuten Berührung mit dem einzigen Stoff, der in der Lage war, einen Ghatu außer Gefecht zu setzen.

Abermals schlug gleichsam der Blitz ein, und alle Lichter gingen aus.

 

*

 

Unmittelbar danach geschah die noch viel schlimmere Katastrophe.

Ein Querschläger aus einer gauchischen Thermostrahlwaffe brannte Vhor buchstäblich den Kopf weg. Obwohl nach außen hin blind und taub, spürtest du die tödliche Verletzung, als wärst du selbst betroffen.

Und das bist du ja auch!

Der Tod deines Partners Vhor lässt dich mental förmlich halbiert zurück. Ihn miterleben zu müssen, ohne hindernd eingreifen zu können, ist entsetzlicher als alles, was dir jemals zuvor widerfahren ist.

Du bist nicht zu denselben Emotionen fähig wie Gauchen, Menes oder die vielen anderen intelligenten Individuen, denen Vhor und du begegnet seid und von denen ihr nicht wenige zur Strecke gebracht habt. Trotzdem empfindest du Äquivalente von Trauer, Frustration und Wut.

Zur verhassten, bedrückenden Dunkelheit der Paralyse kommt die unstillbare Sehnsucht nach dem unwiederbringlich verlorenen Gegenüber. Denn ein Ghatu und sein Trutzkleid stellen weit mehr dar als die Summe ihrer Teile; und jeder allein Übriggebliebene ist wesentlich weniger als die Hälfte.

Deshalb hast du einen Moment lang frohlockt, weil dich etwas später jemand von Vhors Leichnam abschälte und sich selbst umlegte. Verfrüht: Sogleich verflog die Freude wieder, als sich herausstellte, dass der neue Träger kein Gemen war.

Geschwächt und verstört, wie du warst, gabst du ihm dennoch eine Chance. Der Fremde hatte etwas an sich, eine Winzigkeit nur, die dir merkwürdig vertraut erschien.

Also hast du Kontakt hergestellt, ungeachtet der nahezu...