Perry Rhodan 2948: Sunset City - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'

von: Verena Themsen

Perry Rhodan digital, 2018

ISBN: 9783845350486 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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Perry Rhodan 2948: Sunset City - Perry Rhodan-Zyklus 'Genesis'


 

1.

Begegnungen

 

Nachdem der Gleiter zwischen einigen Felsbrocken am Rand des Kraterwalls gelandet war, dauerte es einige Atemzüge, ehe Mar es schaffte, ihre Finger von ihrem Halt zu lösen. Als Erstes desaktivierte sie die Notrufschaltung und sendete stattdessen das Signal für »Situation unter Kontrolle, keine Verletzten«. Erst dann öffnete sie das Netz, das ihren Anzug mit den Schwingen verband, setzte sich auf und faltete die schadhafte Schwinge zusammen. Es tat ihr weh, die Gewebefetzen und heraushängenden Fasern zu sehen.

Unter ihr glitt die Gleitertür auf. Jemand in einem Schutzanzug stieg aus und starrte zu ihr hoch. Im Dämmerlicht konnte Mar kaum den Kopf in dem Transparenthelm sehen, geschweige denn ein Gesicht erkennen.

»Mar, bist du das etwa?«

Eine männliche Stimme. Sie kannte sie irgendwoher, und der Besitzer der Stimme kannte offenbar sie. Trotzdem reagierte sie nicht gleich, sondern konzentrierte sich erst einmal darauf, den langen und sperrigen Packen, den sie aus dem hauchfeinen Gespinst gebildet hatte, mit Haftriemen zusammenzuschnüren. Erst als sie damit fertig war, blickte sie wieder nach unten.

Eine zweite Gestalt hatte sich zu der ersten gesellt. Das rote Dämmerlicht schimmerte auf weißem Haar; vermutlich war die Person entweder alt oder ein Arkonide, denn zurzeit war Weiß keine Modefarbe. Die beiden unterhielten sich, aber auf der Standardfrequenz war nichts zu hören. Mar startete einen Suchlauf. Keinen Atemzug später hörte sie die Stimmen zweier Männer in ihrem Empfänger.

»... ein Risiko. Bist du dir denn ganz sicher? Andernfalls ...« Das war die Stimme des Weißhaarigen. Sie klang angenehm und definitiv nicht alt, hatte aber einen Tonfall, der Mar nicht recht gefallen wollte.

»Ich bin sicher, dass es Mar ist«, fiel der Erste dem anderen ins Wort. »Wer sonst wäre so verrückt, alle Sicherheitsschaltungen zu desaktivieren?«

Das war die vertraute Stimme. Ihr fiel ein, zu wem sie gehörte: dem Hyperfunkspezialisten Pain Faaling. Bei genauerem Hinsehen glaubte sie das schmale Gesicht und den kurz geschorenen, aschblonden Schopf im Helm zu erkennen.

»Danke für das Kompliment, Pain«, sagte sie. »Aber ganz so blöd bin ich doch nicht. Das Prallfeld hätte rechtzeitig gezündet. Keine Gefahr für Leib und Leben also, nur für das Material. Aber mit den Sicherheitsschaltungen ist ein freies Fliegen fast unmöglich.«

Sie griff sich den Packen mit den Schwingen und rutschte vom Gleiterdach. Als sie am Boden ankam, wurde ihr plötzlich schwindelig. Der Packen glitt aus ihren Händen, und sie ging in die Knie. Erst dabei bemerkte sie, dass ihr Körper sich anfühlte, als wäre sie unter eine Gravowalze geraten.

»Idiotisch«, wiederholte Faaling kopfschüttelnd, griff ihre Hand und zog sie hoch. »Ab in den Gleiter mit dir! Ich rufe deinen Onkel an. Wir können ihn ohnehin gut brauchen.«

Mar widersetzte sich seinem Griff nur kurz, um den Dämmerseglerpack aufzuheben, und stolperte dann gehorsam in das enge Gleiterinnere. Pain und der andere Mann folgten direkt.

Drinnen wartete auf dem Pilotensitz eine dritte Person, wie Pain und der andere Fremde in einem Schutzanzug. Der Gleiter war zu klein für eine Schleuse, daher war das notwendig. Andernfalls riskierte man selbst bei kurzer Öffnung, in Last Hopes dünner Atmosphäre zu ersticken oder den extremen Temperaturen zum Opfer zu fallen. Ungewöhnlich war allerdings, dass der Helm auf Verspiegelung gestellt war, als hätte die Person darunter vor, in die Sonne zu schauen – oder als gäbe es etwas zu verbergen.

»Hey! Bist du diese irren Manöver geflogen?«, grüßte Mar ihn auf der Standardfrequenz.

Ihr Gegenüber reagierte nicht. Pain drückte sich an ihr vorbei und setzte sich auf den Co-Pilotensitz, Mar ließ sich mit einem Schulterzucken in einen der beiden Passagiersessel des kleinen Gleiters fallen und schob ihr Schwingenbündel vorsichtig zwischen sich und die Außenwand.

Pain aktivierte das Funkgerät und gab Teo Taurens Kennung durch. Es war Mar zwar nicht sonderlich recht, dass ihr Onkel von ihrem Unfall erfahren sollte, aber es hätte sich ohnehin nicht lange vermeiden lassen. Besser, als wenn ihre Mutter davon erfuhr. Teo verstand sie und ihre Experimentierfreudigkeit. Er verschaffte ihr auch immer wieder Praktika in den Labors und sorgte dafür, dass sie eine breitere technische Weiterbildung erfuhr, als sie sie in der Hochschule bekommen konnte.

Der andere Fremde schloss inzwischen die Gleitertür und setzte sich neben sie. Mar beobachtete die Innendruck- und Temperaturanzeigen. Kaum wechselten die Indikatoren auf Gelbgrün, warf sie ihren Helm zurück und schüttelte das schweißfeuchte Haar aus.

»Ein Mädchen!«

Es dauerte einen Moment, bis Mar den erstaunten Ausruf dem verspiegelten Helm zuordnen konnte – der Stimme nach ein Mann.

»Ich bin eine junge Frau, das hast du schlau erkannt«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. »Was genau daran verwundert dich so?«

»Nichts ...« Der Mann griff sich an den Helm. »Manchmal kommt in mir einfach der Hinterwäldler hoch, der von einer Welt stammt, in der Frauen selten solche waghalsigen Hobbys hatten.«

»Das muss aber eine verdammt hinterwäldlerische Gegend sein«, schnaubte Mar.

Pain unterbrach ihr Geplänkel. »Teo ist unterwegs. Wir werden ihm entgegenfliegen. Ich habe die Koordinaten.«

Während der Gleiter wieder abhob und einen südlichen Kurs einschlug, musterte Mar den anderen Fremden. Er war tatsächlich ein Arkonide mit typischen roten Augen und weißem Haar, das er klassisch lang trug. Nicht so klassisch war allerdings der weiße Bart, der sein Gesicht zierte.

»Hey«, sagte sie. »Ich bin Mar. Mar Tulek, um genau zu sein. Und wem außer dem alten Pain verdanke ich meine Rettung?«

Der Arkonide lachte kurz auf; ein angenehmer, samtiger Laut. »Ich habe dazu nicht viel beigetragen, eher sogar im Gegenteil. Ich war mir sicher, dass du es auch ohne uns schaffen würdest.«

»Und du hast in mir ein Risiko gesehen«, stellte sie fest. »Warum? Und welches ›andernfalls‹ hast du im Sinn gehabt?«

Er betrachtete sie aufmerksam. »Du hast eine schnelle Auffassungsgabe, scheinst aber nicht besonders klug zu sein, wenn du mir deine Erkenntnisse so direkt präsentierst. Für mich ist nicht abschließend geklärt, ob du ein Risiko bist oder nicht.«

»Kein Grund, unhöflich zu sein. Ich habe mich dir vorgestellt.«

Seine Mundwinkel zuckten. »Khono da Khayd. Angenehm.«

»Soso, Hochadel. Ich fühle mich geehrt, dass mich so wichtige Personen mit ihrer Aufmerksamkeit bedenken. Und der andere? Warum versteckt er sich? Ist es der Zhdopandel persönlich?«

»Nicht ganz, aber dicht dran.«

Mar verschränkte die Arme. »Und darum bin ich ein Risiko? Weil ich weiß, dass angeblich wichtige Leute hier sind? Dann war es nicht sonderlich schlau, mir das so direkt zu präsentieren, hm?«

»Touché«, sagte da Khayd. »Sieh es als Vertrauensbeweis gegenüber Pain Faaling, der dich als vertrauenswürdig bezeichnet hat.«

»Und ihm vertraust du?«

»Das tue ich. Ihn und mich verbindet etwas.«

Mar stutzte, dann machte sie langsam eine Handbewegung. »Das ist eine besondere Technik«, sagte sie. »Kennst du sie?«

Dieses Mal wirkte sein Lächeln offener. »Recht gut, denn sie hat mich schon einmal gerettet. Ich sehe, jemand hat dich bereits in ein paar Geheimnisse des Techno-Mahdi eingeführt. Warst du das, Pain?«

Der Hyperfunkspezialist sah kurz zu ihnen nach hinten. »Nein, ihr Onkel Teo. Wie du siehst, vertraut er ihr ebenfalls.«

»So sieht es aus. Dann will ich eurem Urteil ebenfalls vertrauen.«

Mar setzte sich auf. »Bist du hier, um eine Aktion der hiesigen Gruppe zu unterstützen? Oder hast du selbst etwas im Sinne des Techno-Mahdi vor? Es gibt hier viele Unterstützer, in allen Labors und aus allen möglichen Fachgebieten. Was ist dein Spezialgebiet?«

Pain Faaling grinste den Fremden an. »Ich rate dir, den Jak aus der Kiste zu lassen. Du kannst ihr wirklich vertrauen, vor allem, wenn du ihr die Wahrheit sagst.«

»Hm.« Mar fand sich einer eingehenden Musterung durch die roten Augen ausgesetzt. Sie wich dem Blick nicht aus, sondern reckte herausfordernd das Kinn vor.

»Also gut«, sagte er schließlich. »Ich war tatsächlich bislang nicht ganz ehrlich. Mein Name ist nicht Khono da Khayd. Ich nenne mich in Wirklichkeit Adam. Adam von Aures, um genau zu sein, oder auch Auream.«

Mar konnte nicht verhindern, dass ihr die Kinnlade sank. Mit weiten Augen starrte sie ihr Gegenüber an.

»Auream?«, sagte sie und verfluchte ihre wackelige Stimme. »Der Auream? Der tagelang die Leuchtschriften über den Casinos von Lepso die Techno-Mahdischen Losungen formen ließ? Und diese Zurück-zur-Natur-Nostalgiker auf Lilljan bloßgestellt hat durch Fehlfunktionen all ihrer versteckten Gadgets? Und der die Landolf-Petition zur Gleichstellung von künstlichen Intelligenzen in Schillerfarben im Galaktikum in die Wand eingeätzt hat, um ihr mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen? Und ...«

»Nett, dass du mir solchen Altruismus unterstellst«, unterbrach sie der Arkonide mit amüsiertem Gesichtsausdruck. »In Wirklichkeit hat es einfach nur Spaß gemacht, die Lücken auszunutzen.«

Mar schnaubte. »Aber der Freiheitsflug der Biopositroniken! Das war das erste in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommene Statement zur zweifelhaften Moral des verbreiteten herabwürdigenden Umgangs mit fühlenden künstlichen Intelligenzen! Das kannst du nicht einfach nur aus Spaß initiiert haben!«

Er zuckte die Achseln. »Das Netzwerk auf Morvenna hatte den Plan...