Ratgeber Zwangsstörungen - Informationen für Betroffene und Angehörige

von: Hans Reinecker

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2016

ISBN: 9783840927881 , 69 Seiten

2. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Ratgeber Zwangsstörungen - Informationen für Betroffene und Angehörige


 

2 Wie ist die Zwangsstörung entstanden? (S. 21-22)

Die Frage nach dem WARUM steht für Sie als Betroffener ebenso wie für die Angehörigen im Zentrum des Interesses. Es entspricht einem wichtigen Grundbedürfnis des Menschen, die Ursachen eigenen Verhaltens zu kennen.

2.1 Was sind mögliche Ursachen der Zwangsstörung?

Die Frage nach den Ursachen der Problematik ist zunächst völlig berechtigt. Auf der anderen Seite können wir natürlich nicht erwarten, für eine so vielfältige Störung eine einfache Ursache zu finden – noch dazu ein und dieselbe Ursache für alle Patienten, für die wohl jeweils ganz spezielle Bedingungen gelten.

Die Frage nach den Ursachen der Zwangsstörung kann man mit der Frage nach der Entstehung eines breiten Flusses vergleichen, etwa mit dem breiten Donau-Delta vor der Einmündung in das Schwarze Meer (vgl. Abbildung 4).

Ähnlich wie im obigen Beispiel lassen sich einzelne Ursachen der Zwangsstörung im Nachhinein kaum noch ausmachen. Und bei der Erforschung der Ursachen sind wir auf das NACHHER angewiesen, denn:

Merke:
Bei der Entstehung Psychischer Störungen gibt es keine Zuschauer! Was wir lediglich tun können, ist auf einzelne Faktoren zu verweisen, die bei der Entwicklung eine Rolle gespielt haben könnten. Welcher Faktor welches Gewicht hat und welche Kombination von Faktoren gerade im Einzelfall zu nennen ist, muss der entsprechenden Analyse im jeweiligen Fall vorbehalten bleiben.

Folgende Faktoren können bei der Entstehung einer Zwangsstörung eine Rolle spielen:
1. Vererbung dient dann zur Erklärung, wenn wir eine Häufung einer psychischen Störung innerhalb einer Familie finden. Das trifft bei Zwangsstörungen durchaus zu, bei rund 30 % der Patienten finden sich bei Verwandten ersten Grades ebenfalls ähnliche „neurotische“ Störungen (aber nicht unbedingt Zwänge, sondern Ängste, Depressionen usw.). Der Faktor Vererbung ist damit nicht außer Acht zu lassen, die fehlenden 70 % zeigen, dass daneben auch andere Punkte eine Rolle spielen müssen.

2. Der Gesichtspunkt der Kindheit wird vor allem von Vertretern der Tiefenpsychologie geltend gemacht: Demnach werden die wichtigsten Muster unserer Entwicklung in der Kindheit erworben und festgelegt. An diesem Prinzip ist durchaus einiges richtig, für die Zwangsstörungen zeigt sich allerdings, dass etwa Rituale bei so gut wie allen Kindern zu finden sind (z.?B. nicht auf Fugen zu steigen oder bestimmte Einschlafrituale). Nur wenige Erwachsene aber entwickeln Zwänge.

3. Die Erziehung dient oft als sehr allgemeiner Hinweis auf eine Fehlentwicklung („Was haben wir als Eltern falsch gemacht?“). Bei der Entstehung von Zwangsstörungen kann man kaum „die“ Erziehung als allgemeinen Faktor geltend machen. Sicherlich gibt es innerhalb des Verlaufs der Erziehung Merkmale, die eine Entstehung von Zwängen eher begünstigen können. Dazu gehören Vorbildwirkungen der Eltern (Kinder übernehmen bestimmte Muster) ebenso wie ein Klima der speziellen Verunsicherung (z.?B. durch einen alkoholkranken Vater). Man könnte in diesem 4).