Bhagavadgita - Der Gesang des Erhabenen

von: Richard Garbe

Anaconda Verlag, 2017

ISBN: 9783730691519 , 160 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 1,99 EUR

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Bhagavadgita - Der Gesang des Erhabenen


 

ÜBERSETZUNG


Erster Gesang12


Dhritarashtra sprach:

1 Was taten die Meinigen und die Pandavas, als sie sich auf dem heiligen Feld, auf dem Kuru-Feld, kampfbegierig versammelt hatten, o Samjaya?

Samjaya sprach:

2 Als König Duryodhana die Schlachtreihe der Pandavas aufgestellt sah, da trat er zu seinem Lehrer13 und sprach folgende Worte:

3 »Schau dieses große Heer der Pandu-Söhne, o Lehrer, wie es aufgestellt ist von deinem klugen Schüler, dem Sohn des Drupada, [d. i. Dhrishtadyumna].

4 In ihm sind Helden, große Bogenschützen, die dem Bhima und Arjuna im Kampf gleichen:Yuyudhana,Virata und Drupada, der große Krieger;

5 Dhrishtaketu, Cekitana und der tapfere König der Kashis; Purujit, Kuntibhoja und der heldenhafte König der Shibis;

6 Der mutige Yudhamanyu und der tapfere Uttamaujas; der Sohn der Subhadra14 und die Söhne der Draupadi 15 – alle große Krieger.

7 Nun aber vernimm [auch], o trefflichster Brahmane, wer die ausgezeichnetsten unter uns sind, die Führer meines Heeres; damit du sie kennest, nenne ich sie dir:

8 Du [selbst], Bhishma, Karna und Kripa, der Sieger im Kampf; Ashvatthaman, Vikarna und der Sohn des Somadatta [Bhurishravas];

9 Und viele andere Helden, die um meinetwillen ihr Leben hingeben, mit verschiedenen Waffen kämpfend und alle im Streit erfahren.

10 [Trotzdem] ist dieses, unser von Bhishma befehligtes Heer nicht ausreichend, während das von Bhima befehligte Heer jener ausreichend ist.

11 Und so möget ihr denn alle bei allen Vorgängen,je auf eurem Platze stehend, vor allem Bhishma beschützen!«

12 Da, ihm Begeisterung erregend, stimmte sein [Duryodhanas] machtvoller Ahnherr16, der älteste der Kurus, [d. h. Bhishma] ein Löwengebrüll an und blies laut die Muschel.

13 Und darauf erschallten plötzlich Muscheln, Pauken, Trommeln, Tamburine und Trompeten; das Getöse ward gewaltig.

14 Da bliesen auch der Madhava [Krishna] und der Pandava [Arjuna], auf dem großen, mit weißen Rossen bespannten Wagen stehend, in ihre himmlischen Muscheln:

15 Hrishikesha [Krishna] in die Pancajanya, der Schätzeerbeuter [Arjuna] in die Devadatta. Der wolfsbäuchige [Bhima], der Vollbringer furchtbarer Taten, blies die große Muschel Paundra;

16 König Yudhishthira, der Sohn der Kunti, die Anantavijaya; Nakula die Sughosha und Sahadeva die Manipushpaka.

17 Auch der König der Kashis, der treffliche Bogenschütze, und Shikhandin, der große Krieger, Dhrishadyumna, Virata und der unbesiegliche Satyaki,

18 Drupada, die Söhne der Draupadi und der starkarmige Sohn der Subhadra17, sie bliesen von allen Seiten, o König, ihre Muscheln, jeder nach seiner Art.

19 Dieser gewaltige Lärm, der Himmel und Erde durchdröhnte, zerriß die Herzen der Leute Dhritarashtras.

20 Als nun der Pandava [Arjuna], der einen Affen im Banner führte, die Leute Dhritarashtras in Schlachtordnung dastehen sah; erhob er seinen Bogen, während die Geschosse begannen zu fliegen,

21 Und redete, o König, zu Hrishikesa folgende Worte.

Arjuna sprach:

Zwischen den beiden Heeren halte mir den Wagen an, o Unerschütterlicher,

22 So lange als ich diese kampfbegierig dastehenden mustere, mit wem ich kämpfen soll in dieser Kriegsarbeit.

23 Überschauen will ich sie, die hier zum Kampf versammelt sind, dem bösen Sohn Dhritarashtras [Duryodhana] im Krieg sich gefällig zu erweisen.

Samjaya sprach:

24 So von Gudakesha [d. i. Arjuna] angeredet, o Nachkomme des Bharata, hielt Hrishikesha den trefflichen Wagen zwischen den beiden Heeren an

25 Vor Bhishma, Dropa und allen den Königen und sprach: »O Sohn der Pritha [d. i. Arjuna], schau hin auf diese versammelten Kurus!«

26 Da sah der Sohn der Pritha Väter, Großväter, Lehrer, Mutterbrüder, Brüder, Söhne, Enkel und Gefährten,

27 Schwäger und Freunde in beiden Heeren stehen. Als der Sohn der Kunti18 [d.i. Arjuna] alle die Verwandten [dort] aufgestellt erblickte,

28 Ward er vom höchsten Mitleid erfüllt und redete, in Bestürzung geratend, also:

Arjuna sprach:

Wie ich diese meine Anverwandten, o Krishna, kampfbereit [mir] gegenüber stehen sehe,

29 Erschlaffen meine Glieder und mein Mund wird ganz trokken, ein Zittern überfällt meinen Leib, und meine Haare sträuben sich,

30 Der [Bogen] Gandiva entfällt meiner Hand, und meine Haut glüht; ich bin nicht imstande zu stehen, und es ist, als ob mein Denken sich verwirrt;

31 Auch widrige Vorzeichen nehme ich wahr o Schönhaariger; und kein Glück sehe ich erwachsen, wenn ich meine Anverwandten im Kampf töte.

32 Ich verlange nicht nach dem Sieg, o Krishna, nicht nach der Herrschaft und [deren] Freuden. Was ist uns Herrschaft, o Herdenerbeuter, was Genüsse oder [selbst] das Leben!

33 Um derentwillen wir nach Herrschaft, Genüssen und Freuden verlangen, eben die stehen im Kampf [uns gegenüber], Leben und Habe hingebend:

34 Lehrer, Väter, Söhne und Großväter, Mutterbrüder, Schwäger, Enkel, Schwager und [sonstige] Verwandte.

35 Die will ich nicht töten, ob sie auch [mich] töten, o Madhu-Vernichter, selbst [nicht] um der Herrschaft über die drei Welten willen; wie viel weniger [allein] der Erde wegen!

36 Welche Freude kann uns zuteil werden, wenn wir die Angehörigen Dhritarashtras umbringen, o Bedränger der Menschen? Nur Sünde wird an uns haften, wenn wir diese töten, die [uns] nach dem Leben trachten.

37 Darum dürfen wir nicht die Angehörigen Dhritarashtras samt ihrer Sippe töten; denn wie könnten wir glücklich sein, nachdem wir unsere Anverwandten umgebracht haben, o Madhava?

38 Wenn auch jene mit ihrem von Habsucht erfüllten Sinn nicht das Verbrechen erkennen, das durch die Vernichtung der Familie begangen wird, und die Schuld, die in dem an Freunden geübten Verrat liegt,

39 Wie sollten wir nicht verstehen, von dieser Sünde uns frei zu halten, die wir das Verbrechen erkennen, das durch die Vernichtung der Familie begangen wird, o Bedränger der Menschen?

40 Mit der Vernichtung der Familie gehen die von Ewigkeit her bestehenden heiligen Bräuche der Familie zugrunde; und wenn der heilige Brauch zugrunde gegangen ist, dringt Gesetzlosigkeit in die ganze Familie ein19;

41 Infolge des Eindringens der Gesetzlosigkeit werden [auch], o Krishna, die Frauen der Familie verdorben; [und] wenn die Frauen verdorben sind, so entsteht Vermischung der Kasten, o Sproß des Vrishni.

42 [Solche] Vermischung [aber] führt die Vernichter der Familie und die Familie [selbst] zur Hölle; denn ihre Ahnen, die der Manenklöße und der Wasserspenden verlustig gehen20, fahren [aus dem Himmel] nieder [zur Hölle].

43 Durch diese Kastenvermischung bewirkenden Sünden der Familienvernichter werden die seit Ewigkeit geltenden heiligen Bräuche der Kaste und der Familie vertilgt;

44 Und daß der Aufenthalt in der Hölle sicher denjenigen Menschen beschieden ist, deren heilige Familienbräuche zugrunde gegangen sind, o Bedränger der Menschen, haben wir [aus der heiligen Überlieferung] gelernt.

45 Wehe! Wir waren Willens eine große Sünde zu begehen, als wir im Begriff standen, aus Begierde nach den Freuden der Herrschaft unsere Anverwandten zu töten.

46 Wenn die Angehörigen Dhritarashtras mit den Waffen in der Hand mich als widerstands- und waffenlosen im Kampf töteten, das würde mir lieber sein.

Samjaya sprach:

47 Nach diesen Worten setzte sich Arjuna in der [schon begonnenen] Schlacht in den Schoß des Wagens nieder, den Bogen samt den Pfeilen fallen lassend, mit von Kummer erregtem Herzen.

Zweiter Gesang


Samjaya sprach:

1 Zu ihm, der so von Mitleid erfüllt mit tränenvollen, trüben Augen verzagte, sprach der Madhutöter folgende Worte:

Der Erhabene sprach:

2 Woher ist dieser Kleinmut in der Gefahr über dich gekommen, der Edlen mißfällt, den Weg zum Himmel verschließt und Schande bringt, o Arjuna?

3 Werde nicht unmännlich, o Sohn der Pritha; das ziemt sich nicht für dich. Die niedrige Schwäche des Herzens wirf von dir...