Obszöne Lust oder etablierte Unterhaltung? Zur Rezeption pornografischer Filme

von: Gaye Suse Kromer

Diplomica Verlag GmbH, 2008

ISBN: 9783836617307 , 227 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 29,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Obszöne Lust oder etablierte Unterhaltung? Zur Rezeption pornografischer Filme


 

Kapitel 6.4 Paula, 23.03.2007, „Woher soll man es sonst wissen?“:

Paula ist 45 Jahre alt, lebt mit Tochter und Hund als Alleinerziehende im Außenbezirk einer Großstadt. Die Hauptschulabsolventin mit der Ausbildung zur Bürokauffrau ist in ihrer Freizeit mit Mountainbike fahren und Spaziergängen dem Sport zugeneigt. Ihre Neigung schlägt sich auch in der Rezeption von Filmen nieder: Mit zwei DVDs in einem halben Jahr gehört sie zu den Zuschauern, die selten Filme konsumieren. Darüber hinaus sind die Filme geliehen, d.h. sie verfügt über keine eigenen Medien in diesem Bereich. Wenn sie DVDs rezipiert, liegt der Genreschwerpunkt auf Krimis und Mystery, die sie sowohl allein, im Rahmen ihrer Kleinfamilie, als auch im Freundeskreis rezipiert.

Vergnügen:

Auf die Fragen, was sie zum Stichwort Pornografie assoziiere und welche Gefühle sie damit verknüpfe, antwortet Paula spontan mit „Animation“ sowie „[…] Gute, sonst würde ich sie nicht gucken“ (S. 28). Damit zeigt sich Paula grundsätzlich aufgeschlossen zu pornografischen Filmen, hervorgehoben vor allem dadurch, dass sie ohne weiteres Nachdenken auf die Frage antwortet. Paulas Einstellung ist prinzipiell positiv, was sich in ihrer Beschreibung des evasiven Vergnügens verdeutlicht, insbesondere als sie ihre erste Begegnung mit einem pornografischen Film beschreibt: „[Mein Freund] saß an einem Ende, [ich] am anderen Ende der Couch und dann sind wir übereinander hergefallen. Das war super“ (S. 28). Paulas Vorstellung ist eine funktionalisierte Nutzung, in der sie ihre Erwartung an einen Pornofilm genau für sich definieren kann: „Ich gucke mir so einen Film nicht wegen des Themas an. Die Stimulation ist dann einfach da“ (S. 28). An dieser Stelle füllt sie ihre Position als Rezipientin in nahezu idealtypischer Weise, d.h. Paula weiß, was sie bei einem pornografischen Film zu erwarten hat und nutzt die von den Produzenten Erwartung für sich praktisch, in diesem Fall evasiv.

Jedoch kristallisiert sich bei einer intensiveren Nachfrage nach Vorlieben hinsichtlich pornografischer Bestandteile eine Kompromisshaltung heraus: Paulas Wunsch richtet sich auf eine zusammenhängende Geschichte, ein Aspekt, der in Pornofilmen nur bedingt oder gar nicht bedient wird. Wie in der Definition von pornografischen Filmen dargelegt ist gerade das episodenhafte dieser Filmgattung genrespezifisch. Kompromissbereit zeigt sich Paulas Rezeption also deshalb, da in klassischen heterosexuellen Pornofilmen eine zusammenhängende Geschichte eher die Ausnahme bildet, d.h. zwar werden von der Rezipientin angenehme Szenen goutiert und die fehlende bzw. episodische (per definitionem szenisch-narrative) Geschichte zur Kenntnis genommen, entsprechen letztlich aber nicht dem eigenen Maßstab eines rundum gelungenen Pornofilms. Darüber hinaus wünscht sich Paula attraktive Menschen und schöne Räumlichkeiten. Ertels Formulierung nach dem weiblichen Wunsch einer „anderen“, wenn auch nicht weniger expressiven Pornografie, kann an dieser Stelle konkretisiert werden: Offensichtlich ist die Nutzung pornografischer Filme tatsächlich – auch – bei Frauen evasiver Natur, jedoch bestehen hinsichtlich der Rahmenbedingungen Wünsche nach einem überzeugenden Plot, attraktiven Darstellern und nach einem angenehmen Ambiente. "