Handbuch Elektrotechnik - Grundlagen und Anwendungen für Elektrotechniker

von: Wilfried Plaßmann, Detlef Schulz

Vieweg+Teubner (GWV), 2009

ISBN: 9783834892454 , 1143 Seiten

5. Auflage

Format: PDF, OL

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Preis: 66,99 EUR

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Handbuch Elektrotechnik - Grundlagen und Anwendungen für Elektrotechniker


 

"Elektronik (S. 319)

I Leitungsmechanismen bei Halbleitern, pn-Übergang

1 Einführung in die Halbleiterphysik

Im Periodischen System der Elemente findet man zwischen den Metallen und den Nichtmetallen Elemente, die als Halbleiter bezeichnet werden. Es handelt sich hierbei um Materialien mit einer spezifischen Leitfähigkeit, die in dem Bereich zwischen der spezifischen Leitfähigkeit von metallischen Leitern und der von Isolatoren liegt.

Die wichtigsten Halbleiterwerkstoffe sind das Silizium (Si) und das Germanium (Ge). Selen (Se) wird dagegen nur noch zur Herstellung kleinerer Netzgleichrichter verwendet. Hinzu kommen jedoch noch die intermetallischen Verbindungen wie Gallium-Arsenid (GaAs), Gallium- Phosphid (GaP) und Indium-Arsenid (InAs). Sie werden hauptsächlich zur Herstellung von Fotohalbleitern und Hallgeneratoren verwendet.

Silizium und Germanium sind 4wertige Elemente, also bilden Atome mit vier Valenzelektronen das Kristallgitter (Tetraeder-Gefüge) von reinem Silizium und Germanium. Bei diesen Elementen werden die Atome durch die Elektronenpaarbindung zusammengehalten. In den Atomkoordinationsgittern lagern sich die Atome mit ihren äußeren Elektronenschalen so aneinander, daß ihre Bindung über zwei Elektronen erfolgt.

Die Atome teilen sich die Elektronen der äußersten Schale. Diese erhält so nach Bild I-1 den Bau einer Edelgasschale (Abschnitt Werkstoffkunde). Bei einem störungsfreien Kristallgitteraufbau und absolutem Temperaturnullpunkt (V0 = –273 °C = 0 K(elvin) befinden sich alle Atome im Ruhezustand.

Die Leitfähigkeit des Halbleitermaterials ist unter den genannten Bedingungen gleich Null, und damit ist das Material ein absoluter Nichtleiter. In reinem Silizium gibt nun jedes Si-Atom an vier Nachbaratome je ein Elektron ab oder nimmt von jedem der vier ein Elektron zur Aufrechterhaltung der Elektronenpaarbindung an.

In einem reinen Siliziumkristall sind alle Valenzelektronen fest gebunden, so daß keine freien Elektronen zur Verfügung stehen. Wird ein solcher Kristall der Einwirkung von Energie in Form von Licht und/oder Wärme ausgesetzt, so beginnen die Atome zu schwingen (thermische Eigenbewegung). Unter diesen Bedingungen können Valenzelektronen aus ihren Bindungen herausspringen und werden damit zu freien Elektronen, so daß die Leitfähigkeit des Materials größer wird.

An der Stelle, an der ein Valenzelektron aus seiner Bindung gerissen wurde, fehlt nun jedoch eine negative Ladung. Infolge der positiven Ladung der Protonen im Atom verbleibt dem Atom eine positive Ladung, die als „Defektelektron"" oder „Loch"" bezeichnet wird.

Das Entstehen eines freien Elektrons und eines Loches nach Bild I-2 wird als „thermische Paarbildung"" oder „Generation"" bezeichnet. Bei andauernder Energiezuführung werden fortlaufend Elektronen frei, die scheinbar ziellos durch den Kristall wandern, bis sie auf ein Loch treffen und dort wieder in einen festen Atomverband zurückspringen.

Dieser Vorgang wird „Rekombination"" genannt. Paarbildung und Rekombination sind stets im Gleichgewicht. Die Anzahl der verfügbaren Ladungsträger hängt aber von der Temperatur ab und wird mit steigender Temperatur größer. Im Bereich der Raumtemperatur verdoppelt sich in etwa die Anzahl der Ladungsträgerpaare, wenn eine Temperaturerhöhung um 10 K vorgenommen wird.

Diese Erhöhung der Leitfähigkeit mit steigender Temperatur wird allgemein „Eigenleitung"" genannt. Beim Anlegen einer Spannung entsteht im Kristall ein elektrisches Feld, daß die frei gewordenen Elektronen vom Minuspol zum Pluspol der Spannungsquelle zieht. Sie springen auf ihrem Weg dahin immer von einem Loch zum anderen und „fallen hinein"" (rekombinieren)."