1001 Nacht - und die Liebe erwacht

1001 Nacht - und die Liebe erwacht

von: Susan Stephens

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863496609 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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1001 Nacht - und die Liebe erwacht


 

2. KAPITEL

„Sie dürfen sich nie wieder einer solchen Gefahr aussetzen.“ Eindringlich schaute er dem Mädchen in die Augen.

Überrascht erwiderte sie seinen Blick. „Wir sind von Piraten überfallen worden. Ich bin ins Wasser gesprungen und um mein Leben geschwommen. Was blieb mir denn anderes übrig?“

In keinem Fall durfte das Mädchen auf die Schnapsidee kommen, auch von seiner Jacht zu fliehen. Wäre die Sicht besser vorhin gewesen, hätten seine Scharfschützen, die die Jacht aus der Luft beobachteten, sie beim Entern erschossen.

Hatte ihn jemals jemand so herausfordernd angeschaut? Er konnte sich nicht erinnern. Normalerweise verbeugten sich die Menschen ehrfürchtig vor ihm. Diese Begegnung war eine willkommene Abwechslung. Das durfte er sich jedoch nicht anmerken lassen. Die Sicherheit des Mädchens stand auf dem Spiel. Es war wichtig, dass die Nixe verstand, in welcher Gefahr sie schwebte, sollte sie einen zweiten Fluchtversuch riskieren. „Erzählen Sie mir genau, was passiert ist!“

Entschlossen riss sie sich zusammen und gehorchte. Je länger er ihr zuhörte, desto größere Bewunderung empfand er für sie.

Hoffentlich ist ihr diese Erfahrung eine Lehre, dachte er am Ende. „Offenbar finden Sie das alles ganz romantisch“, bemerkte er, als sie Luft holte. „In Wirklichkeit ist dieser Teil des Golfs aber kein Ferienparadies. Sie können von Glück sagen, dass Sie mit einigen Kratzern davongekommen sind.“

Zu seiner Erleichterung sahen die Verletzungen schlimmer aus, als sie tatsächlich waren. Beim Desinfizieren mit Jod hatte die schöne Nixe kaum mit der Wimper gezuckt. Auch das war bemerkenswert. Sie hatte wunderschöne lange Beine und einen hellen Teint. Lange konnte sie sich noch nicht in der Golfregion aufhalten. „Was hat Sie dazu bewogen, in diese Region zu kommen? Wollen Sie sich vor dem Studium den Wind um die Nase wehen lassen?“

„Kann schon sein.“

Offensichtlich befürchtete sie, bei etwas Verbotenem ertappt zu werden. Bevor er nachhaken konnte, stellte sie eine Gegenfrage. „Und was hat Sie hierher verschlagen?“

Man stellte ihm keine Fragen! Doch das konnte sie natürlich nicht wissen. Er war schließlich inkognito hier. Also zuckte er nur nonchalant die Schultern und antwortete: „Der Sturm.“

So einfach war das. Beim Segeln vergaß er, dass er Herrscher über ein Volk war. Auf dem Meer gewann er seine Menschlichkeit zurück. Hier konnte er ganz er selbst sein. Und das kam seinen Untertanen zugute. „Was sagten Sie, wohin Sie unterwegs waren?“, fragte er.

„Ich habe gar nichts gesagt. Aber mein Ziel ist Sinnebar“, erklärte sie widerstrebend, als er ihr unnachgiebig in die Augen sah.

Sie verheimlicht mir etwas! Diese Erkenntnis durchzuckte ihn, als sie unsicher den Blick abwandte.

„Müssen wir das unbedingt jetzt besprechen?“ Jetzt spielte sie ihm die Erschöpfte vor.

„Ja. Oder wollen Sie, dass die Piraten entkommen?“

„Nein, natürlich nicht!“ Sie sah wieder auf.

„Gut, dann erzählen Sie mir, wo genau der Überfall stattgefunden hat. Kennen Sie die Koordinaten?“ Ungeduldig wartete er auf die Antwort.

„Leider nicht.“

Offensichtlich ärgerte es sie, dass sie ihm die gewünschte Antwort nicht geben konnte.

Anhand ihres Berichts reimte er sich zusammen, dass die Piraten es im Schutz des dichten Nebels auf ein Boot ohne Radar und Alarmanlage abgesehen hatten. „Dann haben Sie das Boot also nicht selbst gesteuert, als der Überfall passierte?“, fragte er ungeduldig.

„Nein.“

Müde barg sie den Kopf auf den Knien. Doch solange die Verbrecher noch auf freiem Fuß waren, durfte er kein Mitleid mit ihr haben. „Sehen Sie mich an!“, befahl er unwirsch.

Sie gehorchte sofort. Ihr Blick verriet, dass sie überlegte, ob sie vom Regen in die Traufe gekommen war. Jetzt tat sie ihm doch leid. In der ausgefransten Shorts, dem verblichenen Top und dem am Gürtel befestigten Messer musste er ja einen furchterregenden Anblick bieten! Aber er durfte sie jetzt nicht schonen. Schließlich benötigte er Informationen, um die Piraten zu fassen. „Weiter im Text! Sonst sitzen wir nächste Woche noch hier.“

„Ein Fischerboot hat mich mitgenommen“, gestand sie leise.

„Wie bitte?“ Sprachlos musterte er sie. Ihre Naivität schockierte ihn. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was der Nixe alles hätte passieren können. „Was wollten Sie sich denn damit beweisen?“, fragte er schließlich.

„Gar nichts.“

Das wagte er zu bezweifeln. Wahrscheinlich wollte sie ihre Familie beeindrucken. „Warum haben Sie nicht die Fähre genommen? Oder wäre das zu einfach gewesen?“

„Ich dachte, die Fahrt auf dem Fischerboot wäre authentischer.“

„Unglaublich! Dann gehören Sie also auch zu den Touristen, die sich einbilden, nur mit Abenteuerlust und Überlebensausrüstung im Ausland bestehen zu können.“

„Das ist eine haltlose Unterstellung!“, erwiderte sie und erblasste vor Wut.

„Nein, das ist die Wahrheit. Und dann wundern Sie sich, dass Sie plötzlich in Gefahr schweben?“

Die Vorstellung von Piraten vor Sinnebar brachte ihn fast um den Verstand. Doch auch das Mädchen zerrte an seinen Nerven. Wie klein ihre Hände waren! Sie war überhaupt sehr zierlich. Ungefähr halb so groß wie er. Und unglaublich mutig. Nur ihrer Geistesgegenwart verdankte sie ihr Leben. Offensichtlich hatten die Piraten sich von ihrer zierlichen Figur täuschen lassen. Dieser Fehler würde ihm nicht passieren. Er wusste, dass sie nicht zu unterschätzen war.

Gerade sprach sie leidenschaftlich von einer angemessenen Strafe für die Seeräuber und einer entsprechenden Entschädigung für die Fischer. Erneut erregte ihn ihr Temperament. Ihr Körper fühlte sich weich und nachgiebig an, doch ihr Verstand sprach eine andere Sprache. In seinem Leben war jedoch kein Platz für Komplikationen. Daher riss er sich schnell zusammen. „Haben Sie den Bootstyp der Angreifer erkannt? Nein? Macht nichts.“ Ungeduldig versuchte er, möglichst viele Informationen zu sammeln, die er dem Kommandeur seiner Seestreitkräfte übermitteln konnte. „Welche Farbe hatte das Boot?“

„Es war ein Skiff. Die weiße Farbe über der Wasseroberfläche blätterte schon ab, die untere Hälfte war schwarz gestrichen, das Bootsinnere hellblau wie ein Aquamarin.“

„Wie ein hellblauer Aquamarin?“, fragte er trocken. „Sind Sie sicher?“

„Ganz sicher.“ Sein trockener Humor schien sie zu amüsieren. „Haben Sie jetzt genug gehört?“, erkundigte sie sich, als er sich dem Funkgerät zuwandte.

„Mehr, als ich zu erwarten gehofft hatte“, gab er zurück. „Sie haben Ihre Sache gut gemacht.“

Er spürte ihren Blick im Rücken, als er Befehle ins Funkgerät bellte. Wahrscheinlich war er jetzt zum Mittelpunkt ihrer Wüstenträumereien geworden. Pech für sie, er war nicht interessiert. Es gab genug Frauen, die wussten, was von ihnen verlangt wurde. Dieses Mädchen gehörte nicht dazu. Er beendete den Funkspruch und wandte sich wieder um.

„Alles okay?“, fragte sie hoffnungsvoll.

„Alles okay“, bestätigte er. „Jetzt konzentrieren wir uns ganz auf Sie.“ Kühl musterte er sie von Kopf bis Fuß. „Wie heißen Sie, und was haben Sie hier verloren?“

Kein Name. Auf keinen Fall durfte sie ihm verraten, dass sie Antonia Ruggiero hieß. Offensichtlich war er ein erfolgreicher Mann, und erfolgreiche Menschen hatten Verbindungen. Es würde sich schnell herumsprechen, dass sie eine Diebin war und ihn mit einem Messer bedroht hatte. Das musste sie unbedingt verhindern. Schließlich hatte sie einen Plan, den sie nicht aufgeben wollte.

„Sie kommen aus Europa“, sagte er mit dieser hinreißenden Baritonstimme. „Und haben Ihre Schuldbildung in England genossen, wie ich. Stimmt’s?“

Nur ein ganz leichter Akzent verriet, dass er kein gebürtiger Engländer war. „Stimmt“, antwortete Antonia heiser.

„Wo sind Sie zur Schule gegangen?“ Seinem forschenden Blick entging nichts. Darum hütete sie sich, diesen Mann anzulügen.

„In Ascot.“

„In Ascot? So so.“ In seinem Tonfall lag Spott. Natürlich hatte er schon von dem exklusiven Mädcheninternat gehört. „Dann sind Sie also eine richtig wohlerzogene junge Lady.“

Wohlerzogen? Wenn er wüsste, was ihr beim Anblick seines muskulösen Oberkörpers durch den Kopf gegangen war! „Ich gebe mir alle Mühe“, erwiderte sie so bescheiden, wie es von einem Internatszögling erwartet wurde.

Natürlich nahm er ihr das nicht ab. „Und wie kommt eine so wohlerzogene junge Lady dazu, meine Jacht zu entern, sich an meinen Lebensmitteln zu vergreifen und mich mit einem Messer zu bedrohen?“

Bei seinem unnachgiebigen Blick überkam sie ein erregtes Prickeln, was augenblicklich ihre Konzentration beeinträchtigte. Dabei war dies wahrscheinlich ihre einzige Chance, aufs Festland zu gelangen. Koste es, was es wolle, sie musste versuchen, ihn von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Er durfte sie nicht den Behörden ausliefern. Womöglich wurde sie dann umgehend des Landes verwiesen. „Ich war halb verhungert und verdurstet. Als ich Ihre Jacht sah, habe ich einfach die Gelegenheit...