Palast der blauen Delphine - Roman

von: Brigitte Riebe

Diana Verlag, 2009

ISBN: 9783641017187 , 544 Seiten

Format: ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Palast der blauen Delphine - Roman


 

Schwarze Segel (S. 233-234)

Strongyle

»Land in Sicht!« Die rauhe Stimme des Steuermanns riß Asterios aus seinen Gedanken. Lange hatte er an der Reling gelehnt und in die schäumenden Wellen gestarrt, nun schaute er auf. Frischer Westwind, den die Seeleute lieben und fürchten, weil er zwar die Segel knattern läßt, aber auch die Wogen haushoch türmen kann, trieb den Gaulos rasch auf die runde Insel zu. Immer deutlicher konnte man die Buchten erkennen, in denen Dörfer lagen.

Das Boot der Königin hielt sich westlich und nahm Kurs auf Akrotiri, die größte Hafenstadt an der Südküste Strongyles. Asterios aber hatte nur Augen für den Vulkankegel. Jetzt sah der schwarze Berg friedlich aus, noch vor kurzem jedoch hatte er die Menschen, die hier lebten, in Angst und Schrecken versetzt. Stundenlang hatte die Erde gebebt, ein Strom aus flüssiger Lava war bis ins Meer hinunter geflossen und erst im Wasser erstarrt.

Zurückgeblieben waren verbrannte Bäume und eine breite Schneise in einem Waldstück. Der wahre Herr der Insel, dachte er, aus langem Schlaf erwacht, um sein Reich aus Glut und Asche zu errichten. Feuerspeiend kann er in Stunden vernichten, was in Jahrhunderten aufgebaut wurde. Er reckte den Hals, um mehr von den Zerstörungen zu sehen, die der Vulkan angerichtet hatte. Der Hafen von Akrotiri wirkte von weitem unversehrt. Erst beim Näherkommen entdeckte er an einigen Häusern Brandspuren. Außerdem war der größte Teil der Flutmauer, die das Hafenbecken vor Winterstürmen schützte, in einen Steinhaufen verwandelt.

»Da liegt der Übeltäter friedlich in der Abendsonne, als wäre nichts geschehen!« polterte Iassos neben ihm los. Der Parfumhändler hatte sich auf eigenen Wunsch der Fahrt angeschlossen. Asterios reiste in seiner neuen Funktion als geweihter Diener der Großen Mutter, Ikaros begleitete ihn. Der Ausbruch hatte Tempel und Heiligtum der Insel schwer getroffen. Asterios sollte sich mit eigenen Augen vom Ausmaß des Schadens überzeugen und mit den hiesigen Priesterinnen beratschlagen, was weiter zu geschehen habe. Ängstlich sah der kleine, dicke Mann zu Asterios empor. »Hoffentlich sind nicht alle Netze zerrissen.

Es wäre ein Jammer, wenn alle Purpurschnecken verloren wären!« »Hältst du es für den passenden Augenblick, jetzt an Profit zu denken?« fragte Ikaros. Für seinen Geschmack war Iassos zu laut und plump, und er machte keinen Hehl aus seiner Abneigung. »Anstatt an die Not und das Unglück der Menschen?« »Du hast gut reden!« Iassos setzte eine trotzige Miene auf. Der junge Athener mit den nachdenklichen Augen brachte ihn immer wieder in Verlegenheit. »Soll ich der Königin vielleicht raten, ihre Kultgewänder mit Hennapulver färben zu lassen?« »Hört auf mit dem Gezeter!« fuhr Asterios dazwischen.

»Die ganze Fahrt über habt ihr nichts anderes getan, als aufeinander herumzuhacken!« Die Tage auf See, teils unter Sprühregen, teils unter heißer Sonne, hatten sie alle reizbar und empfindlich gemacht. Die Enge hatte ihnen zugesetzt, und da es wegen der leichten Schiffskonstruktion an Bord kein Feuer gab, mußten sie sich von Oliven, Fladenbrot und getrocknetem Fleisch ernähren. Zudem war das Wasser rationiert, weil man nicht sicher sein konnte, bei Zwischenlandungen auf Süßwasserquellen zu stoßen. »Vergeßt nicht, daß wir hergekommen sind, um zu helfen, nicht um zu streiten«, setzte er schließlich hinzu.