Black Dragons - Ein Flirt mit dem Feuer

von: Katie MacAlister

LYX, 2016

ISBN: 9783736301894 , 320 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Black Dragons - Ein Flirt mit dem Feuer


 

1


Vor zwei Jahren

Arvidsjaur Center für geistig Verwirrte

Eingangsgespräch: geleitet von Dr. Kara Barlind

Übersetzung ins Englische

Anmerkung Dr. Barlind: Das ist das Gespräch, das ich bei Einlieferung mit Patientin A auf Wunsch ihrer Familie geführt habe. Patientin A zeigte deutliche Anzeichen von Schizophrenie und gab nur widerwillig zu, dass ihre Geschichte eher einem Fantasy-Film als dem realen Leben entsprach. Sie hatte jedoch das große Bedürfnis, ihre Geschichte zu erzählen. Dazu ermutigte ich sie in der Hoffnung, dass dies der Genesung zuträglich sein möge.

GESPRÄCH:

Dr. Barlind: Guten Tag, Miss A. Wie geht es Ihnen?

Patientin A: Mir ist es schon besser gegangen, und mein Name ist Aoife, nicht Miss A. Es ist ein irischer Name, und er wird Ii-fe ausgesprochen.

Dr. Barlind: Entschuldigung, Aoife. Manche Patienten ziehen es vor, in unseren Berichten anonym zu bleiben, aber ich werde vermerken, dass Sie lieber bei Ihrem Namen genannt werden möchten. Wollen Sie uns erzählen, was Ihren Bruder und Ihre Schwester dazu bewogen hat, Sie in unsere Obhut zu geben?

Patientin A (schaudernd): Darüber möchte ich lieber nicht nachdenken, aber ich nehme an, wenn jemand etwas unternehmen soll, bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihnen zu erzählen, was gestern Abend passiert ist. Es war doch gestern Abend, oder nicht?

Patientin zeigt deutliche Anzeichen von seelischer Belastung, und ich bestätige ihr, dass sich der auslösende Moment gestern Abend zugetragen hat.

Patientin A: Okay, gut, ich dachte schon, ich wäre auch hier mit der Zeit etwas durcheinandergeraten. Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass das nicht so abgedreht ist, wie es sich anhört. Wo soll ich anfangen?

Dr. Barlind: Wo immer Sie mögen.

Patientin A: Ich denke, alles hat mit dem Date angefangen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass etwas so … Merkwürdiges … passieren würde. Ich meine, Terrin sah absolut normal aus. Und vor allem hat er auf mich nicht den Eindruck gemacht, er könnte sterben und nach Belieben wiederauferstehen.

Patientin A schaudert erneut und reibt sich die Augen, als wollte sie auf diese Weise Bilder aus ihrem Kopf vertreiben, hört aber auf damit, bevor sie sich selbst verletzt.

Dr. Barlind: Dann fangen Sie doch am besten mit Ihrer Verabredung mit diesem Mann an.

Patientin A: Ja. Das Date. Zuerst war alles ganz normal. Nicht gerade durch die Decke, aber ganz nett …

»Ist die Band nicht toll?«

Bässe wummerten um uns herum, hingen schwer in der Abendluft und weckten in mir ein Verlangen. Sexueller Natur.

»Was?«, brüllte mein Date, da ich ihn sonst über dem Lärm der schwedischen Band auf der Bühne nicht gehört hätte.

Ich schaute ihn an. Ich kannte Terrin erst seit ein paar Tagen. Ich war ihm auf dem GothFaire-Jahrmarkt begegnet, wo wir beide in einer Schlange anstanden, um uns aus der Hand lesen zu lassen. Wir waren ins Gespräch gekommen und hatten uns schließlich für das Konzert verabredet.

»Ich sagte, die Band ist toll. Findest du nicht auch?«, schrie ich ihm ins Ohr. Wir hüpften in der dichtgedrängten Menge im Takt zur Musik, als ob das stetige Hämmern des Schlagzeugs ein Urbedürfnis nach Bewegung in uns weckte. Ich machte mir ein bisschen Sorgen, ob es Terrin wirklich gefiel, nicht weil er dafür zu alt sein könnte – er schien etwa im gleichen Alter zu sein wie ich, Mitte dreißig –, sondern weil er irgendwie etwas von einem Buchhalter an sich hatte. Er war die Nettigkeit in Person – alles an ihm war angenehm: seine gutmütigen braunen Augen, seine akzentfreie Stimme, seine kurz, aber nicht zu kurz geschnittenen braunen Haare und sein unauffälliges Gesicht. Er sah aus wie ein absolut solider, unauffälliger Spießer.

Ich hingegen war alles andere als unauffällig. Zumindest in ethnischer Hinsicht.

»Es ist ganz schön betörend, oder?«, antwortete er in der gleichen Lautstärke.

»Betörend?«, brüllte ich.

»Der Zauber der Musik, meine ich. Selbst hier, am Rand der Menge, spürt man ihn.«

Ich starrte ihn an. Was zum Teufel meinte er damit? Vielleicht war es ein Fehler gewesen, mich mit ihm zu verabreden, aber ich hatte gedacht, dass bei einer öffentlichen Veranstaltung wie der GothFaire schon nichts passieren könnte. Ich hatte mich bestimmt verhört. »Ich habe die Band noch nie gehört, und ich wohne seit meiner Kindheit hier in der Gegend, aber sie sind gut. Anders. Die Musik macht mich …« Ich brach ab, nicht weil mir schon der Hals vom Schreien wehtat, sondern weil ich zögerte, das seltsame Gefühl preiszugeben, das mich überkommen hatte.

Terrin wirkte zwar wie ein netter, normaler Mann, aber ich wollte es nicht riskieren, etwas zu sagen, das schlimme Konsequenzen heraufbeschwören konnte.

»Geil?«, fragte er, wobei er sich weiter im Takt zur Musik bewegte.

Ich riss die Augen auf. Hatte er gemerkt, dass mich plötzlich das Verlangen überkam, ihn zu küssen? Ihn zu berühren? Seine Haut auf meiner zu spüren …? Verstört schob ich diese Gedanken beiseite. Terrin mochte ja ein netter Kerl sein, aber deshalb brauchte ich mir noch lange nicht vorzustellen, wie er mich berührte und umgekehrt. »Äh …«

»Ist schon in Ordnung«, schrie er, legte einen Arm um mich und zog mich an sich. Er lächelte mich an, aber in seinen Augen stand nichts weiter als freundliches Interesse. Vertrau mir, schienen sie zu sagen. Ich bin ein korrekter Buchhalter. »Kein Grund, verlegen zu sein. Du kannst dich dem Drang sowieso nicht widersetzen.«

Ich schmiegte mich kurz an ihn und atmete den Geruch von Seife, Shampoo und nettem Mann ein. Die Schlampe in mir fiel beinahe in Ohnmacht, aber mein Gehirn merkte an, dass nichts an ihm so besonders war, das seinen Kommentar gerechtfertigt hätte.

»Äh … ja.« Es kostete mich mehr Überwindung, als ich gedacht hätte, mich von ihm loszureißen. Gott sei Dank schien er nicht beleidigt zu sein. Er lächelte nur nichtssagend und ergriff meine Hand.

Wir lauschten der Band bis zum Ende des Songs, dann schlug er vor, wir sollten uns den Rest des Jahrmarkts anschauen.

»Ich habe das meiste schon gesehen«, sagte ich zu ihm, als wir das große Zelt verließen. Es stand am Ende des Geländes, auf dem die Verkaufsstände und Attraktionen der GothFaire u-förmig angeordnet waren. Ich zeigte auf das Schild, das neben dem Zelteingang hing. »Die Zaubervorführung habe ich heute schon gesehen. Herregud, das war vielleicht toll. Hast du die Magier auch gesehen? Sie sind Vater und Sohn, und bei diesem Trick mit den Eiern habe ich echt Gänsehaut bekommen.«

»Herregud?« Terrin runzelte verwirrt die Stirn.

»Oh, Entschuldigung, das ist ein schwedischer Ausdruck. Es heißt so viel wie Du lieber Himmel oder Oh mein Gott

»Ich dachte, du wärst Amerikanerin«, sagte Terrin. Er hielt mich immer noch an der Hand, als wir über den Hauptgang des Jahrmarkts schlenderten. Es waren immer noch einige Leute unterwegs, um sich die Zukunft voraussagen oder aus der Hand lesen zu lassen oder sich die Zeit mit den gruseligen Dingen zu vertreiben, die der Jahrmarkt zu bieten hatte.

»Ja, das bin ich auch. Mom ist aus Irland und mein Dad aus dem Senegal. Er hat meine Mom kennengelernt, als er in New York Architektur studiert hat. Sie hat Harfe im Central Park gespielt; er kam vorbei und blieb stehen, um ihr zuzuhören. Er sagte immer, er habe sich auf den ersten Blick in sie verliebt.« Ich schwieg. Insgeheim fragte ich mich, warum ich ihm so viel über meine Familie erzählte.

»Und wie bist du dann hierhergekommen?«, fragte er und machte eine weit ausholende Geste, die wahrscheinlich eher ganz Schweden als nur die GothFaire umfasste.

»Dad hat bei IKEA gearbeitet. Und nein, ich weiß nicht, wie man die Möbel zusammenbaut. Bei solchen Dingen habe ich zwei linke Hände.«

Er hob meine Hand und tat so, als bewundere er sie. »Ich finde deine Hände wunderschön. Also, was möchtest du jetzt gerne machen? Aus der Hand haben wir uns ja schon lesen lassen. Warst du schon bei der persönlichen Zeitreise-Beratung? Ich habe mir sagen lassen, sie sei sehr gut.«

Ich sah zu dem Stand, auf den er zeigte. »Nein, das ist nicht so mein Ding. Ich bin völlig zufrieden mit dem Hier und Jetzt.«

»Ah, eine Traditionalistin. Dann lass mal sehen. Piercings?«

Wir blickten beide zum Körper-Piercing-Stand. Dann sahen wir uns an.

»Keine Piercings.« Terrin zog die Lippen zusammen.

Ich lachte. »Ja, ich stehe auch nicht auf Schmerzen oder darauf, kleine Dinge durch meine Körperteile stechen zu lassen. Ich habe es gerade so hingekriegt, mir mit sechzehn Ohrlöcher stechen zu lassen.«

Terrin blieb vor einem rot-schwarz gestrichenen Stand stehen. »Hmm. In einer halben Stunde gibt es eine Einführung in Dämonologie. Das könnte interessant sein.«

»Ach, Dämonen«, sagte ich, verzog ein wenig das Gesicht und ging weiter. »Darüber bin ich schon lange hinaus.«

»Wirklich?« Er warf mir einen überraschten Blick zu. »Du hast ja ungeahnte Tiefen, meine Liebe.«

»Ja, irisch-senegalesische Amerikanerinnen, die in Schweden leben, sind in der Regel sehr tiefgründig. Was ist das?« Ich zeigte auf ein Schild mit einer Kamera. Wir blieben vor dem Stand stehen, damit ich die Aufschrift lesen konnte. »Was ist denn eine...