John Sinclair 713 - Das Monster Suko?

von: Jason Dark

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2015

ISBN: 9783838734439 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,99 EUR

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John Sinclair 713 - Das Monster Suko?


 

Das Monster Suko?


Es klopfte!

Suko wurde wach!

Schlagartig und hastig richtete er sich in seinem Bett auf. Einem Bett, das eigentlich zu groß war für ein Kind. Seit ihn der Fluch des Seelenschwertes getroffen hatte, war Suko jedoch wieder ein Kind.

Auf der Bettkante blieb er sitzen, war dabei weit nach vorn gerutscht, damit er mit den Füßen auch den Boden erreichte, sonst wäre er sich lächerlich vorgekommen.

Hatte er sich getäuscht? Hatte er wieder unter den starken Albträumen gelitten und dabei im Schlaf die schauerlichsten Geschichten erlebt? Er rieb über sein Gesicht, stöhnte auf, und in dieses Stöhnen hinein echote abermals dieses harte, fordernde Geräusch, das den jungen Suko zusammenschrecken ließ.

Jemand war an der Tür, jemand wollte etwas von ihm. Ein Fremder bestimmt, denn Freunde hätten sich anders verhalten.

Sukos kleine Hände näherten sich der Brust und umfassten einen Gegenstand, der an einer Lederschnur, die um seinen Hals geschlugen war, vor der Brust hing.

Es war kein Kreuz wie bei John Sinclair, seinem Freund. Es war nur ein Stab. Sukos Stab, sein Eigentum und für seine Existenz ungemein wichtig, denn durch die Berührung des Stabes wurde er gewissermaßen zu einer anderen Person.

Nicht äußerlich, da blieb er das Kind, aber im Inneren fing es mit einer Wandlung an. Da dachte und handelte er wie ein Erwachsener, wie eben der echte Suko, der in seiner mutierten Kindsgestalt nicht einmal die englische Sprache beherrschte, sondern in einem chinesischen Dialekt sprach, wie er in dem Kloster geredet worden war, in dem Suko aufgewachsen und erzogen worden war.

Aber jetzt hielt er den Stab umklammert. Diese Tatsache erlaubte ihm ein normales Nachdenken.

Wieder wummerte es gegen seine Tür. Die Schläge mussten nicht allein in der Wohnung zu hören sein, sondern auch durch den Flur schallen. Er wunderte sich, dass noch keiner der Nachbarn aus den anderen Wohnungen Krach geschlagen hatte.

Auf der Bettkante rutschte er noch ein Stück vor und stand dann auf. Trotz des Krachs hörte er seinen eigenen Herzschlag, der wie ein dumpfer Trommelklang in seinem Kopf widerhallte.

Auf nackten Füßen bewegte er sich der Schlafzimmertür entgegen, schlüpfte in den Wohnraum, ging einige Schritte und blieb zunächst einmal stehen, weil er lauschen wollte, ob sich die harten Schläge an der Wohnungstür wiederholten.

Das passierte nicht.

Es war still geworden, nächtlich still. Irgendwie bedrückend, obwohl diese Stille normal war, aber Suko befand sich in einem Zustand, wo er sie eben mit anderen Gefühlen betrachtete.

Er drehte den Kopf und schaute zum Fenster. Dahinter lag die blauschwarze Dunkelheit der Nacht.

Sterne schimmerten nicht am Himmel. Sie und der Mond waren durch eine dicke Wolkendecke verdeckt, obgleich es ein warmer und manchmal auch sonniger Tag gewesen war.

Am Fenster war niemand. Suko schaute sicherheitshalber nach und öffnete es sogar.

Wind wehte in sein Gesicht. Er brachte einen scharfen Geruch aus den Straßenschluchten mit. Es schien so zu sein, als würde die Riesenstadt London noch einmal tief ausatmen.

Suko schloss das Fenster wieder. Er reckte sich, um den Hebel drehen zu können. Alles war für ihn anders geworden. Er hatte sein gesamtes Leben praktisch umstellen müssen.

Er hörte nichts mehr.

Waren der oder die Person verschwunden? Er dachte, durch den Kontakt mit seinem Stab, wie ein Erwachsener und zog auch die Möglichkeit irgendwelcher Randalierer in Betracht, die betrunken durch die Stockwerke geirrt waren.

Sicher war er sich nicht, und einen Eid würde er darauf ebenfalls nicht leisten.

Trotz allem siegte die Neugierde. Er wollte nicht mehr an die Gefahren denken, die ihn möglicherweise erwarteten, er musste einfach Gewissheit haben, auch wenn er möglicherweise unterlegen war. So bewegte er sich auf die Wohnungstür zu.

Auch jetzt ging er so leise wie möglich. Nur keine Geräusche, nur die anderen nicht warnen, das allein war ihm wichtig. Die nackten Füße schleiften über den Teppich. Im kleinen Flur bekam er noch einmal starkes Herzklopfen, doch er überwand diesen Zustand der plötzlichen Furcht und ging weiter.

Das Licht hatte er nicht eingeschaltet. In der Wohnung standen die Türen offen. Es herrschte keine finstere Nacht, sondern mehr eine graue Umgebung vor, als hätte ein Maul gewaltige Mengen an Kohlestaub in die Räume geblasen.

Die Tür war ein graues Rechteck. Dahinter lag der Flur, und genau dort mussten sie gestanden haben oder warteten immer noch.

Ausgestattet worden war die Tür mit einem Guckloch. Durch diesen optischen Spion allerdings konnte Suko nicht schauen, er lag einfach zu hoch für ihn, und er musste sich schon einen kleinen Hocker suchen und darauf klettern. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, den Hocker im Flur stehenzulassen. Er rückte ihn noch auf die Tür zu, stieg behutsam und leise hinauf und sah das matte Guckloch direkt vor sich.

Er peilte hindurch.

Nichts war zu sehen. Ein düsterer Flur, gerade mal von einem traurigen Notlicht beleuchtet, das allerdings ausgereicht hätte, um Umrisse irgendwelcher Personen zu erkennen, die sich direkt vor der Wohnungstür aufhielten.

Dort stand niemand!

Suko ließ sich Zeit, schaute mal hin, zog den Kopf zurück, damit sich sein Auge ausruhen konnte, aber fremde Personen oder feindliche entdeckte er nicht.

Wenn sie sich noch in der Nähe befanden, dann hatten sie Deckung gesucht, was ja sehr einfach war, denn tote Winkel existierten im Flur genug. Suko verließ den Hocker, zog ihn wieder zurück und schaute überlegend auf den innen steckenden Schlüssel.

Was sollte er tun?

Ihn herumdrehen, die Tür öffnen, einfach in das Treppenhaus hineingehen und nachschauen?

Bei seiner normalen Größe wäre es kein Problem gewesen, da hätte er es auch mit einer Übermacht aufgenommen. So aber sah die Sache ganz anders aus.

Er ging einen Schritt zurück und hatte sich kaum hingestellt, als er wieder etwas hörte.

Diesmal schlug niemand gegen die Tür, diesmal meldeten sie sich anders. Er hörte ein Kichern und war sicher, dass es nicht nur von einer Stimme abgegeben worden war. Da mussten mehrere ›Besucher‹ vor seiner Tür stehen, die ihm Angst einjagten.

Er ging sicherheitshalber noch einen Schritt zurück und dachte fieberhaft nach.

Dem Kichern nach zu urteilen, warteten keine Männer vor der Tür, das waren Frauenstimmen. Er konnte sich nicht daran erinnern, etwas mit diesen Personen zu tun gehabt zu haben, außerdem gefiel ihm das Kichern nicht, weil es sich böse und gemein angehört hatte.

Ja, es war richtig widerlich gewesen, auch so hämisch und triumphierend.

Und jetzt war es wieder still.

Suko dachte daran, in den Wohnraum zu gehen, um nach Hilfe zu telefonieren. Wäre John Sinclair dagewesen, hätte er nur über solchen Besuch gelacht, denn John wohnte direkt neben ihm. Der Geisterjäger aber trieb sich in den Staaten herum, das hatte Suko von Glenda Perkins erfahren. Angeblich jagte er dort nach einer mordenden Mumie, die New York unsicher machte.

Glenda, dachte er.

Auf sie konnte er sich immer verlassen. Sie hätte er auch mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißen können, ohne dass sie beleidigt gewesen wäre, denn sie stand immer an seiner Seite.

Aber sollte er sie aufgrund eines Verdachtes wecken? Was war, wenn sie erschien und niemand mehr vorkam. Wer immer da lauerte, er wusste genau, was er tat.

Allein jedoch fühlte sich Suko schrecklich und auch hilflos. Gleichzeitig wütend, dass ihm beinahe die Tränen kamen, als er seinen Zustand insgeheim verfluchte.

Auf einmal war das Kratzen da!

Ein schreckliches Geräusch, perfekt für eine Gänsehaut, die auch Suko nicht versagt blieb. Er stand da, fror, zitterte und lauschte dem Kratzen nach, das sich anhörte, als würden kantige Totenfinger über das Außenholz schaben.

Kalt und heiß wechselten sich die Schauer auf seinem Rücken ab, und dann waren die Stimmen da.

»Wir holen dich, Kleiner. Wir sind da …«

»Wer?«, stieß Suko hervor. »Verdammt, wer seid ihr?«

Er hatte nicht so laut gesprochen, als dass er hätte gehört werden können, aber die anderen redeten weiter. Sie kicherten dabei vor Schadenfreude.

»Bald bist du bei uns, Kleiner. Wir freuen uns schon auf dich. Endlich ist die Zeit gekommen – endlich …«

»Haut ab, wer immer ihr seid! Verschwindet! Ich … ich will allein bleiben.«

Diesmal hatten sie ihn gehört. Ihre Antworten klangen böse. »Du bist nicht mehr allein, Kleiner. Jemand ist immer bei dir, beobachtet dich, freut sich über dich und dein Leben. Und weißt du, wer das ist, Kleiner? Weißt du es?«

»Nein, verdammt, das will ich nicht wissen.«

»Wir sagen es dir trotzdem!«, zischelten sie. »Wir tun dir den Gefallen, Kleiner. Es ist der Teufel, ja, der Teufel. Dein neuer Beschützer. Er sieht alles, und du machst ihm damit eine große Freude, wenn du dich quälst und an dein früheres Leben denkst. Kannst du das begreifen, Kleiner? Kannst du es?«

»Ich will es nicht!«

»Du musst aber. Willst du die Tür öffnen?«

»Nein!«

»Dein letztes Wort?«

»Richtig!«, presste Suko hervor. »Es ist mein letztes Wort. Darauf könnt ihr euch verlassen!«

»Auch nicht schlimm«, sagten sie im Chor. »Nein, es ist wirklich nicht schlimm, Kleiner …«

Diese Worte gefielen Suko überhaupt nicht. Er konnte sich vorstellen, dass sie andere Möglichkeiten besaßen, um in seine Wohnung zu gelangen. Dazu zählte er bestimmt nicht einen...