Der internationale Fernsehformathandel - Akteure, Strategien, Strukturen, Organisationsformen

von: Katja Lantzsch

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531909387 , 305 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 39,99 EUR

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Der internationale Fernsehformathandel - Akteure, Strategien, Strukturen, Organisationsformen


 

1 Einführung (S. 13)

„As an academic field of study, global entertainment does not yet exist. (Blakley 2001: 3)

1.1 Gegenstand und Problemstellung

Jeder der acht Vollprogramm-Fernsehsender in Deutschland benötigt täglich 1.440 Minuten Programm – ungeachtet aller Wiederholungen. Die Programmbeschaffung und -produktion avanciert somit zu einem bedeutsamen und anspruchsvollen, wissenschaftlich bislang wenig untersuchten Aufgabenfeld des Medienmanagements.

Vor allem die Beschaffung und Produktion von Fernsehunterhaltung wird von der wissenschaftlichen Forschung unterdurchschnittlich beachtet, obwohl unterhaltende Medienangebote mehr und mehr zu einem dominierenden Programmbestandteil werden (vgl. Krüger 2005). Untersucht wird vorrangig die Rezeption von Inhalten:

„Die Wirkung von Medieninhalten und das Auswahlverhalten der Rezipienten ist ständig im Fokus der Wissenschaft. Doch ausgewählt und wirken kann nur, was produziert wird. Die Strukturen der Fernsehproduktion beeinflussen auch die Inhalte (Schneider 1997: 71).

Ausgeblendet bleiben besonders die relevanten Akteure, ihre Strategien und die Strukturen eines bedeutsamen Marktes, dessen Marktergebnisse darüber entscheiden, welche Medienangebote die Gesellschaft rezipiert. Aus diesem Grund ist es notwendig, „to explain how the economic dynamics of production structure public discourse by promoting certain cultural forms over others (Golding/Murdock zitiert nach Cottle 2003a: 171).

Für informative Medienangebote, wie zum Beispiel Nachrichten, werden die medialen Produktionsbedingungen vor allem im Rahmen der Journalismusforschung untersucht (vgl. Kübler 2005: 181f). Ansätze, eine breiter definierte Kommunikatorforschung unter Einbeziehung des Sektors der Unterhaltungsproduktion zu etablieren, haben dort ihren Ursprung (vgl. exemplarisch Altmeppen/ Quandt 2002).

Die Beschaffung und Produktion von Informationsangeboten ist an Aktualität gebunden und erfolgt durch journalistische Organisationen, wobei meistens die Eigenproduktion favorisiert wird (siehe u.a. Sjurts 2004c). Im Gegensatz dazu sind unterhaltende Fernsehinhalte weniger an Aktualität gekoppelt und können daher in mittelfristigen Prozessen geplant und dementsprechend be- schafft oder produziert werden.

Bereits diese grundlegenden Unterscheidungen des Fernsehprogramms verweisen darauf, dass die Formen und die damit verbundene Organisation der Beschaffung und Produktion unterschiedlich ausgeprägt sind: Unterhaltende Inhalte werden durch die Sender selbst oder per Auftrag entwickelt sowie in Eigenproduktion von den TV-Veranstaltern oder per Auftragsproduktion über wirtschaftlich unabhängige oder auch abhängige Produzenten erstellt.

Eine weitere Möglichkeit des Bezugs stellt der Programmimport (‚finished made-for-TV programme’) dar. So werden beispielsweise Hollywood- Blockbuster, aber auch US-Serien wie die Desperate Housewives per Programmimport eingekauft. Eine Kombination aus Programmimport, genauer einem Formatimport, und Eigen- bzw. Auftragsproduktion ist aus der Nachfragerperspektive der internationale Fernsehformathandel (vgl. Hallenberger 2004b: 159), der den Mittelpunkt dieser Arbeit bildet.

Beim Formathandel kaufen bzw. verkaufen Lizenznehmer und Lizenzgeber Formatlizenzen, um ein Remake zu produzieren. Inhalte werden im Rahmen der Reproduktion an kulturelle Besonderheiten des jeweiligen Fernsehmarktes angepasst (Adaption). Wichtige Voraussetzung dafür ist der Know-how-Transfer als essentielles Merkmal des internationalen Fernsehformathandels.

Die verzweigten Möglichkeiten der Beschaffung und Produktion von Unterhaltungsangeboten führen zu kontingenten Formen der Organisation: Für die Erstellung von exklusiver Unterhaltung werden die Strategien bezüglich Produktion und Vermarktung zwischen den Akteuren vernetzt, was mit einer Poolung von Ressourcen einhergeht bzw. einhergehen muss.