Halbblut - Karl May´s Gesammelte Werke Band 38

von: Karl May

Karl-May-Verlag, 1997

ISBN: 9783780215383 , 510 Seiten

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Halbblut - Karl May´s Gesammelte Werke Band 38


 

2. Der Savannendichter (S. 352-353)

Im Staat Arkansas an dem gleichnamigen Fluss liegt einige Stunden oberhalb Little Rock die Stadt Stenton. Sie bildet durch ihre Lage an der Einmündung zweier Seitenlüsse den Knotenpunkt eines überaus regen Land- und Wasserverkehrs. Mit echt amerikanischer Schnelligkeit ist Haus an Haus, Straße an Straße gewachsen, und wo vor kurzer Zeit noch der wilde Sohn der Prärie sein Ross im Wasser des Stromes tränkte, dehnt sich jetzt sein ‚weißer Bruder‘ im behaglichen Bett und freut sich des Segens – es könnte auch ein Fluch sein – der Zivilisation. Da, wo einige englische Meilen vor der Stadt die Berge zur Ebene niederstiegen, tummelte eine Gesellschaft junger Herren und Damen ihre Pferde in dem biegsamen, von gelben Helianthusblüten durchschossenen Gras.

Der einzige ältere Mann, der sich bei der Gesellschaft befand, zeichnete sich zugleich auch durch sein Äußeres vor allen übrigen aus. Er war ungemein dick und saß auf einem Schimmel, der ihm an Körperumfang ebenbürtig war. Die Bewegung der beiden hatte etwas Dickhäuterähnliches an sich, zu dem die grellen Farben, in die sich der Reiter gekleidet hatte, recht possierlich aussahen. Er trug ein gelbes Beinkleid, rotkarierte Weste, lichtblauen Rock und einen breitkrempigen, in Schwarz und Weiß gelochtenen Pferdehaarhut.

Unter dem umgelegten, steif gestärkten Hemdkragen war ein grün und lila gestreiftes Tuch in einen mächtigen Knoten geschlungen und schickte seine wohlgefaltenen Zipfel bis auf die kostbaren Anhängsel herab, die klingelnd an der dicken Uhrkette baumelten. Das jetzt vom Ritt gerötete Gesicht des Mannes hatte einen höchst gutmütigen Ausdruck. Nur deutete der eigentümlich scharfe Zug um den Mund auf eine bittere Beimischung und der kurze, dicke Nacken schien ein Zeichen hartnäckiger Ausdauer zu sein.

Eben machten er und sein Schimmel eine keuchende Anstrengung, einer der Damen zu folgen, die, als die Gewandteste von allen, in tollen Kapriolen und Zickzackwendungen umherfegte, während ihr langer, blauer Schleier hoch in den Lüften latterte. Wer sie eine reizende Erscheinung nennen mochte, hätte viel zu wenig gesagt; eine so wundervolle Schönheit durfte nicht jetzt während des kühnen Ritts, sie musste im Augenblick der Ruhe und Beschaulichkeit beobachtet und dem Herzen eingezeichnet werden.