Die drei !!!, 40, Achtung, Spionage! (drei Ausrufezeichen)

von: Henriette Wich

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2013

ISBN: 9783440136751 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 5,99 EUR

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Die drei !!!, 40, Achtung, Spionage! (drei Ausrufezeichen)


 

Ein süßes Geheimnis

»Jetzt muss ich aber wirklich los!« Kim machte einen halbherzigen Schritt auf die Eingangstür des Café Lomo zu, wo sie mit Franzi und Marie verabredet war. Gleichzeitig schlang sie ihre Arme noch fester um Michi. Der Spaziergang mit ihm durch den Jakobipark in der nasskalten, frischen Januarluft war wunderschön gewesen. Sie hatten sich so viel zu sagen gehabt, hatten gemeinsam gelacht und Händchen gehalten. Kim wollte ihren Freund gar nicht mehr loslassen.

Michi ging es ganz genauso. »Nur noch einen Kuss!«, flüsterte er in ihr Haar hinein.

Den Wunsch erfüllte Kim ihm nur zu gerne. Danach löste sie sich schweren Herzens aus seiner Umarmung. »Ich ruf dich an, sobald das Clubtreffen vorbei ist«, versprach sie.

»Ich zähle die Sekunden!« Michi warf ihr eine Kusshand zu. Eine weiße, perfekt kreisrunde Atemwolke strömte aus seinem Mund.

Kim nahm Michis wunderbares Lächeln und den Glanz seiner blaugrünen Augen mit ins Café Lomo. Wie auf Wolken schwebte sie zum Stammplatz der drei !!!, zu einer gemütlichen Sitzecke im hinteren Teil des Lokals. »Hallo, Franzi, hi, Marie! Ihr seid ja schon da.«

»Allerdings«, bemerkte Marie und tippte verärgert auf ihre weiße Armbanduhr. »Du bist genau zehn Minuten und zweiunddreißig Sekunden zu spät. Ich hoffe, du hast einen guten Grund dafür.«

Kim, sonst immer die Pünktlichkeit in Person, sah Marie mit einem entwaffnenden Lächeln an. »Tut mir leid, hab ich nicht. Ich konnte mich einfach nicht von Michi trennen.« Sie schälte sich aus ihrer Winterjacke und ließ sich neben Marie in die weichen Polster der Eckbank fallen.

Franzi grinste von einem Ohr zum andern. »Kann ich gut verstehen. Jetzt, wo ihr euch endlich wiedergefunden habt …«

Kim griff verträumt nach der Tasse Kakao Spezial, die verführerisch nach Vanille duftend auf dem Tisch stand, und nahm einen Schluck vom Lieblingsgetränk der Detektivinnen. Manchmal konnte sie es immer noch nicht glauben. Die Liebesgeschichte zwischen Michi und ihr war wie ein Märchen. Schon beim ersten Fall des Detektivclubs hatte sie sich in ihn verliebt, dann waren sie lange Zeit ein Paar gewesen, hatten sich auseinandergelebt, getrennt, neu verliebt und waren an Weihnachten ein zweites Mal zusammengekommen.

»Hey, das ist mein Kakao!« Marie nahm Kim vorwurfsvoll die Tasse aus der Hand. »Du musst dir schon einen eigenen bestellen.«

»Komm wieder runter!«, sagte Franzi ruhig. »Als ob du noch nie zu spät gekommen wärst.«

Eine feine Röte breitete sich auf Maries sorgfältig geschminkten Wangen aus. »Hmmm … stimmt auch wieder«, grummelte sie und zupfte an den Fransen ihres weißen XXL-Schals.

Wenn es bei den drei !!! einen Wettbewerb im Zuspätkommen gegeben hätte, hätte Marie garantiert den ersten Platz belegt. Kim wurde allein schon bei der Aufzählung von Maries diversen Hobbys schwindelig: Aerobic und Yoga, Schwimmen, Schauspiel- und Gesangsunterricht und nicht zu vergessen der Detektivclub. Doch sobald es darauf ankam, ließ Marie sofort ihre anderen Freizeitaktivitäten sausen und stürzte sich voll in die Ermittlungen.

»Was haltet ihr davon, wenn wir zuerst unsere neuesten privaten Geheimnisse austauschen und dann erst zum offiziellen Teil übergehen?«, schlug Franzi vor.

Kim strahlte. »Eine sehr gute Idee.« Sie bestellte einen Kakao Spezial und zur Feier des Tages gleich zwei Blaubeermuffins. Seit sie verliebt war, hatte sie noch mehr Appetit auf Süßigkeiten.

Marie nickte großzügig. »Okay, einverstanden.«

Die Aushilfsbedienung, ein junges Mädchen, war mit den vielen Tellern auf dem Tablett überfordert. Franzi nahm ihr einen Teller ab, stellte ihn vor Kim hin und sah ihrer Freundin beim Essen zu. »Freut mich total, dass du glücklich bist. Mir geht es übrigens auch sehr gut. Felipe und ich haben uns schon ewig nicht mehr gestritten. Er ist längst nicht mehr so eifersüchtig wie früher. Es klingt vielleicht verrückt, aber ich glaube, dass unsere Liebe alles überwinden kann.«

»Dasch klingt überhaupt nicht verrückt«, nuschelte Kim, nachdem sie in Rekordzeit ihren ersten Muffin verdrückt hatte. »Ich weiß genau, was du meinst.« Insgeheim bewunderte sie Franzi. Mit einem temperamentvollen Halbmexikaner zusammen zu sein war bestimmt nicht leicht, zumal Franzi selbst auch manchmal ziemlich aufbrausend sein konnte.

Franzi spielte mit dem geflochtenen Lederband an ihrem linken Handgelenk. Der Anhänger aus Rosenquarz schimmerte im Licht der Bienenwachskerze auf dem Tisch. »Danke. Aber keine Angst, ich fange jetzt nicht an, euch stundenlang von Felipe vorzuschwärmen. Ich wollte euch nämlich noch was anderes erzählen: Stellt euch vor, ich bekomme daheim wahrscheinlich bald ein zweites Zimmer!«

Marie reagierte nicht. Sie rührte schon seit einer Weile stumm in ihrer Tasse und vernichtete dabei systematisch den ansehnlichen Berg aus lockerem Milchschaum auf ihrem Kakao.

»Wie hast du das denn geschafft?«, fragte Kim. »Hast du Chrissie rausgeworfen?« Franzis ältere Schwester konnte unglaublich zickig sein. Auf ihre Art war sie genauso nervtötend wie Kims zehnjährige Zwillingsbrüder Ben und Lukas.

Franzi kicherte. »Leider nicht. Stefan wird ausziehen. Er sucht sich gerade eine Studentenwohnung in der Innenstadt. Er sagt, er will endlich näher bei der Uni sein und mehr Freiheit haben.«

Marie legte abrupt den Kaffeelöffel weg. »Also … falls dein cooler großer Bruder nichts finden sollte, kann er gerne bei uns einziehen.«

Marie wohnte gemeinsam mit ihrem Vater, dem berühmten Schauspieler Helmut Grevenbroich, seiner Lebensgefährtin Tessa und deren Tochter Lina in einer wunderschönen alten Villa im Ostviertel. Dort gab es zwei große Gästezimmer. Kim und Franzi tauschten einen kurzen Blick und prusteten gleichzeitig los.

»Da käme Stefan ja vom Regen in die Traufe«, sagte Kim. »In eurer Patchworkfamilie ist doch noch mehr Trubel als bei den Winklers. Hast du nicht richtig zugehört? Er will mehr Freiheit

Marie breitete die Arme auf der Sofakante aus. Dabei klirrten ihre dünnen silbernen Armreife, die sie zum roséfarbenen Seidenrolli trug. »Genau wie ich. Freiheit ist das Allerwichtigste. Deshalb werde ich wegen Holger auch nie meine Flirts aufgeben.«

»Zu schade!«, stichelte Franzi. »Dabei wärt ihr so ein schönes Paar.«

Maries kurze Beziehung zu Holger war in die Brüche gegangen, weil Holger in Billershausen wohnte und die Fernbeziehung auf Dauer zu belastend gewesen war. Doch seit einiger Zeit knisterte es wieder zwischen den beiden.

»Es ist wunderbar so, wie es ist.« Marie betonte jedes einzelne Wort, als ob sie sich selbst davon überzeugen müsste. Sie zog ihre Arme an den Körper und wirkte auf einmal verfroren, obwohl es im Café Lomo ausgesprochen warm war.

Kim wunderte sich. Marie war heute irgendwie anders als sonst. Ihre Stimmung wechselte fast schon im Sekundentakt. »Was ist los? Habt ihr euch gestritten?«, forschte Kim nach.

»Nein.« Marie schüttelte den Kopf. »Es ist nur … wegen Holgers Mutter. Ihr Gemischtwarenladen in Billershausen läuft nicht gut. Die Leute fahren lieber mit dem Auto zu den Supermärkten in der Umgebung, statt bei ihr einzukaufen. Wenn es so weitergeht, muss sie den Laden dichtmachen.«

Kim und Franzi sahen sich betroffen an.

»Ich hab natürlich versucht, Holger zu trösten«, erzählte Marie. »Er macht sich große Sorgen. Trotzdem fühle ich mich so hilflos. Ich würde so gern helfen, aber ich hab keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Ich kann ja die Billershausener schlecht mit der Pistole zum Einkaufen bei Frau Kurz zwingen.«

Kim legte mitfühlend eine Hand auf Maries Arm. »Du hilfst Holger allein dadurch, dass du für ihn da bist und ihm zuhörst.«

»Ich weiß …«, murmelte Marie. Sie beugte sich über ihre silberne Handtasche und suchte nach einem Taschentuch. Puderdose, Lipgloss und Lidschatten klackerten gegeneinander. Als sie die Papiertaschentücher gefunden hatte, schnäuzte sie sich und atmete tief durch. »Themawechsel bitte! Lasst uns über unseren Club reden. Heute hab ich nachgerechnet, dass unser letzter Fall schon über einen Monat her ist.«

Franzi grinste. »Das stimmt. Eine halbe Ewigkeit. Wenn wir nicht einrosten wollen, sollten wir so schnell wie möglich einen neuen Fall an Land ziehen.«

»Da stimme ich dir voll und ganz zu.« Kim verputzte die letzten Krümel ihres zweiten Muffins, der ein bisschen trocken gewesen war. Rasch bestellte sie sich noch eine Cola, während ihre Gedanken in die Vergangenheit wanderten.

Seit der Clubgründung hatten die drei !!! über 30 Fälle gelöst und dabei hartgesottene Verbrecher im In- und Ausland das Fürchten gelehrt. Ihre Erfolgsquote lag bisher bei 100?%, worauf sie zu Recht stolz sein konnten.

»Jede von uns könnte sich in ihrer Umgebung mal umhören«, überlegte Kim. »Franzi, in der Tierarztpraxis deines Vaters ist doch immer was los, oder im Freizeitpark Sugarland im Restaurant von Felipes Mutter. Hast du noch eine Idee, Marie?«

Marie Grevenbroich hüllte sich in düsteres Schweigen.

Kim hakte vorsichtig nach: »Geht’s wieder? Sollen wir das Treffen vielleicht doch lieber verschieben?«

»Was? Natürlich nicht!«, protestierte Marie. »Ich bin voll da.«

Franzi räusperte...