Achtung Abzocke! - Wie ich den Datenskandal der Call-Center ins Rollen brachte

von: Detlef Tiegel

Heyne, 2010

ISBN: 9783641044213 , 208 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 7,99 EUR

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Achtung Abzocke! - Wie ich den Datenskandal der Call-Center ins Rollen brachte


 

II Recht auf Datenschutz (S. 30-31)

»Zählt nicht uns, zählt eure Tage!« - »Meine Daten gehören mir!« - 1983 steht Deutschland Kopf. Auf Großdemonstrationen wird der Regierung Widerstand entgegengesetzt. Die plant eine Volkszählung: Jeder Haushalt des Landes soll über sich Auskunft geben, soll Angaben zu Einkommen, Größe und Familienstruktur machen. Darüber, ob man mit dem Auto zur Arbeit fährt oder mit der Bahn. Darüber, wie groß die Wohnung ist. Alles zusammengefasst in einem Bogen, den jeder ausfüllen soll. Viele Bürger finden das nicht richtig, wollen nicht, dass der Staat Einblick in das gewinnt, was man privates Leben nennt.

Denn auch wenn der Fragebogen anonymisiert ist: Aus den Daten lässt sich die Herkunft leicht ablesen, der Ausfüller identifizieren. Dieser Kritik stimmte das Bundesverfassungsgericht zu: Es lässt die für das Frühjahr angesetzte Volkszählung am 13. April 1983 per einstweiliger Anordnung stoppen und urteilt am 15. Dezember desselben Jahres, dass die Zählung in der geplanten Form unrechtmäßig ist. Es geht sogar darüber hinaus und erfindet mit dem sogenannten Volkszählungsurteil das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Was kompliziert klingt, bedeutet im Grunde nur eins: Der Datenschutz wird zum Grundrecht.

Die Bürger sollen selbst bestimmen können, was mit ihren Daten geschieht, wer sie sammeln und speichern darf. Dieses Recht ist längst ausgehöhlt. Der Staat sammelt so viele Informationen, wie er darf, und versucht mit immer neuen Gesetzen, seinen Datenschatz weiter zu vergrößern. Die Wirtschaft sammelt noch mehr, weitgehend unbehelligt von Kontrollen. Ein neues Gesetz, das der Wirtschaft Beschränkungen auferlegen sollte, wurde im Frühjahr 2009 von Lobbyverbänden entschärft.

Zum Schaden der Bürger, zur Freude einer Branche, die das Leben von fast jedem Bürger des Landes in vielen Einzelheiten erforscht hat und die daraus gebildeten Profile hortet, verkauft und dazu benutzt, uns mit Werbung zu belästigen. Das funktioniert auch, weil vielen Menschen ihre Daten schlicht egal sind. Sie geben sie gerne preis oder stimmen unwissend ihrer Veröffentlichung zu. Mahnungen, mit den eigenen Daten vorsichtiger umzugehen, werden mit einem Achselzucken kommentiert. Ein Aufschrei wird erst dann laut, wenn den Betroffenen klar wird, was sich mit ihren Daten alles anstellen lässt.

Beim Datenskandal waren es Kontonummern und Bankleitzahlen, mit denen Bürger abgezockt wurden. Doch vielfach geht der Datenmissbrauch schon auf einer sehr viel niedrigeren Ebene los. Die Folgen fallen nur nicht so schnell auf wie ein Minus auf dem Bankkonto. Sind bestimmte Informationen schnell erhältlich, zum Beispiel über Mitgliedschaften in Vereinen, über Schulden oder unregelmäßig gezahlte Mieten, kann das dazu führen, dass Bewerbungen abgelehnt oder Kredite nicht gegeben werden.