Hawkings neues Universum - Wie es zum Urknall kam

von: RĂ¼diger Vaas

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2010

ISBN: 9783440127261 , 336 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 5,99 EUR

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Hawkings neues Universum - Wie es zum Urknall kam


 

Das Zündholz des Urknalls (S. 142-143)

Die Ewige Inflation gehört zu den faszinierendsten und verstörendsten Szenarien der modernen Kosmologie. Die Fülle der Universen, die sie erzeugt, beunruhigt viele Kosmologen. Manche sehen darin sogar eine Gefahr für die Wissenschaft, da eine Vielzahl von Universen die Vorhersage- und Erklärungskraft sowie Überprüfbarkeit der Theorien unterlaufen könnte. Auch Stephen Hawking ist kein Freund der Ewigen Inflation.

Doch weder er noch irgendjemand anders hatte bislang eine überzeugende Idee, die sehr allgemeinen Argumente dafür zu unterlaufen – also einen Mechanismus zu finden, der verhindert, dass die Inflation immer irgendwo weitergeht. Vielmehr hat es den Anschein, dass man die Kröte dieser unaufhörlichen Reproduktion der Universen schlucken muss, wenn man die Vorteile behalten will, die das Szenario der Kosmischen Inflation zu bieten hat, also ihre große Erklärungskraft. Manche Kosmologen wie Paul Steinhardt und Hawkings früherer Mitarbeiter Neil Turok wollen daher die Inflation sogar als Ganzes verwerfen und durch ein völlig anderes Modell ersetzen.Nicht nur im Hinblick auf die Zukunft, sondern auch auf die Vergangenheit macht die Ewige Inflation große Probleme.

Sie konterkariert nämlich die Suche nach dem ultimativen Ursprung von Allem. „Da unser eigenes Universum an jeder Stelle am unendlichen Baum der Universen hängen könnte, die von der Ewigen Inflation erzeugt werden, kann es beliebig weit vom Anfang der Inflation entfernt sein“, erklärt Alan Guth. „Damit gehen alle Spuren seines Beginns verloren.“ Das ist keine gute Nachricht. Mehr noch: Die allermeisten Blasenuniversen sind relativ jung, weil das rasant wachsende falsche Vakuum gleichsam immer mehr „Platz“ für ihre Entstehung schafft.

Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr groß, dass unser eigenes Universum ein ganz junger Spross an Guths „Baum der Universen“ ist. Andrei Linde hat diese zwar zwingende, aber irgendwie auch kontraintuitive Schlussfolgerung schon 1994 erkannt und die irritierende, geradezu antikopernikanische Frage gestellt, ob wir nicht in gewisser Weise sogar „im Zentrum der Welt“ leben.Wenn vor der Entstehung unseres Blasenuniversums eine beliebig lange Zeit der Inflation herrschte – die Inflation also gewissermaßen gar kein Teil unseres Universums ist, sondern gerade umgekehrt unser Universum ein winziges Zucken in der fortwährenden Explosion der Ewigen Inflation –, dann würde das jede Chance zunichte machen, Beobachtungshinweise vom ersten Augenblick beziehungsweise der Zeit vor dem Beginn der Inflation zu entdecken.

So weitreichend der Erklärungsanspruch der Inflationsmodelle auch ist, das Rätsel des Ursprungs von Allem wird dadurch noch lange nicht gelöst. Michael Turner von der University of Chicago, einer der Hauptverfechter der Inflation, hat das sehr prägnant auf den Punkt gebracht: „Wenn die Inflation das Dynamit hinter dem Urknall ist, dann suchen wir noch immer nach dem Zündholz.“