Zerrissen - Sammelband

Zerrissen - Sammelband

von: Liz Levoy

DAO Press, 2018

ISBN: 6610000060467 , 172 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 3,99 EUR

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Zerrissen - Sammelband


 

 


Kapitel 4


 

 

Johnnie erzählte Sean später alles über die Wohltätigkeitsveranstaltung. Unter dem Vorwand, dass er ein wenig runterkommen wollte, Sean stimmte zu teilzunehmen. Johnnie wollte sich seiner Vergangenheit stellen, aber der Gedanke, Susan wiederzusehen, fühlte sich zu verlockend an.

Das Treffen am frühen Morgen gab ihm Anlass zur Sorge. Aus irgendeinem Grund, den er nicht nachvollziehen konnte, schienen Brad und Sean zu bereitwillig einen Krieg mit „Los Lobos“ anfangen zu wollen. Das war untypisch für sie, keiner von ihnen hatte in der Vergangenheit so etwas Verrücktes vorgeschlagen. Johnnies Lösung war ganz einfach und er konnte sich nicht helfen, aber er wunderte sich, wieso sie ihm nicht ihre Stimmen gegeben haben.

„Ich weiß nicht, ob sich Sean darüber Gedanken gemacht hat, aber ich will das nicht jetzt mit ihm diskutieren. Er hat eine Menge auf dem Kerbholz. So wie ich. Alles, was ich heute Abend machen will, ist ein bisschen Spaß zu haben. Clubangelegenheiten können warten.“

Das „Genies“ war ein geschmackvoll eingerichtetes, nettes Café in der Innenstadt von Cornwall, groß genug, um eine Veranstaltung wie diese auszurichten. Es hatte Parkettboden und drei sehr große Kronleuchter hingen von der hohen Decke. Der weitläufige Spielbereich im Keller sorgte dafür, dass jedes Waisenkind eine Menge Spaß haben konnte.

Johnnie und Sean betraten „Genies Café“ an diesem Abend und trugen dieses Mal nicht ihre Lederjacken. Kinder waren von Natur aus neugierig und konnten einem einige unangenehme Fragen stellen. Johnnie sah sich um und hielt Ausschau nach Susan. Sie war in der hinteren linken Ecke und unterhielt sich mit ein paar älteren Herren. Die junge Brünette sah heute Abend unglaublich aus. Ihr strahlendes Lächeln raubte Johnnie den Verstand. Er starrte sie an und hoffte, dass sie ihn bemerkte, aber sie war zu beschäftigt, um ihren Blick von den beiden Männern vor ihr abzuwenden. Johnnie ging langsam zu ihr herüber, während Sean sich entschied, den Keller aufzusuchen.

Susans Reaktion, als sie ihn sah, brachte ein Lächeln in sein Gesicht. Ihre Augen weiteten sich ungläubig. Die älteren Herren entschuldigten sich und gingen zu der Bar rechts.

„Oh, mein Gott“, sagte sie. Ihre Stimme war fröhlich und hell. „Sie haben es geschafft.“

„Es ist schön, Sie wiederzusehen, Susan“, sprach er leise.

„Wow, Sie sehen ...“

„Anders aus“, unterbrach er sie. „Lassen wir es dabei.“

„Gut, ich wollte sagen besser, aber okay.“ Ihr Lachen wurde breiter. „Wo ist Ihr Freund?“

„Das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, wurde er von ein paar Zehnjährigen in Beschlag genommen“, scherzte Johnnie. „Sie sehen phänomenal aus.“

„Danke. Dieser Ort ist toll“, merkte Susan an. „Die Organisatoren hoffen, mehr Geld zu sammeln. Sie sagen, dass die Zahl der Waisen dieses Jahr auf 42 gestiegen ist. Ich habe vergessen zu fragen, wie viele es letztes Jahr waren. Können Sie mir da helfen?“

„Ich habe keinen Schimmer“, sagte er, seine tiefe Stimme hatte eine Spur Traurigkeit.

„Ach, kommen Sie“, drängte sie ihn. „Sie haben letztes Jahr doch auch an der Spendenveranstaltung teilgenommen, oder?“

„Nein, Susan.“ Er schüttelte den Kopf. „Wohntätigkeitsveranstaltungen sind nicht mein Ding.“

„Und wieso sind Sie dann hergekommen?“ Susan war verwirrt.

„Ich wollte Ihnen nur dafür danken, was Sie letzte Nacht getan haben“, sagte Johnnie mit sanfter Stimme. „Und es war eine gute Gelegenheit für mich, Sie wiederzusehen.“

Sein letzter Satz ließ sie ihre Haltung wechseln. Ihr Lächeln verschwand, während sie ihren Blick auf seine Brust senkte. Susan antwortete nicht auf sein Kompliment. Stattdessen verzog sie ihre vollen Lippen, bevor ein bitteres Lächeln über ihr Gesicht lief.

„Wieso haben Sie dieses Leben gewählt, Johnnie?“, fragte Susan, eine Spur Mitleid in ihrer Stimme.

„Ich bin nicht in der Stimmung für eine Predigt, Doc“, seufzte er.

„Wer sagt etwas über eine Predigt?“, wunderte sie sich und hob ihre Stimme.

„Entschuldigung.“ Er lächelte verlegen. „Ich höre das nur oft.“

„Ich habe herumgefragt wegen Ihres Motorradclubs“, informierte sie. „Manche Leute mögen Sie. Manche nicht. Manche hassen Ihre Waghalsigkeit, weil – Zitat –, Sie sind so verdammt laut.’ Wo sind diese Typen? Weil alles, was ich sehe, ist ein höflicher Gentleman.“

„Wir sind laut“, stimmte er zu. „Ich versuche nur, eine Unterhaltung mit einer wunderschönen Frau zu haben, das ist alles.“

„Ich muss Sie hier leider stoppen, Mr. Granger.“ Sie hob ihre Hand zu ihrer Brust. „Ich bin geschmeichelt, aber nein, danke.“

„Ich habe Sie doch noch gar nicht eingeladen.“ Johnnies Stimme klang frustriert.

„Die Leute sprechen auch darüber, wie Sie und Ihre ,Brüder’ Frauen behandeln“, fügte Susan hinzu. „Ich mochte nicht, was ich gehört habe.“

„Sie haben mir vorhin eine Frage gestellt.“ Ein tiefer Seufzer entfuhr ihn. „Wollen Sie die Antwort hören?“

„Ja.“

„Du wählst dieses Leben nicht. Es wählt dich“, gab Johnnie an. „Wenn du keine Familie hast, versuchst du, eine zu finden. Das ist mir und Sean passiert. Wir sind in einem Waisenhaus in Queens aufgewachsen. Wir sind Brad und Shane eines Abends begegnet und fragten, ob wir Mitglieder werden konnten. Sie sagten ,Sicher, aber nur nach einer Probezeit’. Deswegen mag ich keine Wohltätigkeitsveranstaltungen. Sie erinnern mich an die Vergangenheit.“

„Das tut mir sehr leid ...“, flüsterte Susan und lehnte sich in seine Richtung. „Ich hatte ja keine Ahnung.“

„Das ist in Ordnung, Doktor“, erwiderte Johnnie. „Sie konnten es ja nicht wissen.“

In diesem Moment drehte sie ihren Kopf nach rechts und spähte hinter ihn. Sie konnte die Panik in keinster Weise verbergen, es stand ihr ins Gesicht geschrieben.

„Oh, nein“, flüsterte sie verzweifelt. Susan gab ihm keine Möglichkeit, etwas zu sagen und hinter sich zu schauen. Sie hob ihren Kopf hoch, um seine Lippen zu erreichen. Susans plötzlicher, leidenschaftlicher Kuss ließ Schauer über seinen Rücken laufen. Ihre Hände fühlten sich warm an auf seiner Haut. Trotz seines ersten Schocks erwiderte Johnnie schnell ihren Kuss, während sie mit ihren Daumen über seine Wangen strich. So sehr er ihren Kuss genoss, dauerte er nicht lange. Susan lehnte sich zurück, bevor sie ihre Augen öffnete.

„Ich will mich nicht beschweren ...“ Er sprach mit leiser Stimme. „Aber was zur Hölle ist hier los?“

„Ich kann alles erklären“, behauptete sie. „Folge mir.“

Johnnie starb vor Neugier. Susan ging nach links durch die große Halle. Sekunden später waren sie in einem schmalen Flur mit zwei Türen auf jeder Seite. Sie hielt an der ersten Tür auf der linken Seite an und öffnete sie. Susan drückte einen Lichtschalter an der Wand und schloss die Tür hinter sich, als Johnnie eingetreten war. Es schien ein Lagerraum zu sein. Auf jeder Seite des Raumes waren Behälter mit Kaffee und Zucker.

„Don Davis, meine High-School-Liebelei ist draußen“, sagte Susan mit zittriger Stimme. „Er hat mich fünf Mal besucht, seit ich wieder zurück bin. Er will ein Nein als Antwort nicht akzeptieren. Ich habe dich geküsst, weil ich ihm Glauben machen wollte, dass da jemand anderes ist.“

„Ich kann mich um ihn kümmern, wenn du willst“, bot Johnnie an und duzte sie nach den Kuss ebenfalls. Seine Stimme krächzte vor Tatendrang.

„Das ist das Problem.“ Sie zog scharf die Luft ein. „Er ist es bei der NSA, du darfst ihn nicht anfassen.“

An diesem Punkt durchdrang ein lautes, krachendes Geräusch den Raum. Im Bruchteil einer Sekunde lag Susan auf dem Boden. Jemand hatte die Tür eingetreten. Ihr Schmerzensschrei ließ Johnnies Adrenalinspiegel in die Höhe schießen. Ein großer, untersetzter Mann stand im Türrahmen und sah wütend auf sie herab.

„Du verfluchte Hure!“, schrie er. Johnnies Augen glühten vor Wut. Er fühlte, wie das Blut in seinen Venen brodelte. „Du verschwindest hier sofort, Junge“, führ Don fort, hob seine Augen und starrte Johnnie an. „Das hier geht dich nichts an.“

„Junge?“, knurrte Johnnie und ballte seine Fauste, während er einen großen Schritt auf Don zuging. Schnell griff er seinen rechten Arm und verdrehte ihn in der Mitte, dann landete er einen gewaltigen Schlag gegen den Wangenknochen seines Gegners. Dons Körper flog durch den Flur. Er schlug mit seinem Kopf gegen die Wand und landete hart auf seiner linken Seite. Johnnie verließ den Raum, bückte sich herunter und griff einen verblüfften Don beim Kragen seiner Jacke, um ihn hochzuziehen. Ein weiterer, noch härterer Schlag schickte den Körper seines Rivalen mehr als fünf Meter den Flur entlang. Dieses Mal landete er flach und hart auf seinem Rücken und schrie vor quälenden Schmerzen auf. Er war geschockt und spürte das Blut in seinen Schläfen pulsieren. Johnnie hielt ihn mit dem Knie auf der Mitte seiner Brust am Boden fest.

„Weißt du was, Arschloch“, grummelte er. „Das ist meine Stadt. Meine Regeln. Ich gebe einen Dreck auf deine NSA, dem FBI oder sonst was. Und jetzt verschwinde von hier.“

„Sie machen einen schweren Fehler, Mr.“ Don grinste zu ihm hoch.

„Mache ich?!“ Johnnies Stimme grollte wie Donner.

„Johnnie!“ Er hörte Susans zitternde Stimme und ihre schnellen Schritte auf dem Flur. „Lass ihn gehen. Bitte!“, bat sie und legte ihre Hand auf seine Schulter.

„Glaub mir, Arschloch“, knurrte er nochmals....