Stark wie unsere Liebe

Stark wie unsere Liebe

von: Laura Marie Altom

CORA Verlag, 2011

ISBN: 9783863497347 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 2,49 EUR

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Stark wie unsere Liebe


 

2. KAPITEL

„Was gibt es zu den Corndogs dazu?“, fragte Candys beste Freundin und Nachbarin Kelly Foster um Viertel vor sieben am selben Abend in Candys Küche. Sie wies auf die verloren daliegenden Würstchen im Teig.

„Du meinst, ich hätte Jake gleich ein Filet Mignon braten sollen?“

Kelly saß auf einem der Barhocker an der dunkelrot gefliesten Theke. Sie verzog das Gesicht. „Na ja, Corndogs ohne alles? Wenn du wenigstens noch Spaghetti und Salat als Beilagen genommen hättest. Der Mann hat dich gebeten, ihn wieder zu heiraten, nicht, seine Klos zu putzen.“

„Stimmt“, sagte Candy, zog die Ofentür auf und schob das Blech mit den Corndogs hinein. „Und dieses Mal ist er wenigstens gut bei Kasse. Für die Hausarbeit kann er sich ein Dutzend Haushälterinnen leisten. Glaubst du, sie fegen auch die Reste von gebrochenen Herzen weg?“

Sie schloss kurz die Augen und drängte die schon wieder aufsteigenden Tränen weg. Sarkasmus war überhaupt nicht ihre Art! „Entschuldige“, sagte sie. „Was Jake Peterson angeht, war eine Ehe einfach mehr als genug.“

Kelly verdrehte ratlos die Augen. „Ihr wart füreinander geschaffen. Von eurem ersten sonderbaren Picknick-Date auf dem Footballplatz von Lonesome High an! Das weiß jeder. Warum, glaubst du, hat Jake wohl nie wieder geheiratet?“

„Woher soll ich das wissen? Wir haben seitdem keinen Kontakt mehr gehabt. Und unser erstes Date war nicht sonderbar, sondern sehr romantisch.“ Mit Nachdruck knallte Candy eine große Tüte tiefgefrorener Pommes frites auf die Arbeitsplatte.

„Puh“, bemerkte Kelly und sah genauer hin. „Wie alt sind die denn?“

„Sie sehen ein bisschen komisch aus“, gab Candy zu. „Kann sein, dass sie noch aus der Zeit stammen, als ich mit Chad Schluss gemacht habe. Erinnerst du dich an meine darauf folgende Fett-und-Süß-Phase?“ Candy schauderte es bei der Erinnerung daran. „Immerhin hat dieser Abend ein Gutes.“

„Und das wäre …?“

„Ich räume endlich meinen Gefrierschrank aus.“

„Du bist ein hoffnungsloser Fall.“ Lachend schüttelte Kelly ihren hübschen blonden Kopf. „Was, glaubst du, hat Jake vor?“

„Es kann nichts Gutes sein! Schubidu-du“, Candy lächelte ihrer Freundin zu und trommelte einen munteren Rhythmus auf ihrer imaginären Oberschenkel-Trommel.

„Mich kannst du nicht täuschen, Candy“, erklärte Kelly nachdenklich.

Candy drehte sich um und nahm Senf und Ketchup aus dem Kühlschrank. „Das versuche ich gar nicht.“

„Du hast einen Riesenbammel, stimmt’s?“

„Wovor? Es wird nur ein Abendessen“, erklärte Candy und stellte Senf und Ketchup mechanisch in die Spülmaschine. „Mir geht es hervorragend. Dass Jake wieder da ist, lässt mich völlig kalt.“ Jetzt nahm sie nacheinander ein paar Kaffeebecher aus der Spülmaschine und hängte sie an ihre Haken unter den Hängeschränken.

„Räumst du dein schmutziges Geschirr wieder aus, weil es dir so gut geht?“

Erschrocken starrte Candy auf die Kaffeetropfen, die langsam auf die Arbeitsfläche fielen. „Mist.“

„Und dann kannst du ja vielleicht auch Ketchup und Senf wieder aus der Spülmaschine holen.“

Entgeistert starrte Candy auf ihr Werk. „Kelly, hilf mir. Du musst hierbleiben. Was soll ich machen? Worüber soll ich mit ihm reden? Ich kann nicht mit ihm allein sein. Du weißt, was allein schon sein Anblick bei mir auslöst. Du hättest ihn heute im Laden sehen sollen.“

Kelly rutschte von ihrem Hocker und nahm sie in die Arme. „Glaub mir, alles wird prima. Ihr beiden habt euch schon als Teenager geliebt. Ihr kennt euch seit Ewigkeiten. Vielleicht vermisst er dich ja, und dieser Antrag war ernster gemeint, als du denkst.“

Candy schnaubte. Dann unterdrückte sie einen tiefen Seufzer. „Du warst nicht an dem Morgen da, als er seine letzten Sachen abgeholt hat. Ich habe ihm den Schuhkarton gegeben, in dem er meine Liebesbriefe aufgehoben hatte, aber er sagte mir, ich solle ihn behalten, Kelly. Er sagte zu mir, er wolle in seinem neuen Leben nichts haben, was ihn an mich erinnerte. Dann ging er ohne ein weiteres Wort.“

„Jetzt kommen mir auch schon die Tränen!“, rief Kelly und putzte sich ungeduldig die Nase. Dann drückte sie ihre Freundin noch einmal tröstend an sich.

„Bitte, bleib hier“, flehte Candy. „Lass mich nicht mit ihm allein. Ich mache extra für dich noch Steaks.“

Draußen schlug eine Autotür zu. „Oh, nein!“

Aufmunternd sah Kelly sie noch einmal an und legte ihr die Hand auf den Arm: „Ich habe nachher nicht nur meinen Malkurs, sondern weiß auch genau, dass du in deinem Kühlschrank nichts mehr hast, außer Schmelzkäse und drei Jahre alte Mixed Pickles.“

„Verräterin“, murmelte Candy, als Kelly mit einem letzten Winken aus der Hintertür verschwand.

Im selben Moment klingelte es vorn an der Haustür, und gleich darauf ging sie schon knarrend auf. „Candy? Bist du da?“

„Hi“, brachte sie nur heraus.

Jake kam mit einem so vertrauten schiefen Lächeln auf sie zu, dass ihr Herz einen Salto machte. Es war wie damals, wenn sie Jake zur Tür hereinkommen sah, als sie frisch verheiratet waren.

„Riecht gut hier“, sagte er. „Was gibt’s zum Essen?“

„Corndogs.“

„Mmh. Toll.“

War er immer so groß gewesen? Er schien den ganzen Raum auszufüllen. Und warum wünschte sie plötzlich, sie hätte Kellys Rat befolgt und wenigstens noch schnell ein paar Spaghetti dazu gekocht? „Tut mir leid, dass es nichts Richtiges gibt. Ich habe praktisch nichts mehr im Haus.“

„Ich bin wunschlos glücklich“, gab Jake zurück und sah sich im Wohnzimmer um. In seinem Gesicht stand Anerkennung. Oder hoffte sie das nur?

Das verlassene alte Haus hatten sie damals kurz nach der Hochzeit gekauft, weil die Raten für die Bank günstiger waren als eine Miete. Es stand auf einem waldigen Hügel über dem Lonesome See. Mit den Jahren hatte Candy es wieder schön in Schuss gebracht. Und auch, wenn ihr selbst nicht klar war, warum, lag ihr auf einmal etwas daran, dass es Jake gefiel.

Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen und sagte: „Hier hat sich Einiges verändert.“

„Das kann man wohl sagen.“ Er pfiff leise. „Es sieht gemütlich aus, nicht mehr wie die wildeste Studentenbude der Gegend. Was ist aus den Ziegelstein-Bücherregalen und Goldilocks geworden?“

Goldilocks. Die alte Couch mit dem Goldbezug, die sie auf den Resten der Badezimmerkacheln aufgebockt hatte …

„Sie ruhen in Frieden auf der städtischen Müllkippe, neben einem sehr netten älteren Paar, Waschmaschine und Trockner, früher wohnhaft in der Pecan Lane auf einer gelben Ranch.“

Jake lachte, und sein belustigter Blick traf Candy völlig unvorbereitet.

Bilder aus der Vergangenheit stiegen in ihr auf, gemeinsames Frühstück und Abendessen an einem wackligen Sägebock-Tisch. Samstagabend-Schaumbäder bei Kerzenschein und die unendlich albernen Witze, die sie sich darüber ausdachten, warum die Heißwasserrohre wohl so stöhnten.

Einen Augenblick lang war Candys Welt wieder heil, wie damals, wenn sie Jake zum Lachen brachte und mit sich und der Welt im Reinen war.

Bis die Erinnerung sie mit einem Stich traf. Nein, ihre Welt war damals gar nicht heil gewesen. Hör auf, dir etwas vorzumachen!

Jedenfalls sollte Jake um keinen Preis sehen, wie ihre Gefühle Achterbahn fuhren, nur, weil er vor ihr stand. Also fuhr sie munter fort: „Zu Ihrer Linken sehen Sie mein ziemlich neues Sofa. Beachten Sie den weichen Blumenbezug. Und zu Ihrer Rechten haben wir eine echte Bücherwand-plus-Unterhaltungselektronik-Einheit. An der Unterhaltungselektronik arbeite ich noch.“

„Sehr hübsch“, sagte Jake. „Aber wie siehst du überhaupt, was im Fernsehen läuft? Das Gerät ist ja winzig. Candy, wenn du einen besseren Fernseher willst, brauchst du doch nur …“

„Danke, aber ich will dein Geld nicht, Jake.“

„Es gehört uns beiden.“

„Du hast Galaxy Sports, wie es heute ist, nach unserer Scheidung geschaffen.“

„Ja, aber in den Scheidungspapieren steht, dass die Hälfte davon dir gehört.“

„Aber ich will es nicht.“

„Pech. Das ist so, ob du es nun willst oder nicht.“

„Ach, Jake“, sagte sie und wich seinem Blick aus. „Zehn Jahre haben deinem Stolz nicht den kleinsten Abbruch getan.“

Sie standen dicht voreinander, aber sie lebten auf verschiedenen Planeten. Und doch, was hatte dieser Mann nur an sich, dass ihr bei einem Blick in seine Augen nach all diesen Jahren noch immer die Knie weich wurden?

Einerseits wollte sie nur schnell zur Sache kommen und erfahren, was sein plötzlicher, absurder Antrag am Nachmittag bedeuten sollte. Andererseits verspürte sie eine seltsame Sehnsucht, Jake wieder in ihr Leben hereinzuziehen, ihn einzusperren und den Schlüssel wegzuwerfen. Sie verstand sich selbst nicht mehr.

Ernst sagte Jake: „Wenn du erst erfährst, warum ich hier bin, wirst du sehen, wie wenig von meinem Stolz geblieben ist.“

...