Herzklopfen in der Karibik

Herzklopfen in der Karibik

von: Sara Wood

CORA Verlag, 2010

ISBN: 9783862950744 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 1,49 EUR

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Herzklopfen in der Karibik


 

1. KAPITEL

„Sagtest du … Karibik?“

Überrascht wirbelte Amber so schnell herum, dass ihr Brautschleier ihr ins Gesicht wehte und die Sicht nahm. Ungeduldig strich sie ihn zurück und ihre langen rotgoldenen Haare, die ihr auf die entblößten Schultern fielen, gleich mit. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst!“, sagte sie zu ihrem alten Freund.

Leo lehnte auf der Empore an einer Säule und lächelte. „Sieh an! Endlich beachtest du mich! Ich erzähle dir, dass ich nach St. Lucia umziehen werde, und du hast nichts anderes zu tun, als deinen frisch Angetrauten anzuschmachten!“

Jake?“ Vor Überraschung ging sie über Leos Neuigkeit völlig hinweg. Amber furchte die Stirn. Hatte sie geschmachtet? Merkwürdig! „Wirklich?“

„Andauernd!“

„Das wusste ich nicht!“ Sie fing sich wieder und rang sich ein Lächeln ab. „Ich gäbe eine merkwürdige Braut ab, wäre es anders.“

Dabei war sie durchaus eine merkwürdige Braut! Höchstwahrscheinlich war ihr Bund der Ehe mit Jake der merkwürdigste, der je in der kleinen Kirche von Castletowe geschlossen worden war. Ein Zweckbündnis. Keine sinnlichen Verirrungen, kein Gefühlstheater, nur innige Zuneigung. Perfekt.

Sie empfand nicht mehr als freundschaftliche Gefühle für Jake. Gerade deshalb verwirrte sie ihre offenbare Faszination für ihn. Ehe sie es sich verkneifen konnte, schaute sie – Leos leises Lachen in Kauf nehmend – nach unten auf das fröhliche Treiben der Feiernden.

Zahlreiche Gäste in Kilts im klassischen Schottenkaro, dem Tartan, und in farbenfrohen Ballkleidern füllten den Fürstensaal von Burg Castletowe. Hochgewachsen und schlank, stach Jake im schwarzen Smoking aus ihnen heraus.

Amber betrachtete sein nachtschwarzes Haar und sein atemberaubendes Gesicht. Heute Abend schien er zu strahlen, in seinen dunklen Augen leuchtete die Art von Glückseligkeit, die man von einem Bräutigam erwartete. Doch er war kein glückseliger Bräutigam. Warum also wirkte er verklärt?

Sie runzelte die Stirn und versuchte, die Bedenken zu vergessen, die sie hegte, seit Jake sein Jawort gegeben und sie mit dieser entwaffnenden Zuneigung angelächelt hatte. Als sie das Lächeln erwiderte, hatte sie für einen Moment das Gefühl bekommen, sein Mund zeige sinnliches Begehren. Doch sie wollte Freundschaft. Dummerweise war er sexy. Er war ein Mann – und sie hatte kein großes Vertrauen in männliche Versprechen, bei denen Hormone beteiligt waren.

„Jake dürfte dir nun – etwas konventioneller angezogen – wie ein anderer Mensch erscheinen. Ein Smoking ist kein Buschhemd“, warf Leo ein.

Ja. Das war es, was sie an Jake fasziniert hatte – sein so ganz anderer Kleidungsstil. Das war des Rätsels Lösung! „Er wirkt elegant, nicht wahr? Ich hätte nie gedacht, dass er so zivilisiert aussehen könnte.“

Beinahe zivilisiert, aber nicht ganz, grübelte sie. Er hatte etwas an sich, das ihr etwas Angst machte. Zum einen lag es daran, dass er allzu oft sein Leben riskierte, zum anderen an etwas, das sie nicht erklären konnte. Hinter seinem Charme und seiner Lockerheit spürte sie etwas Dunkleres. Seine fast schwarzen, unergründlichen Augen verbargen eine Reihe von Geheimnissen.

In der Vergangenheit hatte sie sich mit ihm öfter über ihre Familie und ihr Zuhause unterhalten, und dann war er entschuldigend aufgestanden und gegangen, als habe ihre Freude ihm wehgetan. Da sie spürte, dass ihn Probleme quälten, die er nicht teilen wollte, lernte sie es, ihre Heile-Welt-Geschichten zu unterdrücken. Niemand hatte Jake je nahe kommen oder sein Herz öffnen können. Klar, dass er für Frauen eine faszinierende Herausforderung darstellte.

Seit Jahren kannten sie sich vom Sehen – er arbeitete als Auslandskorrespondent für eine internationale Nachrichtenagentur, sie für ein Kinderhilfswerk. Ab und an waren sie sich so irgendwo auf der Welt begegnet.

Und jedes Mal, wenn er dabei im offenen Jeep vorfuhr und ausstieg, hatte er der Damenwelt mit seinem Charme und seinen unverschämt blitzenden Augen den Kopf verdreht. Das am meisten für Jake verwendete Adjektiv war ‚atemberaubend‘. Er kam gut an bei den Frauen – als verführerischer Mann mit stählernem Kern.

Ihre Augen weiteten sich in einem plötzlichen Anflug von Furcht. Vor allem und gerade sein Sexappeal hatte sie zögern lassen, diese Ehe einzugehen. Nur weil sie Sympathie für ihn empfand und er ihr versicherte, Verständnis für ihre Gefühle zu haben, hatte sie zugestimmt.

„Er sieht geradezu … herrlich unanständig aus, Amber!“, hatte eine ihrer ehemaligen Kommilitoninnen ihr während des Hochzeitsempfangs gesagt. Und ein bisschen Bedauern darüber, dass Jake nicht zuerst ihr über den Weg gelaufen war, hatte dabei auch mitgeschwungen.

Aber Amber wusste, dass Jake die letzten Jahre um die Welt gereist war, um neue Storys aufzuspüren, und keine Zeit gehabt hatte, sich emotional zu binden.

Und nun hatte sie ihn geheiratet. War das klug von ihr oder töricht?

„Bist du glücklich?“, fragte Leo. „Ein, zweimal heute wirktest du ziemlich spröde.“

Amber legte den Kopf in den Nacken und lachte. „Das ist mein Hochzeitstag!“, tadelte sie sanft. „Vor zwei Wochen noch waren Jake und ich in Afrika. Wir beide mussten hart arbeiten in dem Camp. Ich stelle mich gerade darauf ein, wieder daheim zu sein – und eine verheiratete Frau!“

„Es ging alles etwas schnell“, meinte Leo leicht amüsiert. „Würde man dich nicht besser kennen, hätte man sich vergewissert, ob du am Bauch zugenommen hast!“

„Du meine Güte!“, rief Amber aus und unterdrückte den Wunsch, die Hand auf den Bauch zu pressen – in dem ihr Baby wuchs. Und es war nicht Jakes. Leichte Übelkeit stieg in ihr auf. „Mein Ruf als Jungfrau wäre ruiniert, was?“, schaffte sie es zu spaßen.

Nervös legte sie die Hände auf die Lehne eines dekorativen Gobelinsessels, in den sie gern gesunken wäre. Und da das, was sie bedrückte, die Wahrheit war, wechselte sie das Thema, ehe ihr Gewissen sie drängte.

„Also, Leo, diese karibische Plantage …“

„Oh ja, ich werde nicht nur mit Ginny dort leben, wir werden auch wieder heiraten!“

Froh ergriff Amber seine Hand. Seit seiner Scheidung von Ginny war Leo ungenießbar gewesen. „Das ist ja wunderbar! Ich freue mich für dich. Aber …“

Sie machte ein betrübtes Gesicht, weil sie an Leos Vater dachte. Stuart Brandon, Viscount Drymoore, war ihr über alles geliebter Patenonkel, und da ihre Eltern tot waren, hatte er ihr die Hochzeit ausgerichtet.

„Wie kannst du fortgehen?“, redete sie vorwurfsvoll weiter. „Du kümmerst dich um den Besitz. Du kennst alle Ecken und Winkel, jeden Grashalm, jeden nackten Granitfels. Das Dorf, die Burg … Das alles brauchst du wie die Luft zum Atmen – genau wie ich. Du wirst Castletowe erben. Ich liebe es sehr – dabei bin ich nur die Tochter des Jagdaufsehers. Ich schwöre, ich würde nie von hier fortgehen …“

„Aber Ginny liebe ich mehr.“

Die ehrliche Feststellung rüttelte sie auf. Er hatte es so süß gesagt, so zutiefst gemeint. Nicht, dass sie darauf neidisch war. Seit ihrer Affäre mit Enzo war sie der Meinung, zu viel zu riskieren, wenn sie einem Mann ihr Herz schenkte. Eine Ehe ohne Liebe war vernünftiger. Sie kam ihr zupass und Jake auch.

Jake!

Es tunlichst vermeidend, zu der schwarz gekleideten Gestalt in der Mitte des Raumes zu blicken, nahm Amber den Fürstensaal des märchenhaften Burgschlosses in Augenschein. Hunderte von Kerzen in den antiken Leuchtern ließen den Raum in goldenem Lichterglanz erstrahlen. In den mittelalterlichen Bogennischen waren Fahnen aufgereiht, die stolz an längst vergessene Schlachten des Brandon-Clans erinnerten, und eine Liveband aus den Highlands brachte mit ihrer Musik Bewegung in den Saal. Getanzt wurden Jigs, aber auch typisch schottische Reels. Man hakte sich unter, drehte sich, ließ los und hakte sich wieder ein, dass die schön plissierten Kilts nur so flogen.

Jagdaufseher, Pächter, Farmer, Händler, Journalisten, Abgeordnete des Parlaments, die High Society Schottlands … Alle drängten sich in dem funkelnden Saal, belebten ihn mit Plaudereien und Gelächter, sodass Amber sich danach sehnte, selbst mit dabei zu sein.

Sie liebte Castletowe. Liebte die Art, wie es sicher auf dem windgepeitschten Fels stand. Liebte seine Türmchen und die Zugbrücke, die wie magisch wirkten, umgeben von einer Landschaft mit ihren Heidemooren, dem Himmel, der nicht aufzuhören schien, und den weißen unberührten Stränden. Nichts auf der Welt reichte hier heran!

Amber musste lächeln, weil sie so theatralisch geworden war. „Ginny hat das hier immer alles gehasst …“

Leo lachte über ihr glühendes Gesicht und umarmte sie spontan. „Schätzchen … Ginny findet es hier kalt, feucht und ungemütlich. Ich liebe sie. Ich will, dass sie glücklich ist – und Jake will, dass du es bist. Er willigte ein, sich hier niederzulassen, weil er dich liebt, oder? Kommt das nicht auf eins heraus?“

Jake hatte nicht eingewilligt – das war das Problem. Er wollte erst herausfinden, wie sich das Leben für ihn hier anfühlte, und sie nahm sich vor, ihn dazu zu bringen,...