Die drei !!!, 44, Skandal im Café Lomo (drei Ausrufezeichen)

von: Henriette Wich

Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, 2013

ISBN: 9783440140420 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 5,99 EUR

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Die drei !!!, 44, Skandal im Café Lomo (drei Ausrufezeichen)


 

Alles neu

Der Tatort sah anders aus, das bemerkte Franzi auf den ersten Blick. Seit sie das letzte Mal hier gewesen war, hatten sich drei entscheidende Dinge verändert. Die ehemals weißen Wände des öffentlichen Raums waren mit Blumentattoos versehen. Jemand hatte die Stühle durch cappuccino- und orangefarbene Lederhocker ersetzt. Die Couchtische waren ebenfalls ausgetauscht worden. Sie bestanden jetzt aus unbehandeltem, edlem Eichenholz. Franzi kniff die Augen zusammen. »Was ist das denn?«, murmelte sie ungläubig.

Franzi scannte den Tatort noch einmal besonders gründlich. Da fielen ihr noch mehr Ungereimtheiten auf. Was war bloß mit der Sitzecke passiert? Die Eckbank fehlte. Bunte Sitzsäcke versuchten die entstandene Lücke zu füllen, was ihnen nicht wirklich gelang. Und der neue, ovale Tisch mit der Milchglasplatte wirkte wie das Ufo eines fremden Planeten, das soeben auf der Erde gelandet war.

»Das geht zu weit!« Franzi hatte das unangenehme Gefühl, die Kontrolle zu verlieren – was ihr in letzter Zeit leider öfter passierte und vor allem mit einer Person zu tun hatte, an die sie heute keinesfalls denken wollte.

»Sieht cool aus, oder?« Kim war auf leisen Flip-Flop-Sohlen hinter ihre Freundin getreten.

Franzi drehte sich stirnrunzelnd herum. »Was meinst du? Cool? Ja, so kann man es auch nennen.«

Der Tatort zahlreicher Clubtreffen der drei !!! befremdete Franzi immer noch. Sie hatte geglaubt, ihn in- und auswendig zu kennen, aber da hatte sie sich offenbar getäuscht. Ein paar Veränderungen der Inneneinrichtung hatten genügt, und schon wirkte das Café Lomo völlig neu, irgendwie moderner und erwachsener. Franzi wusste nicht, ob sie das nun gut oder schlecht finden sollte.

Bevor sie eine Entscheidung darüber treffen konnte, rief Marie: »Hey, kommt mal rüber, das müsst ihr euch ansehen!« Sie schwenkte ein weißes, ultraflaches Teil in ihrer Hand.

Neugierig gingen Franzi und Kim zu einem Tisch, auf dem zehn nagelneue Tablets ausgebreitet waren.

Marie hatte sich eins davon geschnappt. »Die kann man kostenlos benutzen!«, erzählte sie aufgeregt. Ihre pink lackierten Fingernägel tanzten über die Oberfläche des Bildschirms. Souverän navigierte Marie durch die Homepage des Café Lomo und öffnete nacheinander das Gästebuch, die Speisekarte und eine virtuelle Tour durch das neu gestaltete Lokal.

Kim pfiff anerkennend durch die Zähne. »Das ist echt großzügig von Nicky. Ich hätte nie gedacht, dass sie ihre Renovierungs-Pläne so schnell umsetzen würde.«

»Ich auch nicht«, seufzte Franzi.

Erst kürzlich hatte Nicky, die Besitzerin des Café Lomo, nachdem sie von einer längeren Reise zurückgekehrt war, im Innenhof einen neuen Biergarten eröffnet. Der war sehr schön geworden, das musste auch Franzi zugeben. Die drei !!! hatten in den Sommerferien so manchen heißen Nachmittag im angenehmen Schatten des weißen Sonnensegels verbracht. Inzwischen hatte leider die Schule wieder begonnen, aber es war immer noch sehr warm.

Marie strich mit einer fast zärtlichen Bewegung über das Touchpad. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Nicky jetzt wieder das Café Lomo führt. Ihren Bruder fand ich ehrlich gesagt immer total langweilig.«

»Du bist ungerecht«, verteidigte Kim den ehemaligen Geschäftsführer, der Nicky während ihrer Abwesenheit vertreten hatte. »Gregor war doch sehr nett. Er hatte so eine angenehme, ruhige Art.«

Marie gähnte demonstrativ. »Für meinen Geschmack ein bisschen zu ruhig und spießig. Nicky ist viel hipper als er. Seit sie da ist, gefällt mir unser Stammlokal tausendmal besser.«

»Wollt ihr hier festwachsen oder können wir endlich rausgehen?«, fragte Franzi genervt. Sie hatte keine Lust auf lange Diskussionen über ihr Lieblingscafé. Es sah jetzt eben anders aus, Punkt.

Marie legte das Tablet zu den anderen zurück. »Verbreite hier keinen Stress, ja? Ich wollte sowieso gerade rausgehen. Die Tablets sind perfekt für Regentage, heute muss ich Sonne tanken.« Sie stöckelte auf ihren silbernen Sandalen zur Hintertür, die in den Innenhof führte. Kaum hatten die ersten Sonnenstrahlen ihr zart gebräuntes Gesicht berührt, setzte sie ihre Sonnenbrille mit den Pilotengläsern auf.

Kim und Franzi folgten Marie. Über helle Holzplanken bahnten sie sich einen Weg zwischen den Gartentischen aus Chrom und Teakholz hindurch. Fast alle Plätze waren bereits belegt. Marie konnte gerade noch einen Tisch neben einem Pflanzkübel mit einer Palme ergattern. Von der Außen-Bar mit Grill wehte der Duft gebratener Würstchen herüber.

Franzi setzte sich so, dass sie sowohl die Palme als auch eins der dekorativen, mannshohen Windlichter im Blick hatte. Sie beschloss, ab sofort den Nachmittag zu genießen und nur noch an positive Dinge zu denken. An Felipe zum Beispiel und an den letzten Fall des Detektivclubs, den die drei !!! wieder mal genial gelöst hatten. Und sie würde garantiert nicht an die Person denken, die ihr gerade das Leben zur Hölle machte.

»Sag mal, Franzi, was ist eigentlich los mit dir?«, fragte Kim. »Wir haben herrliches Wetter, und du machst ein Gesicht, als ob sich in deinem Kopf Gewitterwolken zusammenbrauen würden.«

Franzi fühlte sich ertappt. Ihr Vorsatz hatte offensichtlich nicht funktioniert. »Es ist besser, wenn ich nicht darüber rede«, sagte sie so ruhig wie möglich. »Sonst muss ich mich gleich wieder aufregen.«

»Oh! Tut mir leid.« Kim wirkte betroffen. Sie wollte nachhaken, überlegte es sich aber zu Franzis Erleichterung anders und griff stattdessen nach der Speisekarte. »Hab ich euch schon gebeichtet, dass ich süchtig bin?«

Marie richtete sich kerzengerade auf. Ihre Halskette aus pinkfarbenen Glassteinen wippte hektisch auf und ab. »Wie bitte? Du bist drogenabhängig??«, raunte sie.

Kim fuhr sich lachend durch die kurzen Haare. »Ganz genau! Meine neueste Droge heißt LICK. Wenn ich nicht sofort einen LICK bekomme, rebelliert mein Körper mit schrecklichen Entzugserscheinungen.«

»Ach so!« Marie musste grinsen.

LICK war die Abkürzung für Lomo Iced Choc Kick. Der Sommer Spezial bestand aus einer verführerischen Mischung aus kalter Schokolade mit Vanilleeis und weißen Schoko-Raspeln. Er schmeckte mindestens so gut wie der Kakao Spezial, den die drei !!! normalerweise tranken.

»Entzugserscheinungen bei einem Süßigkeitenfan wie dir? Das wollen wir lieber nicht riskieren.« Marie hob den Arm und winkte Nicky zu.

Die Besitzerin kam mit ihrem elektronischen Bestellblock an den Tisch der drei !!!. »Hallo, was darf’s sein?« Sie wirkte heute angespannt und lächelte nur flüchtig.

»Drei LICKs bitte«, sagte Kim. »Die neue Inneneinrichtung ist übrigens super geworden. Ich mag die Farben der Sessel.«

»Und ich finde die Blumentattoos wunderschön«, fügte Marie hinzu.

»Ach ja? Danke.« Nicky schien sich über das Lob gar nicht richtig zu freuen. Sie tippte rasch die Bestellung ein und wollte wieder gehen.

Kim und Marie sahen sich verwundert an. Sonst plauderte Nicky doch so gerne. Erst neulich hatte sie ihnen von ihrer Reise durch Nepal, Indien und China vorgeschwärmt und von der tollen Erfahrung, alles hinter sich zu lassen. Waren die Eindrücke bereits verblasst, oder hatte sie sich vielleicht bei der Renovierung zu sehr ausgepowert?

Marie vermutete Letzteres. Trotzdem wollte sie das Gespräch nicht so schnell beenden. »Wer hat denn die schönen Wandtattoos gemacht?«, erkundigte sie sich. »Ich überlege nämlich, ob ich mir für mein Zimmer auch so ein Tattoo machen lasse. Über meinem Bett wäre der perfekte Platz dafür.«

Nicky kramte in ihrem Geldbeutel. Wortlos zog sie eine Visitenkarte heraus und gab sie Marie. Flowers & more – Wandtattoos, stand darauf.

»Super, danke!« Maries strahlendes Lächeln wurde nicht erwidert. Nicky nickte nur kurz und zog sich schnell zurück. »Puh! Die hat aber heute schlechte Laune«, meinte Marie und steckte achselzuckend die Visitenkarte ein.

Franzi warf einen entschlossenen Blick in die Runde. »Wollen wir jetzt das Clubtreffen eröffnen?«

»Gerne«, antwortete Kim. »Ich hab gestern eine Liste gemacht und unsere sämtlichen Fälle aufgelistet, damit wir mal einen Überblick bekommen. Da ist inzwischen einiges zusammengekommen.«

»Super Idee!«, sagte Marie. Gemeinsam mit Franzi beugte sie sich über das Blatt Papier, das ihre Freundin über den Tisch schob.

Kim war nicht umsonst der Kopf des Detektivclubs. Franzi schätzte besonders ihre Gründlichkeit und die außergewöhnliche analytische Begabung. Auch jetzt hatte sie wieder akribisch alle wichtigen Details festgehalten: Täter, Verbrechensart, Tatort und -zeit, Motiv, Ermittlungsschritte und Erfolgsquote, die nach wie vor bei 100 % lag. Franzi konnte es kaum glauben, aber da stand es schwarz auf weiß: Die drei !!! hatten schon über 40 Fälle im In- und Ausland gelöst!

»Das soll uns erst mal jemand nachmachen!« Marie glühte vor Stolz. »Wenn das so weitergeht, haben wir bald ein Jubiläum. Unseren fünfzigsten Fall müssen wir unbedingt feiern – am besten mit einer großen Party hier im Café Lomo

Nicky brachte die LICKs. Kim griff nach dem eisgekühlten Glas und saugte genießerisch am Strohhalm. Danach leckte sie sich die Lippen. »Klar...