Bildung und Wissensgesellschaft

von: Klaus Kempter, Peter Meusburger

Springer-Verlag, 2006

ISBN: 9783540295174 , 415 Seiten

Format: PDF, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 35,96 EUR

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Bildung und Wissensgesellschaft


 

Anmerkungen zur jüngeren Debatte über Bildung und Kanon (S.1-2)

Ein Literaturbericht Klaus Kempter

Im Jahr 1999 erzielte der Hamburger Literaturprofessor Dietrich Schwanitz einen großen Publikumserfolg mit einem Buch, das unter dem volltönenden Titel „Bildung" einen Überblick zu geben versprach über „Alles, was man wissen muss". Schwanitz, einige Jahre zuvor schon mit dem ebenfalls äußerst populären Unterhaltungsroman „Der Campus" als Kritiker der real existierenden deutschen Universität hervorgetreten, ging in seinen beiden wenig konventionell-akademischen Büchern von einer Diagnose aus, die in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre nicht mehr ganz neu war, in den Massenmedien aber – und ebenso beim breiten „gebildeten" Publikum – auf ein großes und überwiegend zustimmendes Echo traf. Diese Diagnose lautete etwa so: Die Kulturrevolution von „1968" und die sozialdemokratisch geführten Bundesund Landesregierungen hätten das, was vom überkommenen klassischen Bildungskanon die Wechselfälle des 20. Jahrhunderts und sogar den Untergang des Bildungsbürgertums alter Schule überstanden hatte, mit einer „emanzipatorisch" inspirierten Politik der Nivellierung und Gleichmacherei zerstört.

I DieWiederentdeckung der Bildung Ausgangspunkte der neueren Bildungsdebatte

Seit Ende der neunziger Jahre also wogt eine breite Diskussion über „Bildung" hin und her, die erste seit der Debatte der sechziger und siebziger Jahre, welche ausgehend von den Büchern Georg Pichts und Ralf Dahrendorfs die Initialzündung gab für die Bildungsreformund Bildungsexpansion derGroßen und der nachfolgenden sozialliberalen Koalition, die viele überkommene Strukturen und Inhalte insWanken brachte. Zwar hatten schon vor Schwanitz andere ins gleiche Horn gestoßen. Die Zahl der Leitartikel, Broschüren, Bücher etc., die den Verlust der Bildung, aber auch des guten Benehmens,von Sitte,Anstand und Moral beklagten,wuchs seit der „Tendenzwende" der siebziger Jahre, seit dem Stocken des wirtschaftlichen Nachkriegsbooms, dem Ende des „Goldenen Zeitalters" (Eric J. Hobsbawm), beständig an. Konservative Publizisten erhoben mahnende Zeigefinger ob des Verlusts an kulturellemWissen, an Sittlichkeit und Anstand.Und auch Helmut Kohls „Wende", die 1982 eingeleitete oder zumindest angekündigte „geistigmoralische Erneuerung", speiste ihre Legitimation in der Bevölkerung nicht zuletzt aus dem Gefühl, es sei des Guten (respektive des Schlechten) in Sachen „Emanzipation" auch im Bildungsbereich zu viel getan worden. Kohl selbst hatte des Öfteren gegen die von ihm so genannte „Konflikt-Pädagogik" polemisiert und sich den Appellen angeschlossen,die „Mut zur Erziehung" verlangten. Zu einem breiten Debattenstrom liefen die unterschiedlichen Klagen über kulturelle Modernisierungsverluste jedoch erst seit Ende der neunziger Jahre zusammen. Dabei waren und sind die Argumente des konservativen Lagers, anders als es lange Zeit von seinen Gegenspielern dargestellt wurde, nicht bloß Ideologie.

Die gesellschaftliche Praxis, jedenfalls die Nachrichten darüber, scheinen die Warner zunehmend zu bestätigen: Unternehmer klagen immer hörbarer über die mangelnden Kenntnisse derjenigen, die sich bei ihnen um eine Ausbildung bewerben, die erste PISA-Studie 1 von 2001 bescheinigte den deutschen Schülern im internationalen Durchschnitt weniger als mittelmäßige Fähigkeiten im Hinblick unter anderem auf Lesekompetenz und Textverständnis, 2 Universitätsprofessoren raufen sich angesichts derWissenslücken ihrer Studenten die Haare und fordern Propädeutische Jahre, und vergleichende Bewertungen der internationalen Hochschullandschaft erweisen die Mittelmäßigkeit der deutschen Universitäten.