Dragon Love - Rendezvous am Höllentor

von: Katie MacAlister

LYX, 2012

ISBN: 9783802589720 , 304 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 9,99 EUR

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Dragon Love - Rendezvous am Höllentor


 

1

„Überlass einfach alles mir.“

„Große Worte, Ash! So besonders viel ist dir in der jüngsten Vergangenheit nicht gelungen, meinst du nicht auch?“

Das massige schwarze Fellbündel vor mir blieb noch nicht einmal stehen, als es mir die abfälligen Worte beiläufig zuwarf, aber ich hielt stirnrunzelnd inne. Jim, mein Dämon in Neufundländergestalt, mochte zwar nicht gerade ein kleiner Sonnenschein sein, aber normalerweise war er auch nicht absichtlich grausam.

Um uns herum im Green Park genossen die Leute zufrieden den englischen Septembersonnenschein … alle außer meinem streitsüchtigen Dämon.

„Vielleicht ist dir ja aufgefallen, dass ich in den letzten drei Wochen ziemlich damit beschäftigt war, meinen Umzug von Oregon nach London zu organisieren. Aber ich kann dich nur warnen: In England gibt es bestimmt genügend Leute, die Hunden die Zehennägel schneiden, also halt dich zurück.“

„Die Frau, zu der du mich beim letzten Mal gebracht hast, war die reinste Metzgerin“, giftete Jim mich an und zog so heftig an der Leine, dass ich weitergehen musste. „Ich kann froh sein, dass ich noch alle meine Zehen haben – abgesehen von den beiden, die du weggezaubert hast, natürlich.“

„Dafür habe ich mich schon mindestens fünfzehn Mal entschuldigt – meinetwegen tue ich es jetzt auch zum sechzehnten Mal, wenn deine Laune dann besser wird. Es tut mir leid, dass sie dich geschnitten hat und du geblutet hast. Und das andere Thema ist mindestens zwei Monate alt!“

„Gib dir keine Mühe“, lautete seine mürrische Antwort.

„Okay.“ Ich blieb an einem Baum stehen, hinter dem wir einigermaßen ungestört miteinander reden konnten. „Es reicht jetzt! Ich habe in der letzten Zeit deine bissigen Kommentare ertragen, weil ich weiß, dass solche Umzüge für niemanden leicht sind, auch für dich nicht. Von meiner Familie musste ich mir laufend Horrorgeschichten darüber anhören, wie es Amerikanern in der Fremde geht, aber von dir habe ich ehrlich gesagt mehr Verständnis erwartet. Du magst Nora doch! Du hast dich doch darauf gefreut, hierherzukommen. Warum bist du denn jetzt ständig so ungehalten?“

Jim schaute mich empört an. „Mein Herz ist gebrochen, falls du es dir in Erinnerung rufen möchtest! Aber das wirst du wohl kaum wollen, schließlich bist du ja darauf herumgetrampelt!“

„Ach, das.“ Seufzend rieb ich mir den Nacken.

„Ja, das.“

„Nun, ich weiß ja, dass er kein Ersatz für einen Corgi ist, aber du hast doch jetzt wieder einen Hund zur Gesellschaft. Du hast doch jetzt Paco.“

„Paco ist kein Hund. Paco ist ein Snack.“

Insgeheim musste ich ihm recht geben. Noras Chihuahua war zwar ein nettes Hündchen, aber nicht besonders charaktervoll. Doch Jim war natürlich auch kein normaler Hund. „Ich habe dir doch gesagt, dass wir so bald wie möglich nach Paris fahren, um Amelie und Cecile zu besuchen …

„Ja, ich weiß, sobald du dir sicher sein kannst, dass Drake nicht mehr da ist. Aber da er dort lebt, wird das wohl noch lange nicht der Fall sein, oder? Und Cecile wird auch nicht jünger. Ich möchte sie gerne wiedersehen, solange sie noch lebt, Dämonenherrin!“

Seufzend trat ich aus dem Schatten des Baums auf den Weg zurück. In den vier Tagen in London hatte ich gelernt, die Gegend um den Buckingham Palace zu meiden. Dort wimmelte es von Touristen, und es hätte mir gerade noch gefehlt, dass jemand gemerkt hätte, dass mein Hund sprechen konnte. „Ich hasse es, wenn du mich so nennst, aber da wir beide wissen, dass du das weißt, belassen wir es dabei. Anscheinend hast du aber vergessen, dass Drake auch Häuser in Ungarn und den Cayman Islands besitzt und wahrscheinlich auch noch an einem Dutzend anderer Orte, von denen wir in der kurzen Zeit unserer Bekanntschaft noch gar nicht geredet haben.

„Kurz nur deshalb, weil du ihn verlassen hast. Schon wieder mal!“

Ich knirschte mit den Zähnen. Im Park waren viel zu viele Menschen, um mich mit Jim zu streiten. Drohend zischte ich ihm zu: „Ich werde hier nicht über meine Beziehung zu Drake mit dir diskutieren.“

„Ha! Beziehung! Nennst du das jetzt so? Ihr zwei kommt zusammen; ihr zwei trennt euch. Ihr kommt erneut zusammen, du willigst ein, seine Gefährtin zu sein; du schwörst einen Treueeid auf die Sippe; dann wirst du sauer und verlässt ihn. Also, für mich klingt das nicht nach einer Beziehung.“

Das hatte gesessen. Jim kannte die Umstände meines Bruchs mit Drake, und eigentlich war er zuerst auch einer Meinung mit mir gewesen.

„Dämon, ich befehle dir, den Mund zu halten, bis sich deine Laune wieder gebessert hat“, sagte ich streng. Eine schlagfertige Antwort würde mir ja doch erst Stunden später einfallen. „Ich werde mich oder meine Handlungen nicht rechtfertigen. Wir sind hier, wir bleiben hier, und ich bringe dich nach Paris, sobald die Luft wieder rein ist. Es tut mir leid, wenn dir meine Entscheidung das Herz gebrochen hat, auch wenn Dämonen eigentlich gar kein Herz haben, aber es geht nun einmal nicht anders. Und jetzt lass uns zur Wohnung zurückgehen. Heute kommen unsere Sachen, und ich möchte alles aufgeräumt haben, bevor Nora aus Liverpool zurückkommt.“

Jim warf mir einen finsteren Blick zu, aber da er als Dämon meinen Befehlen gehorchen musste, gingen wir schweigend zu der Dreizimmerwohnung zurück, die Nora von einem Verwandten geerbt hatte. Diese Wohnung, die über einer schicken Mischung aus Bäckerei und Buchhandlung lag, war in der überteuerten Stadt ein wahres Kleinod.

„Wenn ich alles ausgepackt habe, rufe ich Amelie an, dann kannst du mit Cecile sprechen“, schlug ich ihm vor, als wir an einem Fußgängerüberweg die Straße überquerten. „Nicht, dass du es verdient hättest, Jim, du machst mir einfach nur das … oh, verdammt noch mal!“

Ich zog Jim zur Seite, als ein schwarzes Taxi nur Millimeter von meinem Dämon entfernt zum Stehen kam.

„Das klang sehr englisch. Du hast dich schon gut eingelebt, wie ich höre?“

Die Stimme, mit einem deutlichen französischen Akzent, kam mir bekannt vor, und die Flüche, die ich ausstoßen wollte, erstarben mir auf der Zunge.

„Was … wer … René?

Mais oui. C’est moi. Guten Morgen, Jim. Du siehst gut aus. Hattest du keine Probleme mit dem Zoll?“

Ich starrte den freundlichen, etwa fünfzigjährigen Mann im Taxi an. War er das wirklich? Das konnte doch wohl nicht wirklich René sein. Oder doch?

Jim warf mir einen finsteren Blick zu und schwieg.

„Ah“, sagte René und legte den Kopf schräg. Um die hupenden Autos ringsherum kümmerte er sich nicht. „Sie hat dir mal wieder befohlen zu schweigen, was?“

„René, was tust du hier?“, fragte ich, als mein Gehirn mit einem Ruck wieder ansprang.

Lächelnd öffnete er mir die Tür. „Ich fahre dich.“

„Nein.“ Ich konnte das Hupen der anderen Wagen genauso ignorieren wie er. „Erst wenn du mir gesagt hast, was du hier in London in einem Taxi machst. Dass du vor ein paar Wochen in Budapest aufgetaucht bist, war schon ein ziemlich unglaubwürdiger Zufall.“

„Steig ein, dann erzähle ich es dir.“

Ich warf ihm einen strengen Blick zu, scheuchte Jim ins Taxi und stieg ebenfalls ein.

„Und jetzt schieß los“, sagte ich, als er anfuhr. „Ach, übrigens, ich muss in den Warlock Close 15. Das liegt …

„Ich weiß, wo das ist. Nördlich von der Bury Street, stimmt’s?“

„Ja. Woher weißt du das? Woher kennst du London denn so gut? Und was in Gottes Namen tust du hier? Warum bist du nicht zu Hause in Paris?“

Renés braune Augen funkelten mich im Rückspiegel an. „Du erinnerst dich doch an meinen Cousin in Budapest, für den ich in der Woche, als du da warst, eingesprungen bin?“

„Ja“, erwiderte ich misstrauisch. „Was ist mit ihm? Du willst mir doch nicht erzählen, dass er auch hier in London Taxi fährt?“

„Nein“, antwortete René und bog in die kurze Sackgasse ein, in der Noras Wohnung lag. „Sein Bruder, mein Vetter Pavel, ist hier Taxifahrer, aber deshalb bin ich nicht hier.“

„Dein Vetter Pavel fährt ein englisches Taxi?“, fragte ich ungläubig, als René vor unserem Haus hielt.

Oui. Er ist ein Könner auf diesem Gebiet, wie alle Männer in meiner Familie.“ René gab sich erst gar keine Mühe, bescheiden dreinzublicken, sondern grinste mich breit im Rückspiegel an.

„Das glaube ich dir nicht. Warum folgst du mir? Bist du eine Art netter französischer Stalker? Du bist doch nicht etwa in mich verliebt, oder?“

Jim schnaubte und verdrehte die Augen.

„Du kannst sprechen, wenn du etwas Sinnvolles zu sagen hast“, erklärte ich ihm.

„Was ich sage, ist es immer wert, in Platin aufgewogen zu werden“, antwortete mein Dämon. „Hi, René. Wie läuft’s?“

„Bestens.“ René strich meinem Dämon liebevoll durch das dichte Fell des Kopfes. „Es ist schön, euch beide zu sehen. Du siehst gut aus.“

„Nein“, sagte ich warnend zu Jim. „Keine langen, klagenden Geschichten, dass dein Herz gebrochen ist, weil ich nicht mit dir nach Paris zu Cecile gefahren bin. René will uns jetzt erzählen, warum er hier Taxi fährt. Obwohl er doch eigentlich in einem ganz anderen Land arbeitet.“

René lachte. „Mon amie, beruhige dich. Ich bin nicht...